Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 245


Die selbständige Entwicklung der zur Kindschaft Gottes berufenen Menschenseele.

01] (Der Herr:) ”dass du, Mathael, aber sagst, dass am Ende dennoch auf Mich die Schuld falle, dass mit der Länge der Zeiten die Menschen in eine so gänzliche böse Lebensverkehrtheit übergegangen sind, in der sie offenbarst zugrunde gehen müßten, da stelle Ich dir auch gleich das entgegen und sage: Seelen, wie die dieser Schwarzen, sind bis jetzt zur Kindschaft Gottes noch nicht berufen gewesen, und als das, was sie vorzustellen haben, genügte ihnen eine mehr stereotyp fest erhaltene Vollkommenheit ihrer Seele; denn sie ist nicht etwa als eine besondere Folge ihrer vortrefflichsten Selbstentwicklung anzusehen, sondern sie ist ihnen gegeben gleichwie ihre schwarze Haut. Wenn sie aber auch die Kindschaft Gottes werden erreichen wollen, dann wird ihnen dieses alles nicht mehr gegeben werden, sondern allein die Lehre.

02] Werden sie nach dieser sich selbst bestimmen und suchen, die Vollendung ihrer Seele aus eigenen Kräften zu erstreben, und dadurch erwecken in sich Meinen Geist der Liebe, sodann werden sie freilich gleich sein wie ihr nun; aber solange ihre Seelenvollkommenheit zu zwei drittel Teil eine gegebene und nur zu einem Teile eine selbsterworbene ist, können sie mit solch einer Seelenvollkommenheit den Geist in sich nimmer erwecken und bleiben auch jenseits das, was sie hier sind: ganz gute, aber mehr mechanisch selige, vollkommene Seelen, bei denen die Grenzen der Seligkeit denn sicher notwendig fest gestellt sein müssen, was nimmer anders zu denken möglich ist.

03] Wo das eine und Vorhergehende gegeben ist, da kann das daraus Hevorgehende und darauf Folgende doch sicher keine freie Selbsterworbenheit sein; denn wer dir den Kopf gegeben hat, der hat dir doch sicher auch die Hände, den Leib und die Füße hinzugegeben! Oder meinst du wohl, dass diese von selbst aus dem Kopfe hervorgegangen sind?

04] Ah, ganz was anderes ist es bei einer sich selbst bestimmenden und sich selbst nach dem vernommenen Gottesworte ausbildenden Seele! Was die hat, das ist ihr volles Eigentum, und sie kann sich daraus tausend Himmel erbauen und mehr; denn sie hat nun ja ihren eigenen Stoff und ihre eigene Materie und durch ihren in ihr Erweckten Geist der Liebe auch die vollkommen gottähnliche Kraft, solches zu tun und a so vollkommen in allem zu sein, wie auch der Vater im Himmel vollkommen ist! - Und nun weiter! (a Matthäus.05,483. Mose.11,443. Mose.19,02; = Lukas.06,36;  ⇒ jl.ev01.039,05 .08 .10;  jl.ev01.155,15;  ⇒ jl.ev01.039,05;  ⇒ jl.ev01.039,08jl.ev01.050,13jl.ev01.071,13;  ⇒ jl.ev01.039,05-10;  jl.ev02.159,14jl.ev03.180,06jl.ev04.001,04jl.ev04.039,01jl.ev04.110,11jl.ev04.245,04jl.ev05.090,01jl.ev05.271,05-06jl.ev06.050,13-14;  jl.ev06.226,10jl.ev07.054,12-13;  jl.ev07.139,06jl.ev08.027,11jl.ev08.038,10jl.ev09.022,05*;  jl.ev09.024,05jl.ev09.102,07jl.gso1.001,20-21;  jl.gso2.018,15jl.gso2.126,24jl.hag2.080,24-25;  jl.hag2.089,16jl.hag2.151,15jl.rbl1.033,08jl.rbl2.158,10jl.bmar.041,09jl.bmar.043,11jl.him1.231,12jl.him1.327,06jl.him1.328,25jl.him1.368,12jl.him3.267,04-05;  jl.him3.278,23)

05] Mit einer Seele, wie da diese Schwarzen sie zuversichtlich besitzen, ist jenseits leicht und bald fertig zu werden; denn was sie hat, das hat sie, und es bleibt ihr. Sie hat für sich ewig kein höheres Bedürfnis und ist vollkommen glücklich, gleich einer Biene, wenn sie einen reichen, mit Honig gefüllten Blumenkelch angetroffen hat; aber über diesen Honig hinaus fühlt sie für ewig kein Bedürfnis. Wenn die Biene hat, was sie gesucht, dann hat sie schon alles; alle die anderen Schätze der ganzen Unendlichkeit sind ihr eine Null.

06] Aber ganz anders verhält es sich mit einer sich selbst vollkommen machenden Seele! Um das realisieren zu können, mußten ihr ja doch alle dazu nötigen Mittel vollkommen zu Gebote gestellt werden, durch die sie, wenn sie dieselben gebrauchen will, notwendig und unfehlbar die Vollendung erreichen muß; aber die dazu erforderlichen Mittel werden der Seele, die zur freien Kindschaft Gottes berufen ist, doch sicher niemals aufgedrungen, sondern ihr nur gestellt, so wie da einem weisen Baumeister die Materialien, die zum Aufbaue eines Hauses notwendig sind. Von da gebraucht sie der Baumeister nach seinem hocheigenen Gutdünken und erbaut daraus ein Haus nach seiner Ansicht und nach seinem Geschmacke, und das erbaute Haus ist dann vollkommen sein Werk und nicht etwa ein Werk dessen, der ihm das Material gestellt hat. So du aber auch das beste Material gestellt hast, um dir ein gutes Wohnhaus zu erbauen, du erbaust es aber nicht selbst, sondern berufst dir einen Baumeister, der dir das verlangte Haus erbaut, kannst du da auch sagen: 'Seht, dies nun schöne und bestens eingerichtete Haus ist mein Werk!'? Sicher nicht; denn das Haus bleibt immer ein Werk dessen, der es erbaut hat nach seinem Gutdünken und Erkennen!

07] Und siehe, ebenso sind die vollendeten Seelen der Schwarzen nicht ihr Werk! Sie sind freilich gar sehr wohl erbaut, aber die Schwarzen haben nur wenig dazu beigetragen. Weil aber also und nicht anders, so können sie vorderhand die Kindschaft Gottes nicht erreichen; aber würde es etlichen auch erteilt werden, diese zu erreichen, dann würden ihre Seelen gleich unvollkommener auszusehen anfangen. Da aber einer zur Kindschaft Gottes berufenen Seele nur das Material zum Baue ihrer selbst zu geben ist und daneben die Lehre, wie der Bau zu führen ist, so ist es wohl sicher einsichtlich zur Genüge dargetan, dass einer jeden Seele auch jenseits nicht mehr getan werden darf, so sie in ihrer Ichheit verbleiben soll. Ist dann eine Seele noch so verdorben, so darf sie dennoch nicht mit Meiner Allmacht ergriffen werden, sondern es wird ihr nur das Material in dem Maße gestellt, als sie es zu verarbeiten imstande ist; es darf ihr auch nicht mehr aufgebürdet werden, als wie groß da ist ihre Kraft.“



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