Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 42. Kapitel: Der römische Hauptmann tröstet die Jünger.

01] Hier sagte der Hauptmann, dem Ich auch ehedem gesagt hatte, was Mir bald in Jerusalem begegnen werde, und daß er sich, so er davon hören werde, daran nicht stoßen solle: »Freunde, auch ich weiß um das, was eure Herzen traurig stimmt! Aber so dies das einzige Mittel ist, die alte Halsstarrigkeit vieler Ungläubiger Jerusalems zu brechen und sie sehend und gläubig zu machen, so kann ich nicht umhin, unsern Herrn und Meister und Gott um so mehr zu lohen, zu preisen und zu lieben; denn so etwas kann nur die höchste und reinste Liebe Gottes sich von ihren Geschöpfen gefallen lassen, - unserer menschlichen Liebe wäre das nie möglich.

02] Zudem wird der Herr nach drei Tagen wieder unter uns sein und uns erfüllen mit Seinem Machtgeiste und also bleiben bei den Seinen bis ans Ende dieser Erde; und so meine ich, daß wir uns über alles zu freuen Ursache haben, was Er zum möglichen Heile aller Menschen verordnet und über Sich kommen läßt. Denn die Narren, die voll Blindheit sind, können sich in ihrer tollen Wut wohl am Leibe des Herrn vergreifen und ihn auch töten, so Er das Selbst, durch Seine Liebe zu uns Menschen genötigt, zur Besserung der Blinden zuläßt; aber wer wird denn die ewige, allmächtige Gottheit in Seinem Leibe zu töten vermögen?! Diese wird ihren erhabensten Leib wieder beleben, und am dritten Tage wird Er also wie jetzt wieder bei uns sein, daß wir alle uns über alle die Maßen zu freuen haben.

03] Freunde, könnte ich darüber nur den allergeringsten Zweifel in mir aufkommen lassen, so ständen auf meine Veranlassung, da ich als ein Hauptmann ersten und obersten Ranges, mit aller Vollmacht aus Rom wohlversehen dastehe, schon in ein paar Wochen hunderttausend der tapfersten Krieger vor den Mauern Jerusalems, und in wenigen Wochen sollte kein Stein über dem andern befestigt angetroffen werden. Aber weil der Herr zuvor in der gottlosesten Stadt noch das größte Wunderzeichen wirken will, so ist für die Zerstörung der bösen Stadt noch immer Zeit genug; denn so sich die Menschen auf dies größte vom Herrn gewirkte Zeichen in ihrem argen, aber dennoch freien Willen und ihrer Welt- und Selbstliebe zufolge dennoch nicht bekehren sollten - was auch möglich ist -, so werden dann wir Römer kommen und ihnen mit dem Schwert ein ganz anderes Evangelium vom Reiche des Teufels und aller seiner Furien vorpredigen!

04] Da wird es nicht mehr heißen: "Der Friede sei mit euch!", sondern: "Der Tod komme über euch, weil ihr die Zeit, in welcher Gott der Herr Selbst euch persönlich heimgesucht hat, nicht habt erkennen wollen!"

05] Wir aber seien darum nun heiter und fröhlich; denn alles, was der Herr will, tut oder zuläßt, ist über alle unsere Begriffe endlos weit hinaus gut! Und wir können nun ganz heitern Mutes uns nach Hause begeben und ein sicher bestbereitetes Morgenmahl zu uns nehmen, so es Dir, o Herr, genehm ist?«

06] Sagte Ich: »Allerdings, denn unseres Wirtes Diener haben alles aufgeboten, um ein bestes Morgenmahl für uns zu bereiten; auch dein Weib und deine Tochter haben sich bald nach dem Abzuge der Jünger zu des Wirtes Weib begeben, um dort von Mir Kunde zu erhalten, und haben sich an der Bereitung des Morgenmahles sehr eifrig beteiligt. Und so können wir nun schon aufbrechen und uns gemach in die Herberge begeben; aber wir wollen uns außerhalb der Stadt auf einem kleinen Umweg dahin begeben, auf daß wir in der Stadt nicht zu viele Menschen auf uns aufmerksam machen und sie uns dann massenhaft folgen!«

07] Das war dem Hauptmann ganz recht, und wir betraten den vorgeschlagenen Weg.

08] Auf dem Wege erst verwunderten sich die Jünger über die Weisheit des Hauptmanns, und Simon Juda sagte: »Das hat ihm auch nicht sein Fleisch und Blut gegeben, sondern der Herr, - aber auf einmal mehr als uns, seitdem wir um Ihn sind; der Herr aber wird es schon wissen, warum!«

09] Sagte Ich: »Weil dieser Mir auf einmal mit mehr entgegengekommen ist denn ihr, seitdem ihr um Mich seid! Aber so nach Meiner Verklärung Mein Geist eure Herzen erfüllen wird, da werdet schon auch ihr in alle Weisheit geleitet werden!«

10] Mit dem waren denn Meine Jünger auch zufrieden und wurden alle heiteren Gemütes; denn die Rede des Hauptmanns hatte auf sie einen guten Eindruck gemacht, der dann eine längere Zeit bei ihnen anhielt, aber freilich nach und nach an seiner Stärke wieder verlor.

11] Wir erreichten nun unsere Herberge, vor der sich der Jünger Judas Ischariot mit einigen Juden unterhielt. Als er unser ansichtig wurde, da begab er sich ins Haus und ließ die Juden stehen: denn der Geruch der Speisen hatte ihn schon zu sehr angezogen.

12] Es wollten aber auch die etlichen Juden ins Haus treten; da aber sagte der Wirt: »Freunde, den beschränkten Raum meiner Herberge kennt ihr; darum bleibt vorderhand hier im Vorhofe, und so ihr etwas haben wollt, so wird es euch schon zugemittelt werden! Haben wir das Morgenmahl verzehrt, so wird es dann schon noch eine Zeit geben, in der ihr euer Anliegen vorbringen könnt; doch wahrend des Mahles laßt uns in Ruhe!«

13] Auf das blieben die Juden im Vorhofe und ließen sich gegen Bezahlung von sechs Pfennig etwas Brot und Wein geben.



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