Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


143. Kapitel: Der fraglustige gottsuchende Hauptmann. Des Priesters gute Antwort über die Götterlehre und sein Bekenntnis zum allein wahren Gott. Josephs abfertigende Antwort an den fragenden Hauptmann. (16.02.1844)

01] Das Morgenmahl aber dauerte bei einer Stunde lang, und es ward unter dem Essen viel geredet über allerlei Dinge.

02] Ein Hauptmann aber, der auch bei der Bergbesteigung mit war, fragte zu Ende der Tafel einen von den drei ehemaligen Unterpriestern:

03] »Höre du mich an! Siehe, wir haben eine Götterlehre, nach der es von Göttern wimmelt, wohin wir nur immer sehen mögen;

04] ich aber habe noch nie etwas von einem Gotte gesehen, noch irgend wahrgenommen!

05] Von tausend Dingen habe ich nicht selten geträumt, - aber von irgendeiner Gottheit nie!

06] Wer aber kann von uns allen nun lebenden Menschen auftreten und gewissenhaft wahr bekennen: ,Ich habe den Zeus oder irgendeine andere Gottheit gesehen und gesprochen!'?

07] Nachdem wir aber doch auch ebensogut Menschen sind als die, welche in der Urzeit mit den Göttern sollen einen Umgang gehabt haben,

08] so sehe ich da nicht ein, warum uns die Götter nun also im Stiche lassen und sich nicht im geringsten mehr um uns kümmern!

09] Könntest du, als ein ehemaliger Priester, mir denn nicht davon irgendeinen haltbaren Grund angeben?«

10] Der Unterpriester aber sprach: »Lieber Freund, ich bitte dich um alles in der Welt, frage du mich nur um solche höchst albernen Dinge nimmer!

11] Unsere Götter sind nichts als reine Ephemeriden (Eintagsfliegen), die dem Sumpfe unserer Dummheit entstammen.

12] Da wir aber in solcher unserer Dummheit nichts Besseres als unsere eigenen Sumpfgeburten erspähen mögen, so bevorzugen wir diese und stellen sie uns selbst als Götter vor,

13] erbauen ihnen Tempel und beten dann in denselben die allernichtigsten Produkte unserer Dummheit an.

14] Siehe, das sind die Götter, denen wir Tempel erbaut haben, und an denen Rom strotzt!

15] Ja, es gibt wohl einen wahren Gott; dieser aber war allzeit heilig, und wir allerunreinsten Wesen in unseren Herzen können Ihn nicht erschauen, wohl aber Seine Werke!

16] Willst du aber von diesem einen Gotte mehreres erfahren, da wende dich an jenen reinen Juden; der wird Ihn dich - ich schwöre es dir - sicher näher kennen lehren!«

17] Mit diesem Bescheide war der Hauptmann zufrieden; denn er bekam gerade die Antwort, die er schon lange gesucht hatte.

18] Und er bewegte sich auch hin zu Joseph und brachte ihm sein Anliegen vor.

19] Und Joseph sprach: »Guter Mann, es hat alles seine Zeit! Wenn du reif wirst, wird es dir geoffenbart werden; darum begnüge dich vorderhand mit dieser Verheißung!«



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