Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 132. Kapitel: Jesus über das Beschwören von Geistern.

01] Darauf erst kam wieder der Hauptmann zu Worte und sagte: »Ich habe mir nun schon etwas ausgedacht und bitte dich darum, mir einen bekannten Geist erscheinen zu lassen, auf daß ich mit ihm selbst rede und er frei aus sich mir antworte und meinen Glauben aufrichte. Wir haben ja schon gar manchen Bekannten vor uns im großen Jenseits, auch unsere Eltern und etliche Kinder; so mir von diesen einer erscheint, da werde ich ihn auch wohl sicher erkennen?! Wenn du auch so etwas vermagst, so tue es; ich werde dir darum danken!«

02] Sagte darauf Raphael: »Höre, dir einen Geist nach deiner Idee als eine Art Gespenst erscheinen zu lassen, auf daß du ihn mit deines Fleisches Augen sähest und mit deiner Zunge ihn um ein und das andere fragen könntest, das geht wahrlich nicht an, weil ich da die ewige Ordnung Gottes ganz verkehren und gänzlich umändern müßte!

03] Eure sogenannten Geisterbanner und Geisterbeschwörer, die aber für sich erstens selbst an das Dasein eines Geistes nur einen höchst schwachen Glauben haben, und zweitens noch weniger je einen Geist der Wahrheit nach, außer in einem hellen Traume, gesehen haben, tun es wohl also: sie rufen mit ihren mystischen, aber in sich völlig sinnlosen Zeichen und Wortformeln einen Verstorbenen, der dann entweder nach einem dreimaligen oder auch siebenmaligen Rufen und Beschwören denn gewöhnlich zum großen Schrecken dessen, der ihn rufen ließ, auch unter allerlei Feuer und großem Gepolter und Krachen erscheint und mit sehr drohender und verstörter Miene und Sprache den, der ihn rufen ließ, fragt, was er wolle, und warum er ihn in seiner Ruhe störte. Aber solch ein Geist hat die Geisterwelt selbst noch nie gesehen, glaubt so wenig an sie wie sein Beschwörer und ist nichts nichts als ein verstellter Mensch, der sich oft schon jahrelang mit dem Geisterbeschwörer im festen und wohleinstudierten Geschäfts und Gewinnsbunde befand.

04] Die Erscheinung eines solchen gewöhnlich höchst groben Geistes versetzt dann den, der ihn rufen ließ, in einen Glauben an das Fortbestehen und Fortleben der Menschenseelen nach dem Tode des Leibes, - aber was ist das für ein Glaube? Siehe, ein ganz grundfalscher! Dieser Glaube nützt dann dem Menschen auch nicht nur nichts, sondern schadet ihm oft ganz gewaltig; denn erstens bewirkt er bei dem, der ihn rufen ließ, einen ganz gröbst materiellen Begriff von einem Geiste, und zweitens versetzt er den blinden und leichtgläubigen Rufer besonders dann durch allerlei Drohungen und böse Prophezeiungen in eine große Furcht und Angst, so dieser dem Geisterbeschwörer ein nicht hinreichend erstaunlich großes Opfer dargebracht hat.

05] Will er sich von der Qual mehr und mehr befreien, so muß er sich wieder an den Geisterbeschwörer mit größeren Opfern wenden; dieser bespricht sich dann mit dem Geiste, den er noch einmal ruft, und der Geist wird ein zweites Mal auch gewöhnlich ein wenig gemütlicher. - Also, Freund, eine derartige Geisterbeschwörung hast du von mir durchaus nicht zu erwarten, sondern eine ganz andere!

06] Damit du aber zu einer wahren und nicht falschen Anschauung eines wirklichen Geistes, der kein vermeintliches Gespenst ist, gelangen kannst, so mußt du zuerst wissen, was ein Geist ist, und unter welchen Lebensverhältnissen ein Mensch einen wahren Geist sehen und sprechen kann.

07] Da eine Seele, oder nach deinem Begriffe ein Geist, durchaus nichts Materielles ist, so kann er mit den Materieaugen auch niemals gesehen und mit keinem bloß materiellen Sinne wahrgenommen werden; der Mensch, der aber doch einen wirklichen Geist sehen, hören und sprechen will, muß zuvor selbst geistig werden, da nur sein Geistiges und niemals sein Fleischliches einen wahren Geist sehen, hören und sprechen kann.

08] Du bist aber nun noch sehr materiell, und dein rein Geistiges ist in dir noch sehr unentwickelt. Es ist daher hier nötig, bei dir auf einige Augenblicke lang dein verborgenes Inneres, das geistig ist, zu stärken und es gewisserart über deine Fleischmaterie hinaus sehfähig zu machen, und du wirst dann nicht nur einen Geist, sondern gar viele zu sehen, zu hören und auch zu sprechen bekommen. Wenn dir das genehm ist, so habe ich dazu schon auch die hinreichende Kraft, dich plötzlich in einen solchen Zustand zu versetzen, in welchem du die Seelen der Verstorbenen wirst sehen, hören und sprechen können.«

09] Als der Hauptmann solche Rede von Raphael vernommen hatte, da sagte er: »Ganz gut, so du das ohne Beeinträchtigung meiner leiblichen Gesundheit vermagst, dann tue es!«



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