Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8
129. Kapitel: Jesus über die Unsterblichkeit der Menschenseele.
01] (Jesus:) »Daß aber aller Menschen Seelen, ob gute oder böse, nach des Leibes Tode fortleben, davon haben bei allen Völkern der Erde gewisse mehr in sich gekehrte Menschen mehr als viele tausendmal Tausende von allersprechendsten und überzeugendsten Beispielen erlebt, indem sie mit den Seelen der leiblich Verstorbenen oft sogar jahrelangen Verkehr und belehrenden Umgang hatten.
02] So aber pure und ganz materielle Weltmenschen daran nicht glauben aus dem Grunde, weil ihnen noch nie etwas Ähnliches zu Gesichte gekommen sei, kann da etwa auch Gott die Schuld gegeben werden? Diese Weltmenschen suchen das ja nie, und so finden sie es auch nicht; die es aber suchen, die finden es auch unter allen Völkern der Erde.
03] Sieh, diese Römer hatten Mir Selbst von solchen Erscheinungen erzählt, die sie selbst erlebt haben! Sind sie darum unwahr für dich, weil du noch nichts Ähnliches gesehen und wahrgenommen hast?.
04] Hinter Asias höchsten Bergen im weiten Osten besteht ein großes Kaiserreich, das Sihna oder China heißt. Besteht es darum etwa nicht, weil du es noch niemals gesehen hast? Und noch weiter im Osten, ganz vom großen Weltmeere umflossen, besteht abermals ein großes Kaiserreich namens Jhipon (Japan). Besteht es etwa deshalb auch nicht, weil du bis jetzt noch nie etwas davon gehört hast? Ja, Freund, auf dieser Erde bestehen noch gar große Reiche und Weltteile außer den dir bekannten drei Weltteilen, wenn du sie auch nicht kennst; aber Ich kenne sie und kann dir sagen, daß sie da sind und von den Menschen in der Zukunft auch aufgefunden werden.
05] Überall aber leben schon Menschen und sind nicht ohne Offenbarung von oben und von seiten solcher Geister, die einst dort auch im Fleische gewandelt haben. Daß aber solcher Menschen Seelen nicht alsogleich beim Hinübertritt ins Reich der Geister sich in einer solchen Lebenslichtvollendung befinden können, das ist doch sicher und leicht daraus erklärbar, weil auch hier die Menschen, deren Seelen sehr weltliebig geworden sind, nur schwer und mühsam auf den rechten Lebenslichtweg zu bringen sind. Der Leib des Menschen kann weder etwas glauben noch wollen; er dient der Seele eine kurze Zeit nur als ein Werkzeug zur Tätigkeit nach außen und sonach auch zu ihrer Ausbildung. Das Denken, Lieben, Wollen und Handeln nach den erkannten Wahrheiten ist Sache der Seele.
06] Wie schwer und mühsam aber oft eine weltliebige und zur Trägheit geneigte Seele das reine Gute und Wahre begreift und sich danach zu handeln entschließt, das kannst du an deinen eigenen Kindern merken; und so geht es einer hier Verwahrlosten Seele im großen Jenseits sicher noch um vieles schlimmer, weil sie sich in dem Leibesleben in allerlei Irrtümern und daraus im Falschen und Bösen begründet hat. Eine solche Begründung aber ist gleich wie eine Erhärtung der Liebe und des Willens der Seele, welche beide aber eben das Leben und das individuelle Sein ausmachen. Wenn Ich da einer solchen Seele ihre Liebe und ihren Willen auf einmal hinwegschaffte, so wäre dadurch ja auch die ganze Seele hinweggeschafft!
07] Es muß daher mit solchen Seelen gar behutsam zu Werke gegangen werden, um sie so nach und nach, von ihnen ganz unbemerkt, auf den rechten Weg zu bringen. Dazu gehört aber eine gar allerhöchste göttliche Liebe, Weisheit und Geduld; denn man muß eine solche Seele, stets nur wie von außen her einwirkend, in solche Zustände durch ihr Wollen, Trachten und Handeln kommen lassen, in denen sie aus sich innezuwerden anfängt, das sie sich in großen Irrtümern befindet. Fängt eine Seele an, diese in sich wahrzunehmen, dann wird in ihr auch schon der Wunsch rege, den Grund zu erfahren, aus dem sie, sozusagen, auf kein grünes Gras, sondern nur auf düsterere und fruchtlosere Wüsteneien gelangt.
08] Nun, in solch einem Zustande ist es dann erst an der Zeit, solch einer Seele einen ihr wie ganz ebenbürtig aussehenden weisen Geist entgegenkommen zu lassen, der sich dann mit ihr über dies und jenes besprechen kann, wodurch es denn in solch einer verirrten Seele dann auch schon lichter wird und sie nun wie völlig aus sich zu erkennen anfängt, daß sie sich in großen Irrtümern befindet und sich nach dem wahren Lichte stets mehr und mehr zu sehnen anfängt.
09] Du siehst nun ganz leicht, daß in einem solchen schon besseren Zustande eine Seele schon anders zu denken anfängt und ihre Liebe und ihr Wollen als ihr eigentliches Ich, Leben und Sein eine andere Richtung aus sich selbst nimmt; ist das nun da, so kommt dann eine ehedem noch so im Finstern wandelnde Seele auch bald und leicht zum wahren Lebenslichte.
10] Aber eine nach deiner Meinung urplötzliche Umwandlung der Seele wäre soviel wie ihre völlige Vernichtung. Ich hätte ja auch, statt hier bei den Juden, bei euch Römern oder auch bei einem andern Heidenvolke als das, was Ich hier bin, auftreten können; aber was hätte das bei dem blinden und sehr abergläubischen Volke für eine Wirkung gemacht, gegen die auch die weiseste Lehre nichts gefruchtet hätte? Siehe, das Volk hätte Mich für einen oder den andern Gott zu halten und anzubeten angefangen und Mir Opfer gebracht in Hülle und Fülle, und Meine Jünger, die auch schon so manches in Meinem Namen zu wirken vermögen, hätte es als Halbgötter angestaunt und ihnen auch Opferaltäre und sogar Tempel erbaut, und so hätte Ich bei einem heidnischen Volke sein Götzentum nicht nur nicht zerstört und aufgehoben, sondern nur vermehrt.
11] Die Juden aber, die besonders in dieser Zeit zumeist ganz glaubenslos geworden sind, obschon sie die Schrift und die Verheißung Meiner Herniederkunft haben, aber aus der Tradition doch noch wissen, wie Gott das Volk geführt hat, wenn sie daran auch zweifeln, sind eben am geeignetsten noch, Meine persönliche Gegenwart zu ertragen, da sie mit Mir keine Abgötterei treiben können. Denn die Mich erkennen, die wissen es aus dem rechten Grunde, wer Ich bin; die Ungläubigen aber halten Mich für einen Magier und die Mittelklasse für einen Propheten. Da ist sonach mit Meiner Gegenwart keine Seele in ihrer Eigentümlichkeit und in ihrem freien Willen gefährdet, und so muß denn das Licht auch von dem Judenvolke in alle Welt ausgehen.
12] Wenn du mit deiner Verstandesschärfe nun dies von Mir dir Gesagte so ganz genau prüfst, dann wirst du schon innewerden, daß du Mir gegenüber mit einer ganz irrigen Meinung aufgetreten bist.
13] Wenn Gott nicht der Menschen zur stets größeren Sättigung Seiner Liebe bedurft hätte, so hätte Er sie auch nie erschaffen; da Er sie aber erschaffen hat, so kümmert Er sich auch um sie und um ihre ewige Erhaltung und zeigt dadurch, daß Ihm gar alles an den Menschen gelegen ist. Es sollte den Menschen darum aber auch alles an Gott gelegen sein! Hast du, Mein Freund, das nun wohl begriffen?«
14] Sagte der auf diese Meine Lehre ganz erstaunte und von aller Ehrfurcht ergriffene Hauptmann: »Herr und Meister, so wie Du nun geredet hast, hat noch kein Weiser je zu einem Menschen geredet! Du hast mir jetzt erst ganz vollkommen gezeigt, wer Du bist. Ich danke Dir für die mir nun erwiesene große Gnade, bitte Dich aber auch von ganzem Herzen um Vergebung dafür, daß ich es gewagt habe, mit Dir so keck und dumm zu reden.«
15] Sagte Ich: »Wer also redet, wie du geredet hast, dem ist es um die Wahrheit ernst, und Ich gebe ihm da gerne ein rechtes Licht; wer aber da weder kalt noch warm ist, sondern lau, der ist Meines Lebenslichtes auch nicht wert und wird es auch so lange nicht überkommen, als ihm darum nicht völlig ernstlich zu tun sein wird. Ich aber weiß es, daß es gar vielen Heiden aus euch schon lange ernstlich darum zu tun war, während die Juden stets lauer und lauer geworden sind; darum aber wird nun das Licht den Juden auch genommen und euch Heiden gegeben werden in aller Fülle. Aber sorget und wachet darum, daß es dann bei euch nicht in ein neues Heidentum umgestaltet wird; denn ein solches wäre schlimmer noch denn euer jetziges! Ihr werdet zwar darum wohl sorgen, aber am Ende das Auftreten der falschen Propheten doch nicht verhindern können. Darum wachet alle, und hütet euch vor den falschen Propheten, die ihr leicht an ihren Werken erkennen werdet!«
16] Hier kam ein Bote von Bethanien und sagte, daß daheim schon alles bereitet sei zu unserem Empfange.
17] Da sagte Ich: »Unsere Raststunde ist nun vorüber, und wir wollen denn auch weiterziehen. Wer Mir folgen will, der folge Mir!«
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