Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 222


Die Verwunderung der Jünger über die verwandelte Gegend. Vom Fasten.

01] Es hatten sich nämlich die Jünger, da sie den Abend zuvor zu wenig geschlafen hatten, nach dem Morgenmahle unter dem schattigen Baume niedergelegt, schliefen ganz fest ein und wußten sohin nichts von der Verhandlung zwischen Mir und Epiphan. Dieser aber ging nun auf Mein Geheiß hin und weckte sie vom Schlafe.

02] Als sie aber munter wurden, machten sie große Augen und fragten einander ganz erstaunt, wo sie nun wären; denn die Gegend sah nach ihrer Verwandlung so sehr verschieden von der früheren Wüste aus, daß sie sich in ihr nimmer zurechtfinden konnten. Früher war Azionas Hütte zum Teil aus unförmlichen Steinen und zum Teil aus Lehm und Schilf höchst unarchitektonisch erbaut, und nun stand an ihrer Stelle ein stattliches Haus, umgeben mit Fruchtbäumen und einem schönen Garten; und eine ganz gute Stallung für die Haustiere und eine große Scheuer fürs Getreide waren unweit des Wohnhauses ganz gut hergestellt. Dazu war das früher ganz kahle Gebirge nun dicht bewaldet, und die ehedem ebenso kahlen Seeufer waren in üppige Fluren umgestaltet, und es war somit begreiflich, daß sich Meine Jünger nicht sobald zurechtfanden.

03] Petrus, Jakobus und Johannes fragten nach Mir, und Epiphan sagte, daß Ich ins Haus gegangen sei, um das Tagesmahl zu bestellen. Wieder fragten sie den Erwecker, wo sie nun wären, und er sagte: ”Am alten Flecke, der aber durch die Macht des Einen nun freilich ein ganz anderes Aussehen bekommen hat!“

04] Aber die Jünger schenkten dem Epiphan eben nicht den stärksten Glauben und dachten bei sich vielmehr, der Herr habe sie wie auf dem Gebirge des Kisjonah durch die Luft in eine ganz fremde Gegend versetzt. Erst als Ich Selbst zu ihnen kam und ihnen kundmachte, daß es sich also verhalte, wie der Freund Epiphan es ihnen gesagt hatte, dann erst glaubten sie, daß es sich also verhalte, und fingen an sich zu erstaunen über die Kraft und Macht Gottes in Mir.

05] Ich aber sagte zu ihnen: ”Wie wundert es euch denn nun gar so sehr ob dieses Zeichens? Habe Ich beim Markus nicht ein Gleiches gewirkt?! Aber zu wundern wäre hier eigentlich nur das, wie ihr mitten in Meinen Besprechungen mit diesen Griechen hier habt gar so gut einschlafen können! Aber das Fleisch, das Blut bedarf wohl auch der Ruhe, und so wachet denn jetzt, auf daß niemand von euch in eine Versuchung falle!

06] Nun aber ist es schon stark Mittag geworden, die Speisen stehen auf dem Tische, und so wollen wir denn gehen und unseren Leibern eine mäßige Stärkung geben, auf daß da niemand sage, jemand hätte bei Mir Not gelitten. Es gibt wohl welche zu Jerusalem, die da haben und streng halten allerlei Fasttage in der Meinung, sich dadurch das Himmelreich zu verdienen; diese aber werden sich sehr irren, da sie erwarten ein Reich nach dem Leibestode, das wahrlich nirgends vorhanden ist.

07] Ich aber will nicht sagen, daß ihr darum Schwelger, Prasser und Vollsäufer werden sollet; sondern ihr sollt allzeit nüchtern und mäßig sein in allem und euch lieben untereinander, so wird die Welt daraus entnehmen, daß ihr wahrhaft Meine Jünger seid! - Und nun gehen wir zu Tische!“



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 5  |   Werke Lorbers