Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 72


Prüfung der Brautleute.

01] Sagt Cyrenius: ”Du hast soeben von einem natürlichen Mittel etwas erwähnt; worin könnte das wohl bestehen?“

02] Sage Ich: ”In der natürlichen Lebensmäßigkeit! Ein heißes Blut ist stets mehr verzehrender Natur denn ein kühles; daher sind heißblütige Menschen auch gefräßiger denn die kühlblütigen und haben eine stets wachsende Lust zu vielen und wohlschmeckenden Speisen und Getränken.

03] Wenn sich solche Menschen aber in die Mäßigkeit begeben oder zur Mäßigkeit angehalten werden, indem man ihnen mit freundlichem Herzen das auch erläutert, warum man so etwas für sie tut und ihnen die Mäßigkeit und größere Magerkeit im Essen anempfiehlt, so wird das Blut bald kühler zu pulsen und der sinnliche Trieb sehr an seiner Kraft zu verlieren anfangen, ohne den geringsten Nachteil für die sonstige Gesundheit des Leibes und der Seele.

04] Sollte aber bei einem sehr begehrenden Weibe auch durch längere Beachtung der goldenen Mäßigkeit die Natur noch keinen fühlbaren Umschwung erhalten haben, so soll es bei abnehmendem Monde abends das Wasser von gekochten Sennesblättern mit etwas Aloesaft zu sich nehmen, etwa vier Eßlöffel voll, aber nicht alle Tage, sondern nur jeden dritten oder vierten Tag, und es wird dadurch sicher besser mit der hitzigen Natur des Weibes auszusehen anfangen.

05] Sollte aber dies alles samt daneben erhaltenen guten Lehren wenig oder nichts fruchten, so kann dann erst auf Verlangen des Mannes die früher für diesen Fall besprochene Ehescheidung von Tisch und Bett eingeleitet werden.

06] Jedenfalls aber ist da das nüchterne und vom geilen Manne geplagte Weib zehnmal eher anzuhören - besonders, so es schon in gesegneten Umständen sich befände - als ein von seinem geilen Weibe geplagter Mann; denn ein nüchterner Mann hat außer den Moralmitteln noch eine Menge natürlicher Disziplinarmittel (Strafmittel), mit denen er des Weibes Glut sehr heilsam kühlen kann, und es wird dem zu heißblütigen Weibe nicht zum Schaden gereichen, so der Mann aus seinem geheimgehaltenen guten Willen demselben so manches Mal ein wenig von einem guten Ernste etwas zeigt. Nur muß solcher nie aus einem hintergründigen Gram oder Zorn, sondern stets aus der hintergründigen wahren Nächstenliebe abstammen, ansonst er nicht nur nichts nützen, sondern nur schaden würde.

07] Darin aber besteht nun alles in allem, was da betrifft die Ehe und der Sünden nach allen Richtungen hin, und es solle sich in der Welt danach gerichtet werden an allen Orten.

08] Es soll aber darüber sogar vom Staate aus eine gesetzliche Vorschrift dahin getroffen sein, dass die einmal geschlossenen Ehen moralisch so gut als möglich gehalten werden sollen, und dass Menschen, die irgend mit leiblichen und seelischen Gebrechen behaftet sind, zur Ehe nicht zugelassen werden sollen; denn aus solchen Ehen kann nie eine völlig gesegnete Zucht hervorgehen.

09] Es soll aber auch mit den sonst Gebrechenlosen eine Prüfung vorgenommen werden, bei der es sich zeigen soll, ob der junge Bräutigam und die junge Braut füreinander taugen.

10] Findet da ein bevollmächtigter, weiser Prüfer irgend leidige Knoten, so soll er mit der Bewilligung zum vollen Ehebündnisse zurückhalten und den sich verehelichen Wollenden die argen Folgen recht lebendig ans Herz legen, und ihnen bedeuten, dass die gültige Bewilligung zum vollen Ehebündnisse so lange nicht erteilt werden könne, als die verderblichen Knoten fortbestehen.

11] Auch soll so ein vom Staate aus bevollmächtigter Eheschließer den Heiratslustigen den Lebensernst der geschlossenen Ehe und den himmlischen hohen Zweck derselben recht helle machen.

12] Zeigt es sich, dass dadurch die Ehelustigen sich nüchterner und nüchterner zu zeigen anfangen, ihre Weltknoten beiseite schaffen, so dass sie sich nur des gegenseitigen Menschenwertes wegen ehelich verbinden wollen, dann erst soll so ein Bevollmächtigter die Bewilligung zum vollgültigen Ehebündnisse erteilen. Er soll das Treugelöbnis in ein Buch zum Zeichen des unauflösbaren Ehebündnisses aufzeichnen mit Untersetzung des Jahres und Tages des begangenen Ehebündnisses und soll stets in der Kenntnis der nachfolgenden Eheverhältnisse - wie sich diese etwa gestalten, ob gut oder schlecht - bleiben.

13] Es sollen darum solche weise Bevollmächtigte zur Schließung der Ehen keine fremden, in eine Gemeinde eingeschobenen Menschen, sondern allenthalben nur Einheimische sein, die die Menschen, jung und alt, nahe so gut wie sich selbst kennen; so werden dadurch sicher die vielen Mißehen verhindert, und es wird dann viel Segens geben in einer solchen gereinigten Gemeinde.

14] Es wäre darum gut, in jeder größeren Gemeinde eine Matrimonialgerichtsbarkeit (Ehegericht) zu stellen, die stets über alle die Ehesachen zu wachen hätte. Freilich müßte solch eine Gerichtsbarkeit von einem höchst unbescholtenen Charakter sein, und es sollte an deren Spitze allenthalben ein Mann gleich einem Mathael stehen.

15] Dieser Mann sollte auch vor allem bei Ehebündnissen darauf sehen, dass ein junger Mann nie unter vierundzwanzig Jahren und eine Maid nie unter zwanzig Jahren ein gültiges Ehebündnis schließen solle. Denn diese Zeit ist mindestens bedungen zur nötigen Reife für ein gutes und auch im Geiste haltbares Ehebündnis. Denn zu junge Eheleute verderben sich durch gegenseitigen sinnlichen Genuß, werden sich gegenseitig bald zum Ekel, und die Ehenot ist fertig.

16] Darum soll künftighin alles wahre Glück der Ehen von dem besprochenen Eheoberrichter abhängen; in welcher Gemeinde da ein weisester Oberrichter sein wichtigstes Amt führen wird, in der wird es auch bald am gesegnetsten aussehen.

17] Ein solcher Oberrichter wird dann auch die Erziehung und die gute Zucht der Kinder der ihm anvertrauten Gemeinde im Auge und Herzen festhalten und wird allen Ärgernissen mit den entsprechenden Mitteln vorzubeugen verstehen; die Widerspenstigen wird er züchtigen und die Eifrigen für alles Gute und Wahre zu beloben und dadurch zu belohnen verstehen, dass er sie auf den Segen ihrer Haushaltung einleuchtend aufmerksam machen wird.

18] Aber er solle da nicht, wie es hie und da schon der Fall war, gewisse Prämien aussetzen, denn solche äußeren Motive taugen für die geistige Bildung einer Gemeinde durchaus nicht; denn da werden die Glieder derselben dann nur der materiellen Prämie wegen sich wetteifernd des Guten bestreben, aber nicht des Guten wegen allein, das da den Menschen allein bestimmen soll.

19] Es braucht kaum nebenher noch erwähnt zu werden, dass endlich daraus - abgesehen davon, dass solche Ehen dann reiner in der Ordnung Gottes gehalten werden und ihre Früchte des Segens von oben sich allzeit werden erfreuen können - auch für einen noch so großen Gesamtstaat und dessen gesalbtes Oberhaupt die größten sittlichen und natürlichen Vorteile hervorgehen müssen; denn will ein Staat gute Untertanen haben, so muß er sich solche schon in der Wiege zu bilden anfangen. Wollen Eltern gute Kinder haben, so müssen sie dieselben auch schon in der Wiege zu bilden anfangen, sonst werden aus ihnen Wildlinge und werden ihren Eltern zur Qual, anstatt zum Trost und zur Stütze in den alten Tagen.

20] Würden aber die Ehen in guter Ordnung gehalten, so werden aus solchen Ehen auch Kinder in guter Ordnung hervorgehen, und aus ordentlichen Kindern werden dann auch ordentliche Staatsbürger, und solche werden dann auch ganz Bürger des Gottesreiches ihrem Herzen werden; und damit ist dann alles erfüllt, was die göttliche Ordnung nur immer von den Menschen dieser Erde verlangen kann! - Ist dir nun dieses alles klar und einleuchtend?“



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