Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 195. Kapitel: Die Fischer aus Joppe werden von Jesus zum Mahl geladen.

01] Hier kam auch ein Diener des Markus, und zwar derselbe, der uns zu Mittag die Einladung zum Mittagsmahle gebracht hatte. Diesen belobte Ich wegen der guten und klugen Behandlung der armen und kranken Joppeer. Er dankte Mir für diese Belobung, und wir machten uns auf den Weg hinab.

02] Wir erreichten auch bald das Haus und gingen sogleich in das Gastzimmer; denn es hatte von Westen her ein ziemlich starker Wind zu wehen angefangen, der auch den Joppeern zu arg ging, die sich im Freien, und zwar am Ufer des Sees, aufhielten und mit den anwesenden Schiffern unseres Kisjona Bekanntschaft machten, sich mit ihnen viel über Mich besprachen und von ihnen auch Andeutungen bekamen, daß Ich noch hier verweile und sie Mich zu Gesichte bekommen dürften.

03] Als sie wahrnahmen, daß die gewissen Herren vom Berge herab ins Haus gekommen waren, da ging der bekannte Fischer, der geborene Cyperer, sogleich zum Hause hin und fragte einen Diener, ob auch sie ins Haus kommen dürften; denn der Wind am See draußen im Freien werde stets heftiger, kühler und unangenehmer.

04] Und der Diener sagte: »Gehe du hinein und rede mit dem Herrn Selbst; Er wird dir schon den rechten Bescheid erteilen.«

05] Sagte der Fischer: »Freund, wie ich durch diese offene Tür bemerke, so sitzen viele am großen Speisetisch! Welcher von ihnen ist es wohl?«

06] Sagte der Diener: »Gehe du nur hinein und frage auch selbst nach dem Herrn, und du wirst es gleich erfahren, welcher unter den vielen der Herr ist!«

07] Hierauf kam der Fischer mit einigem Bangen zu uns ins Speisezimmer, machte vor uns eine tiefe Verbeugung und sagte darauf mit einer entschlossenen Stimme: »Meine hochwertesten Freunde und Herren dieses Ortes, ich möchte in einer Angelegenheit mit dem eigentlichen Oberherrn dieses Ortes ein paar Wörtlein sprechen! Wollt ihr mir armem Joppeer denn nicht gütigst anzeigen, an welchen von euch ich mich wenden soll?«

08] Sagte hierauf freundlichst unser Markus: »Ja, du mein Freund, der zeitliche Besitzer und Pfleger dieses Ortes wäre wohl ich; aber der eigentliche und allein wahre Herr und Meister über alles ist der Mann, hier zu meiner rechten Hand sitzend! Von Dem hängt alles ab, was du hier zu erreichen wünschest.«

09] Auf diese Worte des Markus trat der Fischer in aller Ehrfurcht zu Mir hin, machte abermals eine tiefe Verbeugung und wollte mit gar zierlichen Worten mit Mir zu reden anfangen.

10] Ich aber sagte zu ihm: »Ich weiß es schon, was du Mir sagen und vortragen möchtest. Sieh, dort in der andern Ecke dieses geräumigen Speisezimmers befindet sich noch ein großer Speisetisch und ist bereits mit Wein, Brot und anderen Speisen versehen! Gehe hinaus, führe deine Gefährten alle herein, besetzt den Tisch, und stärket euch mit Speise und Trank! Darauf wird es sich schon zeigen, was in dieser Nacht noch als ein Weiteres zu machen sein wird. Gehe nun und tue das, was Ich dir anbefohlen habe!«

11] Hierauf machte der Fischer wieder eine tiefe Verbeugung voll Dankes in seinem Herzen und eilte hinaus zu seinen Gefährten, die schon mit der höchsten Sehnsucht auf seine Rückkehr harrten.

12] Als er ihnen das mitteilte, was Ich zu ihm gesagt hatte, da entstand ein großer Jubel unter ihnen, und sie verließen alsbald das Ufer und begaben sich voll Dankes in das Zimmer, machten beim Eintreten tiefe Verbeugungen vor uns, setzten sich darauf sogleich an den für sie gedeckten Tisch und fingen nach der Absingung eines Psalmes recht wacker zu essen und zu trinken an und wurden bald sehr heiteren und fröhlichen Mutes.

13] Auch an unserem Tische wurde alles lebhafter, und es fehlte nicht an allerlei Erzählungen von Meinen Taten und Lehren, auf welche die Joppeer stets aufmerksamer wurden und darum untereinander stets weniger Worte wechselten.

14] Aus den Worten Meiner Jünger aber merkten die Joppeer bald, daß Ich unter denen sein dürfte.

15] Und der Fischer wandte sich an einen Diener und sagte: »Freund, sage es uns doch gefälligst, welcher dort am Herrentische ist wohl der hier nun sicher anwesende große und heilige Meister aus Nazareth, von dem uns in Joppe zwei Seiner von Ihm ausgesandten Jünger gepredigt haben, daß in Ihm wohne die Fülle des Geistes Gottes körperlich und darum alles Seinem Willen gehorche! Wer an Ihn glaube und nach Seiner Lehre lebe und handle, der werde von Ihm das ewige Leben überkommen und in das Himmelreich aufgenommen werden!«

16] Sagte der Diener: »Wie fragst du mich darum? Siehe, wir alle haben von unserem Dienstherrn ein Gebot, den Heiligen aus Nazareth vor keinem Gaste ruchbar zu machen, und wir müssen das Gebot halten. Gehe aber hin, und rede mit Dem, der euch hereinkommen hieß auf deine Bitte; Der wird dir die Wahrheit verkünden!«

17] Sagte der Fischer und mit ihm mehrere seiner Gefährten: »O Freund, wir danken dir für deine uns gespendeten Worte! Uns ist nun schon alles klar; eben Der, an den wir uns wenden sollten, um die Wahrheit zu vernehmen, ist der Heilige aus Nazareth Selbst! Wir begreifen nun, warum dein alter Dienstherr Ihn uns als den eigentlichen und wahren Herrn über alles angezeigt hat. Darum Ihm allein alle Ehre, alles Lob und alle unsere Liebe und Anbetung!«

18] Hierauf sagte der Diener: »So bleibt denn bei dem, was euch euer Geist eingegeben hat!«

19] Darauf ging der Diener weiter seinem Geschäft nach, der Fischer aber sagte zu seinen Gefährten: »Freunde und Brüder, da wir nun wohl wissen, daß eben Der der Heilige aus Nazareth es ist, den mir der Inhaber dieser Anstalt als den eigentlichen, wahren Herrn über alles anzeigte, und der uns hereinkommen hieß und uns an diesen Tisch behieß, an dem wir uns nun wohl gesättigt und erquickt haben, so ist auch nur Er es, Dem allein wir nun schon zum zweiten Male unsere vollkommene Heilung von unsern Übeln zu verdanken haben!

20] Es ist nun hoch an der Zeit, daß wir Ihm, da wir das unschätzbare Glück hatten, Ihn erstens hier persönlich gegenwärtig seiend zu treffen, und nun auch zu erkennen, nun denn auch mündlich unsern Dank, wie wir ihn in unseren Herzen lebendigst empfinden, darbringen und Ihn dann aber bitten, daß Er uns auch in der Folge bis ans Ende unseres Lebens mit Seiner allmächtigen Gnade und Liebe nicht verlassen möchte; denn all unser Heil hängt von nun an nur von Ihm ab.«

21] Mit diesem Vortrage des Fischers waren alle vollkommenst einverstanden, erhoben sich von ihren Sitzen und schickten sich an, vor Mich hinzutreten, um Mir mündlich ihren Dank vorzutragen und dann Mich um das zu bitten, was der Fischer ihnen vorgtragen hatte.

22] Ich aber kam ihnen zuvor, erhob Mich von Meinem Sitze, ging zu ihnen hin und sagte zu ihnen: »Seid nun ruhig, Meine Kinder und Freunde, der Dank und die Bitte in euren Herzen genügen Mir, und durch euren Glauben an Mich und durch eure Liebe zu Mir und also auch zu euren Nächsten soll bei Mir für ewig hin auch eure Bitte die vollste Gewährung finden. setzt euch nun nur wieder an eure Plätze, und seid voll frohen Herzens!

23] Es wird sich aber noch vor Mitternacht so manches zu eurer tieferen Belehrung zutragen, was ihr mit vieler Aufmerksamkeit für euch und für viele eurer blinden Brüder treu behalten und bewahren sollt; denn auch ihr könnt in der Folge Verbreiter Meines Namens und Meiner Lehre werden und sein.«

24] Hierauf begab Ich Mich wieder auf Meinen Platz, und die Joppeer dankten Mir aus voller Brust nach und konnten Mich nicht genug rühmen und loben darum, daß Ich Selbst an ihren Tisch gekommen war und sie im größten Übermaße getröstet hatte.

25] Markus aber gebot den Dienern, noch mehr Brot und Wein an den Tisch der Joppeer zu bringen, was denn auch sogleich geschah, und diese nahmen denn auch von Zeit zu Zeit etwas Wein und Brot zu sich und horchten stets mit der größten Aufmerksamkeit auf alles, was an unserem Tische besprochen wurde.

26] Mit der Weile erkannten sie auch die an unserem Tische sich befindende Maria aus den Gesprächen der Jünger als die Mutter Meines Leibes und priesen sie unter sich als die glücklichste aller Mütter auf der ganzen Erde.

27] Da ging die Maria zu den Joppeern hin und sagte zu ihnen: »Liebe Freunde, preist allein nur den Herrn, und tut nach Seinem Willen! Ich bin wohl die Mutter Seines Leibes nach Seinem ewigen Ratschluß; aber Er allein ist der Herr von Ewigkeit, und Ihm allein gehört denn auch alle Ehre, alles Lob und aller Preis in Ewigkeit! Ich für mich aber bin nur Seine Magd und lasse über mich allzeit walten Seinen Willen. Seid darum ruhig, und preist nur den Herrn allein!«

28] Auf diese Worte Marias wurden die Joppeer wieder ruhig, besprachen sich aber dennoch über das, wie diese Mutter schon von ihrer Geburt an überfromm müsse gewesen sein, daß sie solch einer unaussprechbar großen Gnade gewürdigt worden sei.



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