Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 01, Kapitel 163


Anwort der Pharisäer auf Jesu Auslegung der Schöpfungsgeschichte Moses. Jesu Vorhersage vom Untergang Jerusalems. Sein Schweigegebot bezüglich des auf dem Berge Vernommenen.

01] Als der Pharisäer und dessen Genossen solche gedehnte Erklärung über die Genesis von Mir erhalten hatten, standen sie alle wie gelähmt vor Mir, und der Hauptpharisäer sagte nach einer Weile sichtlich starken Nachdenkens: »Herr! Meister aller Meister in allen Dingen! Ich und wir alle sehen nun, obschon nicht ohne großes Leidwesen, ein, dass Du in allen Dingen vollkommen recht hast, und dass alles, was Du redest, volle reine Wahrheit ist. Aber ich sagte nicht umsonst: Nicht ohne großes Leidwesen sehen wir das nun ein! Denn mit solcher für diese arge selbstsüchtigste Welt zu heilig hoher Weisheit wirst Du ohne ganz besondere Wunder völlig tauben Ohren predigen, und so Du Wunder wirken wirst, da wirst du blinde Zuseher haben und somit wenig ausrichten.

02] So der Mensch, um sich selbst erst zu einem rechten Menschen zu gestalten, vollkommen frei sein muß in seinem Willen und Handeln, da magst Du predigen und Wunder wirken, wie Du willst, so wird sich doch aus hundert kaum einer wahrhaft daran kehren. Denn ist jemand vom Grunde aus schon zu dumm und hat keine wie immer geartete Bildung in irgendeinem den Menschen nötigen und ersprießlichen Fache, so kann er Deine Lehre unmöglich fassen. Hat er aber nur um einen Grad zu viel und daher gar leicht begründeten Verstandes, sei es in der Schrift oder in einer andern Wissenschaft und Kunst, und verbindet damit irgendeinen irdischen Vorteil, an dem etwa gar noch ein bedeutendes Ansehen der Person haftet, so magst Du den Vater Jehova unter Blitz und Donner für Dich reden lassen, und solche Menschen werden das tun, was unsere Vorfahren in der Wüste unter Moses getan haben, wo sie, während Moses auf Sinai unter Donner und Blitz mit Jehova redete und von Ihm die heiligen Gebote überkam, sich aus Gold ein Kalb gossen, dann um dasselbe in heidnischer Weise tanzten und es dadurch anbeteten!

03] Wüßte ich nicht, wie die Pharisäer, Schriftgelehrten und all die Priester und Leviten, besonders in Jerusalem, beschaffen sind, so würde ich mich kaum getrauen, solches zu Dir zu reden; aber ich kenne dieses Volk nur zu gut, habe mich aus dem Grunde vom Tempel auch so hübsch weit entfernt und besuche ihn auch nicht mehr.

04] Kehrst Du Dich etwa wieder einmal nach Jerusalem, so nimm ja eine große Portion Allmacht mit, sonst wirst Du gesteinigt als ein Gotteslästerer! Denn wer da nur um ein Haar klüger sein will als sogar ein gemeinster Feger der Tempelhallen, der wird sogleich als ein Ketzer und Gotteslästerer gescholten, und so er sich nicht mit einem tüchtigen Opfer bekehrt, steht ihm außerhalb der Stadtmauer auf der Fluchstätte ohne alle Gnade die Steinigung bevor!

05] Für Jerusalem, sage ich Dir, Du mein göttlichster Freund, gibt es nur eine Kur, und diese ist jene von Sodom und Gomorra! Sonst gibt es kein Heil mehr für diese Stadt und deren Bewohner!«

06] Sage Ich: »Freund! Was du Mir hier sagtest, wußte Ich schon lange! Ja, Ich sage es dir, das wird auch das Ende von Jerusalem sein! Aber zuvor muß in solcher Stadt noch alles das geschehen, was über sie von all den Propheten geweissagt worden ist, auf dass alle Schrift erfüllt und ihr Maß voll wird. Und ihr werdet von heute an nicht Siebzig zählen, und a nicht ein Stein wird auf dem andern gelassen werden! Und so da jemand fragen wird und sagen: 'Wo stand denn der Tempel?', da wird sich niemand vorfinden, der dem Forscher Bescheid gibt! (a Matthäus.24,02; = Markus.13,02; = Lukas.21,06; = Lukas.19,44;  ⇒ jl.ev06.173,07*;  jl.ev01.163,06*;  jl.ev03.113,13jl.ev06.041,04*;  jl.ev08.053,09jl.ev10.180,11jl.ev10.187,08*;  jl.ev10.188,05jl.ev10.215,19)

07] In den Mauern dieser Stadt sind viele Propheten ermordet worden. Ich weiß von allen, ihr Blut schrie in die höchsten Himmel um Rache wider solche schändlichsten Frevler; aber das Maß, was dieser Stadt die Hölle gab, ist noch nicht völlig voll geworden, und sie wurde darum noch geschont. Nun aber ist ihr Maß in Kürze voll, und sie wird nimmer verschont werden!

08] Bevor wir aber nun diesen Berg verlassen, gebe ich euch allen ein streng zu beachtendes Gebot, und solches bestehe darin, dass da niemand aus euch allen von dem, was ihr auf diesem Berge gesehen habt, jemandem unten in der Tiefe eher davon etwas erzählt, als bis Ich euch dazu im Geiste ermächtigen werde. Wer solch Mein Gebot nicht beachten wird, soll mit augenblicklicher Stummheit gezüchtigt werden; denn das Volk in der Tiefe ist dazu noch lange nicht reif, und ihr selbst auch noch nicht zur Genüge.

09] Was Ich aber hier gelehrt habe, darüber besprecht euch mit euresgleichen also, als hättet ihr es nicht von Mir vernommen, sondern als wäre solches auf eurem höchst eigenen Grund und Boden gewachsen! Nur wenn eure Freunde gleichsam in solche eure Lehre lebendig eingegangen sein werden, sodann erst mögt ihr es ihnen unter vier Augen sagen, von wem ihr solche Lehre empfangen habt, und welche Zeichen ihr vorangegangen sind!

10] Aber vergesst es dann nicht, den also Unterrichteten in Meinem Namen dasselbe Gebot und mit derselben Sanktion zu geben, die Ich euch allen nun hier gegeben habe!

11] Ihr werdet aber die kurze Zeit hindurch, die wir uns noch auf dieser Höhe aufhalten werden, noch manches Wunderbare erleben; denn Mich dürstet es danach, euch in eurem Glauben so stark als möglich zu machen. Aber bei allem, was ihr noch sehen und hören dürft, beachtet das soeben gegebene Gebot; denn bei Nichtbeachtung solches Gebotes würde jeden von euch auf ein Jahr die angedrohte Züchtigung treffen!«



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 1   |   Werke Lorbers