Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 123. Kapitel: Glaube und Vertrauen des Wirtes auf Jesu Worte.

01] (Der Wirt): »Als uns der Alte solche Eröffnungen machte, da fragte ich ihn einmal, also sagend: "Freund, wir Griechen, die wir bei euch Juden als gottlose Heiden verschrien sind, halten nicht so besonders große Dinge auf unsere Götter und haben uns schon in Tyrus in die Gotteslehre der Juden einweihen lassen und beachten auch nach Möglichkeit das mosaische Gesetz, mit der alleinigen Ausnahme der etwas lästigen Beschneidung, in der wir wahrlich wenig wahren Heiles für die Menschen ersahen!"

02] Der Alte sagte darauf denn auch, daß an der Beschneidung eben nur dann für die geborenen Juden etwas gelegen sei, wenn sie die Gebote Gottes genau hielten. Für die Heiden aber genüge vor Gott, wenn sie von ihrem Götzentum abstehen, an den allein wahren Gott ungezweifelt glauben, Seine zehn Gebote halten, Ihn über alles lieben und die Nebenmenschen wie sich selbst; Gott verlange von den Heiden keine andern Opfer als die der wahren Liebe im Herzen.

03] Als ich und noch einige meiner Nachbarn solche wahrhaft sehr weise Lehre von dem Alten vernommen hatten, da beschlossen wir, im Glauben und in der Tat vollkommen Juden zu sein, aber für die Welt Griechen zu verbleiben, um nicht Untertanen der höchst eigennützigen, herrschsüchtigen und unbarmherzigen Oberpriester zu werden, die sich wohl darauf unendlich viel einbilden, daß sie das sind, was zu sein sie den Juden vorpredigen, - aber so man sie beim rechten Lichte betrachtet, da stellt es sich nur zu klar heraus, daß sie eben diejenigen sind, welche die Gebote Gottes durch ihr Tun ordentlich mit Füßen treten.

04] Und so wirst du, als selbst ein weiser Jude, uns Griechen sicher nicht unrecht geben, daß wir also sind, wie ich es dir nun dargestellt habe; ihr brauchet euch vor uns nun freilich armen Griechen nicht zu scheuen, - denn wir sind auch Juden!«

05] Sagte Ich: »Daß ihr dem Glauben und der Tat nach Juden seid, das wußte Ich und bin darum auch zu euch gekommen, um euch den rechten Trost zu bringen und euren Glauben noch mehr zu kräftigen.

06] Aber da ihr schon seit einer ziemlich geraumen Zeit an den einen, allein wahren Gott der Juden glaubt, Ihn lobt, ehrt und preiset und auch nach Seinen Geboten lebt und handelt, so wird Gott euch in eurem Haushalte ja auch schon zu öfteren Malen so recht sichtlich gesegnet haben und hat dadurch euren Glauben sicher belohnt?«

07] Sagte der Wirt: »Höre, du lieber und weiser Freund, von irgendwelchen schon von weitem ersichtlichen Segnungen war bei uns freilich trotz unseres festesten Glaubens noch keine besondere Rede; aber es tut das auch nichts zur Sache, und unser Glaube an Ihn ist darum nicht schwächer geworden. Doch sind wir auch nicht ohne Segnung geblieben; denn wir hatten, wenn auch noch so knapp bemessen, dennoch immer das Nötige und brauchten nie besonders fühlbar Hunger und Durst zu leiden, nicht nackt umherzugehen und ohne Wohnung zu sein.

08] Unsere kleinen Herden blieben gesund und versahen uns hinreichend mit Milch und Käse, und unsere kleinen Gärten, die wir freilich wohl recht emsig pflegten, brachten für unsere kleinen Bedürfnisse mehr denn genügend der Segnungen Gottes zum Vorschein, und es hat uns noch kein Mißjahr getroffen.

09] Daß dann und wann vorüberziehende Stürme uns auch nicht völlig verschont haben, das läßt sich leicht von selbst denken; doch haben wir dabei nicht gemurrt, denn wir dachten dabei: "Gott hat von neuem wieder unsern Glauben, unsere Liebe und Treue und unsere Geduld einer kleinen Prüfung unterzogen und wird uns den durch einen Sturm verursachten Schaden durch einen andern Segen ersetzen", - was denn auch immer der Fall war, und auch unsere Gärten erblühten, freilich durch unsern Fleiß, von neuem wieder und brachten das, was wir benötigten.

10] Auch muß ich noch das hinzufügen, daß diese Gegend von besonders starken Gewittern nur höchst selten heimgesucht wird; und so sie schon dann und wann mehr auf den Höhen losbrechen, so verspüren wir in diesem unserem Orte davon weniger denn auf den Vollhöhen, weil eben dieser Ort sich, wie ihr seht, in einer Vertiefung unseres Hochlandes befindet.

11] Und so sind wir mit den Segnungen unseres lieben Herrn und Gottes denn auch stets zufrieden, und solche unsere Zufriedenheit ist denn ja auch eine wahre Segnung Gottes. Denn was würde es uns wohl nützen, alles einem Könige gleich zu besitzen, und Gott würde uns aber mit einer nagenden Unzufriedenheit, die nur zu bald die Brücke zu allerlei großen Lastern werden kann, strafen? Würde das unser Glück vermehren?

12] Und so siehe, du lieber Freund, wenn es bei uns auch äußerlich noch so armselig und verlassen aussieht und man meinen könnte, Gott stehe uns mit Seinen Segnungen ferne, so ist dem aber dennoch nicht also; denn bei uns gelten die inneren und äußerlich selten sichtbaren Segnungen um gar vieles mehr, als wenn unsere Gegend ein wahres Eden wäre und uns die gebratenen Wachteln von selbst in den Mund flögen.

13] Freund, wem Gott die goldne Zufriedenheit und eine rechte Geduld verleiht, dem hat Er mehr gegeben, als so Er ihm seines Glaubens und seiner Treue und Tugend wegen ein ganzes Königreich mit unermeßlichen Schätzen geschenkt hätte!

14] Wen du, lieber und sicher auch sehr weiser Freund, das so recht lebendig betrachtest, so wirst du es auch einsehen, daß wir nicht ohne Segnungen Gottes dastehen! - Habe ich recht oder nicht?«



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