Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 66. Kapitel: Jesus und der Bürgeroberste von Abila.

01] Nach dem ließ der Hauptmann den Bürgerobersten vor und fragte ihn gleich beim Eintritt in unseren großen und prachtvoll ausgestatteten Speisesaal, was er wünsche.

02] Der Bürgeroberste aber, ein Mann von vielem Verstand und vielfacher Erfahrung, dem zuvor dieses Judenhaus nur zu gut bekannt war von außen wie von innen, sagte voll Staunens: »Hoher Gebieter im Namen des großmächtigsten Kaisers zu Rom, der größten und mächtigsten Stadt der ganzen Welt! Da ich vernahm, daß du dich hier sicher sehr dringender Amtsgeschäfte halber befindest, so ist es doch nichts mehr und nichts minder als meine beschworene heilige Pflicht, dir meine Aufwartung zu machen und dich in aller Ergebung zu fragen, ob du nicht irgend meines Dienstes benötigst. Und so bin ich denn nun auch voll Staunens hier vor dir und meine nun schon zum voraus, daß du meines Dienstes kaum benötigen wirst; denn du vermochtest im geheimen den armen Juden ihr völlig zerklüftetes Haus in einen wehren Palast umzugestalten, ohne mich davon nur einmal in Kenntnis gesetzt zu haben und meine Hilfe anzusprechen, - und so werde ich auch diesmal dir ganz überflüssig sein. Kannst du mich aber doch zu etwas brauchen, so stehe ich dir selbst mit meinem Leben zu Diensten!«

03] Sagte der Hauptmann: »Bleibe du nun nur hier; denn diesmal wirst du mir noch in gar manchem zu dienen haben! Aber setze dich vorerst, und trinke einen Becher des ältesten und besten Weines, der, von uralter Zeit herstammend, in einem ganz verschüttet gewesenen Keller in ganz reinen steinernen Gefäßen wohlerhalten vorgefunden worden ist!«

04] Der Bürgeroberste setzte sich sogleich zum Hauptmanne hin, ergriff den Becher und kostete zuerst den Wein; als er aber von dessen Güte vollends überzeugt wurde, da trank er den Wein aus dem Becher in kräftigeren Zügen und sagte: »Ich habe doch auch schon so manchen Tropfen der besten mir bekannten Weine gekostet; aber über diesen ist noch nie einer über meine Lippen geflossen! O Hauptmann, du anerkannt großer Mann in allem und auch ein Held ohnegleichen, den viele seiner Taten wegen loben und rühmen, aber hier vergib es mir, eine kleine Bemerkung zu machen: So das pur dein Werk ist, so bist du auch schon mehr ein Gott denn ein Mensch! Denn diese alte, äußerst weitläufige Burg sicher in einer kurzen Zeit ohne mein Wissen so königlich herzustellen, kann nur Göttern, aber nie den noch so tätigen und einsichtsvollen Menschen möglich sein; denn selbst die besten und kundigsten Bauleute hätten mit der Herstellung solch einer Ruine sicher über zehn Jahre vollauf zu tun gehabt!«

05] Sagte der Hauptmann: »Deine Bemerkung ist ganz richtig, - nur findet sie auf mich keine Anwendung! Auf wen aber, das wirst du bald vernehmen und mir darauf dann erst zu Diensten stehen; aber nun trinke!«

06] Hierauf ließ sich der Bürgeroberste noch einmal seinen Becher füllen und trank ihn zur Ehre des wunderbaren, mit wahrer Götterkraft begabten Wiederherstellers dieser alten Burg bis auf den letzten Tropfen aus. Darauf sagte er: »Nun aber, hoher Gebieter, möchte ich - so es dir genehm wäre - mich von der ganzen Burg, die einst, nach der sehr weitläufigen Ruine zu schließen, sehr viele Gemächer haben mußte, überzeugen, ob sich alles in dem gleich guten Bauzustande befindet wie dieser große Speisesaal, der ehedem von aller Art Tiergeschmeiß bewohnt war!«

07] Sagte der Hauptmann: »Das können wir allerdings tun, wenn es dem Einen unter uns, den du bis jetzt noch nicht kennst, genehm ist!«

08] Sagte Ich: »Dem ist es schon ganz genehm also; denn die Heiden und besonders so starre Stoiker, wie dieser Bürgeroberste einer ist, können nur durch große Zeichen zum Glauben an den einen, allein wahren Gott und Herrn Himmels und der Erde von Ewigkeit, dem alle Dinge möglich sind, und der allein aus Sich durch Sein Wort alles erschaffen und gestaltet hat, wieder bekehrt werden.«



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