Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 222


Philopolds jenseitiges Erlebnis.

01] Sagt Murel: ”Höre, Freund Philopold, du hast mir da ja Dinge enthüllt, von denen zuvor aber noch nie ein Mensch eine Ahnung hatte! Das ist ja alles Wunder über Wunder; sage mir doch aber im vollsten Ernste, ob das denn doch nicht so eine Art Phantasie von dir ist! Denn dies klingt doch so sonderbar und außergewöhnlich wie irgendeine der ersten Fabeln des heidnischen Glaubens.

02] Es kann aber übrigens auch völlig wahr sein, was ich nun nicht zu beurteilen imstande bin, da meine Kenntnis von den Sternen wohl mein schwächster Teil ist! Wer würde sich's aber auch einbilden können, dass die Sterne, diese kleinen Lichtfunken des Himmels, Welten seien, und das größere auch noch denn diese unsere Erde, von der aber noch kein Mensch je das Ende gesehen hat?!

03] Ich bitte, beteuere mir das; denn du hast in mir eine zu mächtige Gier erweckt, nun in diese höchst denkwürdige Sache näher eingeweiht zu werden! Im Moses findet man wohl keine Spur davon, ja nicht einmal eine noch so leise Andeutung; denn in seiner Schöpfungsgeschichte kommt davon kein Sterbenswörtlein vor. Überhaupt wird kein Mensch aus seiner Genesis klug, was er damit eigentlich hat sagen wollen!“

04] Sagt Philopold: ”Freund! Wer den Moses recht begreift, der findet auch das darin; aber dazu gehört wohl freilich mehr, als dass man sich den Buchstabensinn kümmerlich dem Gedächtnisse eingeprägt hat! Wer aber Gott je wann liebte über alles, dem hätte der Gottesgeist schon auch eine rechte Aufhellung gegeben, und der wird es dann auch wissen, dass die Genesis Mosis nicht so sehr die eigentliche Erschaffung der Welten, als vielmehr und eigentlich vor allem nur die geistige Erziehung und Bildung des ganzen Menschen und seines freien Willens, in die Gottesordnung ein- und übergehend, darstellt. Wer das begreift und einsieht, der sieht dann auch bald das andere ein, weil es auf dem Wege der untrüglichsten Entsprechung darin zu finden ist, was ich selbst dir sogar ganz handgreiflich klar zeigen könnte. Aber dazu wäre eben heute die Zeit zu kurz.

05] Ich habe aber etwas anderes, das mir durch die wundervolle Gnade des Herrn, der Sich hier in unserer Mitte vollwahr sogar im Fleische also befindet, wie Ihn alle Propheten getreu angekündigt haben, als ein unbestreitbarer Beweis von oben in die Hände gespielt ward.

06] Es war damals wie jetzt auch ein Engelsgeist mit einem ätherischen Leibe bekleidet unter uns, das heißt als der Herr uns in Kane besuchte von Kis aus. Dieser Engel löste mir auf das Geheiß des Herrn die Binde von den Augen meiner Seele, und es kehrte darauf sogleich das volle Bewußtsein meines vor- oder besser anderweltlichen Seins in mein ganzes Wesen zurück.

07] Sogleich erkannte ich diejenige herrliche, große Welt, in der ich vor diesem Sein auf dieser Erde im Fleische gelebt und gehandelt hatte; ja, ich ersah sogar meine dort noch im Fleische lebenden und handelnden Alten und lieben Geschwister, und der Engel schaffte mir sogar einige meiner innegehabten Utensilien hierher auf diese Erde, die ich sogleich als die unbestreitbar echten erkannte.

08] Als mir solch ein ungeheures geistiges Licht angezündet ward, da ersah ich aber dann wohl auch, was alles ich Gott dem Herrn und nun sogar dem liebevollsten Vater schulde!

09] Von da an erst begriff ich den unschätzbaren Wert meines Lebens, wie auch des Lebens eines jeden Menschen, und kann nun Gott den Herrn und alle meine Nebenmenschen nicht genug loben, lieben und preisen!

10] Vor dem Wunderakte aber war ich ein ebenso lebensfeindlicher Mensch, wie du es gewesen bist; aber ich bin zum voraus überzeugt, dass du in Kürze ganz so sein und denken wirst, wie ich nun denke und bin. Was ich dir aber nun erzählt habe, können dir nahe alle an diesem Tische als vollst wahr bezeugen, so du sie dazu auffordern willst.

11] Der größte, glaubwürdigste Zeuge darunter ist aber eben der Herr Selbst, der dich darum zu mir beschied, dass du von mir erführest, ob denn ein Mensch wohl so nach deiner Meinung Gott dem Herrn weder einen Dank noch ein Lob und eine Liebe schulde!“



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