Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 253


Die Erscheinungen bei der Taufe Jesu. Die Ewigkeit Jesu.

01] Sagt Simon Juda: ”Herr, a als Du Dich vor mir im Flusse Jordan vom Johannes mit dem Wasser taufen ließest, da sahen wir alsbald b eine Flamme in der Art einer Taube über Deinem Haupte schweben, und man sagte, dies sei Gottes heiliger Geist! Und man vernahm damals auch eine Stimme wie aus der Luft: c "Seht, dies ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich ein Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!" Was war denn das? Woher kam jene heilige Flamme, und von wem wurden die deutlich vernommenen Worte gesprochen? Wie sollen wir solches fassen und verstehen?“ (a Lk.03,21; Matthäus.03,13-17; Mk.01,09-11; jl.ev01.006,02a; b Lk.03,22; Joh.01,32; jl.ev01.006,02*; jl.ev04.253,01-04; jl.ev06.229-230,14; jl.ev11.302.03; jl.gso1.051,21; c Matthäus.03,17; Mk.01,11; Joh.01,34; jl.ev01.006,03*; Lk.09,35)

02] Sage Ich: ”Von wo anders her konnte das wohl kommen, als allein nur von Mir her und von Mir aus?! Oder meinst du, dass etwa hinter den Sternen ein Vater im endlosen Raume wohnt, der die Flamme über Mein Haupt herabkommen ließ und dann etwa auch aus der unendlichen Höhe die gewissen Worte herab auf diese Erde geredet hat? O du schöne blindeste Blindheit der Menschen! Wenn der ewige Vater in Mir, Seinem ebenso ewigen Sohne, wohnt in der Art, wie Ich sie euch nun klar genug gezeigt habe, von woher kann da die Flamme und die Stimme gekommen sein? Da siehe her, und wieder wirst du dieselbe Flamme über Meinem Haupte erschauen! Und horche, und du sollst dieselben Worte abermals vernehmen!“

03] Da ersahen alle die Flamme in der Gestalt eines flammenden Kreuzes oder irrig so ziemlich in der Gestalt einer Taube, die im Grunde auch ein Kreuz darstellt, schweben, und gleichzeitig vernahmen auch alle die schon bekannten Worte.

04] Ich aber sagte: ”Das war die Stimme des Vaters in Mir, und die Flamme entstand aus Meiner unendlichen Außenlebenssphäre, die da ist Mein auswirkender heiliger Geist! Verstehst du, Simon Juda, nun auch dieses wohl?“

05] Und alle sagten: ”Ja, Herr, nun ist uns auch das klar, obwohl wunderbar über wunderbar!“

06] Sagt darauf Mathael: ”Herr, Herr, Du Weisester von Ewigkeit, unerforschbar große Dinge hast Du uns erklärt und gezeigt Deine Ordnung, wie sie ist und war von Ewigkeit! Ich kann nun denken hin und her, und siehe, es ist mir alles hell und klar, was alle die unwandelbaren Verhältnisse zwischen Dir, dem Schöpfer, und uns, Deinen Geschöpfen, betrifft! Alle Deine Einrichtungen sind so weise gestellt, dass auch der schärfste Verstand und die hellste Vernunft nirgends etwas finden können, das in sich und mit sich selbst nur im geringsten Widerspruche stünde.

07] Nur wenn ich mich mit meinen Gedanken so recht in den tiefsten Hintergrund aller Zeit und Ewigkeit versetze, so muß ich mir denken, dass alles das Geschaffene, was da ist, alle Urerzengel, alle Himmel, alle Welten - als Sonnen, Erden, Monde, alle die Sterne, die nach Deiner Erklärung auch nichts anderes sind als Sonnen, Erden und deren Monde, die wir Sterblichen mit unseren Fleischaugen wegen der zu großen Ferne freilich nie wahrnehmen können -, denn doch einmal einen Anfang haben nehmen müssen, ansonst die Möglichkeit ihres Daseins wenigstens für mich nicht so recht gut denkbar wäre! Denn ich denke es mir da in gewissen positiven Beziehungen also: Ein Wesen, Ding oder eine Sache, die zu sein nie angefangen hat, kann eigentlich auch gar nicht dasein! Oder könnte ein Ding wohl aus nichts entstehen, das Du als Schöpfer Dir Selbst nie gedacht hast?!

08] Also muß eine daseiende Sache, wie zum Beispiel eine Urzentralsonne, doch einmal von Dir zuvor gedacht worden sein in Deiner gradativen (stufenweisen) Ordnung, bevor sie, freilich erst dann, als eine konkrete Ursonne in ihrer Sphäre zu wirken begann. Sie könnte aber, nach meinem Verstande gerechnet, nicht dasein, so Du zuvor auch nicht eines Atoms ihrer Wesenheit gedacht hättest! Kurz, sie könnte nicht dasein, wenn sie zu sein nie angefangen hätte! Sie kann wohl äonenmal Äonen Säkula (unermeßliche Jahrhunderte) alt sein, auch noch tausendmal tausend älter, das macht nichts; so sie unleugbar da ist, hat sie auch müssen einmal dazusein anfangen. Wenn, das ist hier gleich und ein Etwas, um das man sich weiter gar nicht zu kümmern hat!

09] Nun könnte man den Satz umgekehrt freilich auch auf Dich anwenden, und es fiele demnach Deine ganz vollkommenst solide Ewigkeit ohne einen genommenen Anfang auch in ein allerschönstes Nichts! Allein, da sagt mir mein klarer Verstand und meine helle Vernunft wieder ganz etwas anderes! Ich kann mir, wenn ich mich in meinen Gedanken auch in Ewigkeiten der Ewigkeiten zurückversetze, kein Ende denken. Es bleibt der unendliche Raum und mit ihm die ebenso unendliche Zeitendauer.

10] In diesem also notwendig ewigen, unendlichen Raume muß denn doch auch jene urewige Kraft gegenwärtig gewesen sein, die die unendliche Ausdehnung des Raumes ewig gleichfort bedingt, ohne die der Raum ebensowenig als diese Kraft ohne ihn denkbar wäre. Diese Kraft kann nur eine sein, wie der Raum auch nur einer ist; sie muß in sich ebenso irgendein Zentrum und gewisserart einen Schwerpunkt haben wie der unendliche Raum selbst. Weil aber der Raum als solcher da ist, so muß auch in ihm sich das unendlichste und somit freieste Sein, als sich selbst fühlend, aussprechen; denn wie könnte er sein, so er nicht in seiner höchsten Ungebundenheit wahrnähme, dass er ist?!

11] Was aber vom Raume gilt, das gilt auch von der in ihm enthaltenen Kraft; auch sie muß sich notwendig als solche daseiend fühlen, ansonst sie unmöglich da wäre. Kurz, das sind in sich begriffene, derartig durch sich selbst bedungene Notwendigkeiten, dass eine ohne die andere gar nicht dasein kann! Das alles ist aber ja ursprünglich und allereigentümlichst Dein geistigstes Ursein Selbst und kann demnach Deinem Geiste nach nie und nimmer hinweggedacht werden!

12] Du bist also nach meinem Verstande ebenso notwendig ewig, als wie notwendig alles andere, wenigstens in seinem formellen Bestande, nur zeitlich sein kann! Aber nun kommt erst eine ganz andere Frage!

13] Weil alle diese sichtbare und auch unsichtbare Schöpfung denn doch einmal vor noch so undenklich langen Zeiten einen Anfang genommen hat, was hast Du, o Herr, vor diesem Anfange Ewigkeiten hindurch getan? Ich merke zwar aus Deinem freundlich lächelnden Antlitze, dass ich meine Frage etwas dumm gestellt habe; aber dessen bin ich doch sicher, dass sie nicht ganz gehaltlos ist! Und Du, o Herr, wirst uns auch hierin ein kleines Lichtlein anzünden! Meine forschende Seele will nun einmal schon völlig im klaren sein.“



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