Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 212. Kapitel: Wiederherstellung des beschädigten Schiffes durch Raphael.

01] Darauf gingen der Oberste, der Hauptmann und auch die andern ihnen untergebenen Führer und Leiter mit dem Raphael zum Schiffe hin und fanden es zu ihrem Leidwesen geradeso beschaffen, wie es ihnen zuvor Raphael beschrieben hatte.

02] Auch die zehn Kriegsknechte sagten nach der mit ihnen übereinstimmenden Meinung der andern anwesenden Schiffer, zumeist des Kisjona, zum Obersten: »Herr und unser Gebieter, mit diesem Schiffe wird sich etwa vor acht bis zehn Tagen Zeit nichts unternehmen lassen; es muß zuvor ans Land gehoben und von sachkundigen Zimmerleuten wohl untersucht, dann ausgebessert und geprüft werden, sonst ist es nicht ratsam, sich auf demselben in dieser wetterwendischen Zeit auf die Höhe dieses ohnehin stets unruhigen Wassers zu begeben!«

03] Als der Oberste und der Hauptmann sich davon überzeugt hatten, da sagte der Hauptmann zu Raphael: »Holdester Freund, du sagtest ehedem, daß du auch darum zu uns so wundereilig gekommen seist, um dieses Schiff wieder in einen für uns gut brauchbaren Zustand zu setzen! Wie wird dir das wohl möglich sein, wo diese alle ihre Köpfe bedenklich schütteln? Mit zwanzig Ochsen wird sich dieses Schiff kaum ans Land herausheben lassen, und wo sind endlich die dazu nötigen Zimmerleute?«!

04] Sagte Raphael: »Ihr urteilt allen Menschen gleich nach ihrer Ohnmacht; ich aber urteile nach der Macht Gottes in mir, und so werde ich, um dieses Schiff in einen brauchbaren Zustand zu setzen, wahrlich nicht eines längeren Zeitraumes benötigen, als ich desselben benötigte, um von der Gesellschaft des Herrn zu euch herab zu gelangen! Aber diesmal erschreckt nicht so sehr, wie ihr euch zuvor ob meiner Schnellreise zu euch herab erschreckt habt!

05] Seht, ich will nun aus dem Willen des Herrn in mir, daß dieses Schiff im schnellsten Augenblick in einen brauchbarsten Zustand umgewandelt werde! Und seht, schon ist euer Schiff in der vollsten Ordnung! Lasst es nun von euren Kriegsknechten und auch von den anderen Schiffern besteigen und untersuchen, und sie werden nicht einen allerkleinsten Fehler weder von außen noch von innen entdecken!«

06] Voll des höchsten Staunens wurde das Schiff von allen Seiten untersucht, und es war nirgends nur ein Makelchen zu entdecken. Von innen war es so trocken, als wäre nie auch nur ein Tropfen Wasser in seinen inneren Raum gedrungen, und von außen sah es wie ganz neu und frisch gezimmert aus.

07] Da sagten nach der Durchsuchung alle: »Das ist ein Wunder über alle Wunder! Das ist nun ja ein Schiff, auf dem man sich auch dem großen Meere anvertrauen kann!«

08] All die Herodianer betrachteten den vermeintlichen Jüngling mit einer stets größeren Aufmerksamkeit und wußten nicht, was sie aus ihm machen sollten.

09] Nach einer Weile sagte der Oberste: »Und gegen solche Menschen wollte Herodes zu Felde ziehen?! Er, kaum eine Mücke gegen tausend Löwen?«

10] Sagte darauf Raphael: »Ja, ja, da hast du eine gute und wahre Bemerkung gemacht! Die Menschen, die kein wahres, inneres Lebenslicht haben, leben in einem Wahnlichte und unternehmen gar oft Dinge und Handlungen, deren Ausführung ebenso unmöglich ist, wie unmöglich ein von der Geburt an Stockblinder von einer Farbe ein Urteil abgeben kann; aber das hindert die vielen Wahnmenschen nicht, irgend etwas rein und völlig Unmögliches ins Werk setzen zu wollen mit allen ihnen zu Gebote stehenden irdischen Mitteln. Und gelingt ihnen das Werk mit einem ersten Versuche nicht, so stehen sie davon doch nicht ab, sondern erneuern die Versuche gleich fort und fort; und haben sie nach oft vielen Versuchen ebensoviel ausgerichtet wie beim ersten, so schreckt sie das ja nicht ab, abermals mit neuen Versuchen aufzutreten, und das so lange fort, bis sie dabei ihren vollen Untergang gefunden haben.

11] Nun sollte aber ein solches oft wiederholtes Mißraten von Versuchen doch vielen andern Menschen zu einer guten Belehrung dienen; aber nein, sie denken, hausen und handeln ebenso wahnsinnig fort, wie das ihre stets verunglückten Vorfahren getan haben, und rennen darum in das alte Unglück ihrer wahnsinnigen Vorfahren.

12] Allein dem, der etwas selbst will und sich auch von niemand belehren läßt, geschieht nie ein Unrecht. Sein freier Wille, der ihm von Gott aus gegeben ist zu seiner Selbstvollendung, wird mißbraucht und stürzt den Menschen oft nur zu bald in den Abgrund des Elends und Verderbens seiner Vorfahren. Der Mensch weiß es sicher aus vielfacher Erfahrung, daß er zugrunde geht, so er in die Fußstapfen seiner Vorfahren tritt und ihre losen Pfade und selbstsuchtsvollen Wege fortwandelt; aber, wie gesagt, wer sich von der Wahrheit nicht belehren läßt, der ist selbst an seinem unvermeidlichen Untergange schuld.

13] Wie es aber noch allen bösen Narren ergangen ist, also wird es auch dem Herodes gar bald ergehen, zum Teile schon in diesem Leben, und um viele tausend Male ärger im großen Jenseits für immer!

14] Ich kann euch dessen versichern, da ich das Jenseits gar wohl kenne, und das aus dem leicht begreiflichen Grunde, weil ich schon seit gar lange her ein Bürger des großen Jenseits bin. Daß ich hier unter den Menschen sichtbar wandle, wirke und sie im Namen des Herrn belehre durch Wort und Tat, das ist eine große Gnade des Herrn, der nun Selbst als ein Mensch unter den Menschen wandelt, sie belehrt und ihnen allerorts zeigt die großen Irrsale, in denen sie sich befinden. Mit dem wisst ihr denn nun auch, wer ich bin, und ihr braucht euch nicht gar zu sehr zu verwundern über meine euch freilich unbegreiflichen Taten.«



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