Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 83. Kapitel: Frage des Hauptmanns nach seinem Verhalten den Priestern gegenüber.

01] Als der gute Wein erst ihre Zungen mehr und mehr gelöst hatte, da waren sie auch um so aufgelegter zu reden und brachten Dinge zum Vorschein, über - die sich selbst Meine ersten Jünger hoch zu verwundern anfingen.

02] Während aber die beiden recht viele gute Dinge besprachen, da kam auch einer der beiden Rabbis zu uns in den Speisesaal und machte unseren Wirt darauf eindringlich aufmerksam, daß auch er, als ein Jude, dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ein Opfer darbringen solle, weil Er Sich durch das fromme Gebet seiner beiden Diener in dieser alten Stadt Golan habe bewegen lassen, sein Hab und Gut vor der Zerstörung zu bewahren.

03] Dieser Vortrag des Rabbis machte einen der beiden Nachbarn ordentlich zum Aufspringen ärgerlich, und er erhob sich denn auch schnell von seinem Sitze, ging auf den kecken Rabbi los und sagte: "Freund, hat denn keiner von euren alten Weisen und Propheten bei irgendeiner Gelegenheit einmal geweissagt, wann die Zeit kommen wird, in der kein lügenhafter und zur Arbeit träger Priester mehr geduldet werden wird?

04] Schämst du, als ein Priester, dich denn im Ernste nicht, hier uns der Wahrheit beflissenen Menschen mit einer allerdicksten Lüge ins Gesicht zu kommen?

05] Wann und wo hast du zu eurem Gott gebetet um die Erhaltung der Habe und des Gutes dieses meines ehrenwertesten Nachbars und Freundes?

06] Siehe, wir haben dich und deinen dir ganz gleichen Kollegen in der Nacht voll Furcht und Angst auf dem großen Platze heulend und zähneklappernd gesehen, und ihr beide hattet euch einen Punkt ausgesucht, der euch am sichersten zu sein dünkte!

07] Warum seid ihr denn nicht in eurer Synagoge geblieben, wo ihr doch selbst sagt, daß euer Gott alldort euer Gebet erhöre? Habt ihr an der starken Mauer am freien Platze für das Wohl eures Volkes gebetet?

08] Oh, wir kennen euch ebenso klar und gut wie unsere eigenen Götterdiener und sagen: Nichts da mehr für euch! Sieh, daß du weiterkommst, sonst dürfte dich ein gar Gewaltiger unter uns weiterkommen lassen!«

09] Hier wurde der Rabbi des Hauptmanns ansichtig, sagte kein Wort mehr und verließ schnell unsere Herberge.

10] Und der Nachbar sagte darauf: »Dem einen, allein wahren Gott der wahren Juden alles Lob, - einen der allerschmutzigsten Gottesleugner sind wir losgeworden!«

11] Sagte der Hauptmann: »Ja, ja, der hat sich wie ein Dieb davongemacht, und sein Kollege wird es (bleiben lassen), uns zu besuchen; aber unsere Heidenpriester, die es schon schier werden erfahren haben, daß ich mich hier befinde, werden mich schwerlich unbesucht lassen. So diese kommen, - wie werde ich, als ein römischer Hauptmann, mich zu benehmen haben? Denn ich sollte im Namen des Kaisers der Beschützer der Priester sein; wie aber soll ich das nun, wo ich den einen, wahren, lebendigen Gott habe kennengelernt, Ihn über alles liebe und unser irrwähniges und alles schändlichen Betruges übervolles Vielgötter- und deren Priestertum über alles verachte und hasse?«

12] Sagte Ich: »Nicht also, Mein Freund! Siehe, auch die Priester eurer Götter, die freilich nie irgend in der Wirklichkeit ein Dasein hatten, sondern pur der Phantasie der Menschen, die über ihre Nebenmenschen herrschen wollten, entsprungen sind, sind in dieser Zeit um vieles minder an dem Dasein des finsteren Heidentumes schuldig anzunehmen als die, welche im Anfange, als die Menschen noch an den einen, wahren Gott vollauf glaubten, das Heidentum zu predigen und die Menschen durch falsche Zeichen stets ausgiebiger und zahlreicher zu diesem zu bekehren anfingen!

13] Sie glauben an ihre Götter selbst nicht, erhalten aber das Volk darum dennoch im alten Aberglauben, erstens, auf daß sie bei ihm ihren Broterwerb finden, zweitens, weil sie die Wahrheit nicht haben, und drittens, weil sie auch durch die Staatsgesetze dazu verhalten sind und durch ihren einem Oberpriester geleisteten Eid auf den Namen Pantheon, in dem alle eure Götter begriffen sind.

14] So aber eure Priester also bestellt sind, da wirst du sicher wohl einsehen, daß sie nicht so sehr zu hassen als zu bedauern sind. Daher versuche du, auch sie auf den Weg der Wahrheit zu bringen, und haben sie diesen betreten, so sorge für sie, daß sie eine andere Beschäftigung erhalten! Dem Kaiser ist Jude oder Heide eines, so er ihm nur gibt, was sein ist, - und so hast du vom Kaiser aus nichts zu besorgen, als würde er dich je zu einer Verantwortung ziehen wegen einiger zum wahren und in Gott lebendigen Judentum übergetretenen Priester des Zeus und des Apollo.

15] Zudem sind die ersten Machthaber in diesem Weltteile in ihrem Herzen schon seit vielen Jahren durch Mich zum lebendigen Judentum übergegangen, so der Oberstatthalter Cyrenius, sein jüngster Bruder Kornelius, in Rom der Staatsmann Agrikola und mehrere an seiner Seite, freilich erst seit einem halben Jahre und etwas darüber.

16] Da diese dir nun genannten Männer nebst noch gar vielen andern vom Kaiser aus noch keine Unbill zu erdulden bekamen, so wirst auch du, um so mehr von solcher nichts zu befürchten haben, da Ich dich, so du Mir treu bleibst, Meines besonderen Schutzes versichere und dir auch die Fähigkeit erteilt habe, in Meinem Namen die Kranken zu heilen und die Besessenen von ihren Plagegeistern zu befreien. Und eines mehreren bedarfst du vorderhand nicht.«

17] Als der Hauptmann solches von Mir vernommen hatte, ward er überselig vor großer Freude in seinem Herzen und sagte zu Mir: »Herr meines Seins und Lebens! Dir allein alles Lob, alle Ehre und allen Dank für die so große, von mir niemals verdiente Gnade. Dein Wille werde von uns allen also wie von Deinen Engeln im Himmel vollzogen, und Dein heiligster Name werde allzeit hochgelobt und gepriesen!«



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