Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 21. Kapitel: Familienverhältnisse des Hiponias, des Vaters der drei Diebe.

01] Sagte Nojed: »O weiser Freund, das riecht wohl sehr nach der Wahrheit, und es wird sich die Sache schon auch also verhalten; denn es steht ja geschrieben, daß Gottes Ratschlüsse unerforschlich und Seine Führungen und Wege unergründlich sind. Aber warum mußte unsere Mutter, die doch allzeit streng nach den Gesetzen des Tempels handelte und lebte, und so auch unsere vier allerunschuldigsten Schwestern von Jehova so gänzlich verlassen werden? Ist des Tempels Lehre eine gänzlich zerstörte und zertretene, was konnten da wohl die Mutter und die armen unschuldigen Schwestern dafür? Unsere Mutter, wie wir es als etwas Bestimmtes und Wahres vernommen haben, ist bald nach ihrem Eintritt in das schöne Gottesstift gestorben - wahrscheinlich an einem Gifte -, und die Schwestern sind über Hals und Kopf genotzüchtigt worden, und wer weiß es, was da noch Weiteres mit ihnen geschehen ist. Konnte daran der gute und höchst weise Gott der Juden auch ein Wohlgefallen haben, weil Er solches zugelassen hat? Kannst du uns auch darüber eine beruhigende Auskunft verschaffen, so wollen wir denn auch feste und gläubige Juden verbleiben!«

02] Sagte Ich: »Oh, nichts leichter als das, - und so hört! Euer Vater, der Hiponias hieß - so wie der Älteste von euch -, war ein zum Judentum bekehrter Jude nach der reineren Lehre der Samaritaner. Er hielt nichts von den leeren Zeremonien und allerlei andern Betrügereien des Tempels. Er hatte aber dabei stets seine große Not mit seinem Weibe, die samt euren ihr ganz nachgeratenen Schwestern eine wahre Tempelnärrin war. Euer ehrlicher Vater grämte sich deshalb zu Tode und bat Gott noch auf dem Sterbelager, daß Er das Weib und die Töchter noch diesseits möchte erfahren lassen, daß sie nicht auf Seinen Wegen, sondern auf den Wegen des Fürsten der Lüge und der Macht des Todes wandeln. Gott aber erhörte die Bitte des Ihm in der Wahrheit stets unverändert treu ergebenen Vaters.

03] Und welches Mittel wäre da zur Besserung der fünf Weiber, die all ihr Heil nur vom Tempel erwarteten, wohl tauglicher und wirksamer gewesen, als sie das so hochstehende Heil des Tempels verkosten zu lassen? Die Mutter, als die größte Tempelnärrin, hat zwar ihr irdisches Leben im Tempel geendet, ist aber dabei zum wahren Glauben ihres Mannes, dem sie so vielen Kummer bereitet hat, gänzlich zurückgekehrt und hat des Tempels Tun und Treiben aus dem Grunde des Herzens verachten gelernt. Und eure Schwestern lernten die sie bedienenden Engel Gottes auch bald aus der Erfahrung unter vielen Tränen sehr wohl näher kennen, bekamen bald einen großen Abscheu vor ihnen und befinden sich nun auf eine höhere Fügung und Zulassung Gottes ganz gesund und voll des rechten Glaubens und Vertrauens auf den allein wahren Gott der Juden in Essäa im Hause des großen Platzwirtes, allwo ihr sie bei Gelegenheit sehen und sprechen könnt. Heute aber ist noch kaum der vierte Tag, daß sie von zwei Erzpharisäern dahin zur Heilung mit mehreren andern gebracht worden sind. Alles Weitere werdet ihr bei Gelegenheit aus ihrem Munde erfahren können.

04] Wenn sich aber die Sache also verhält, könnt ihr nachher noch behaupten, daß der Gott der Juden eine erdichtete, leere Fabel sei?«

05] Sagte Nojed: »Freund, du bist ein Prophet, und wir glauben dir und glauben nun auch wieder an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs! Denn wärest du kein Prophet, erfüllt mit dem Geiste Jehovas, so könntest du nicht um unsere Namen und noch weniger um unsere geheimsten Lebensverhältnisse so genau wissen. Darum sei nun von neuem alle Ehre dem allein wahren Gott der Juden, der uns so wunderbar zu wahren Menschen durch Seine Sorge umgestaltet hat! In welchem Lande aber bist du ein Prophet geworden? Bist auch du ein Samaritaner?«



Home  |    Index Band 9  |   Werke Lorbers