Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 175. Kapitel: Erklärung des 3. Kapitels Jesaja. Die Zustände einer geordneten Gemeinde.

01] (Der Herr): »Auch dieses folgende Kapitel hat seine weissagende Geltung für jetzt und für die Folge jener Zeiten, die Ich euch ehedem kundgegeben habe.

02] Also aber lautet der erste sehr bedeutungsvolle Vers des Propheten:

03] a Unter dem Ausdruck "Jerusalem" versteht hier das gegenwärtige Judentum, wie es jetzt ist und schon lange früher auch also war; unter "Juda" aber versteht die künftigen Generationen, die dann durch die Annahme Meiner Lehre zu dem Stamme Juda gezählt werden. Diese werden durch ihre große Trägheit auch in einem noch viel größeren Maße dasselbe Los zu gewärtigen haben wie nun im engeren Maße die Juden. (a Jesaja.03,01)

04] a Unter der Wegnahme des Brotvorrates versteht die Wegnahme der Liebe und der Erbarmung, und unter der Wegnahme des Wasservorrates versteht die Wegnahme der wahren Weisheit aus Gott, und die Folge davon wird sein, daß sie alle in großer Irre und Finsternis der Seele wandeln werden und keiner dem andern wird raten können; und so auch einer dem andern etwas raten wird, so wird ihm der Rat- und Lichtbedürftige doch nicht trauen und wird sagen: "Wie redest du mit mir vom Lichte und befindest dich in der gleichen Finsternis wie ich!" Daß dann die Menschen durch ihr eigenes Verschulden infolge ihrer Trägheit völlig hilflos dastehen werden, gibt der Prophet in den folgenden Versen treulich also kund, indem er sagt: (a Jesaja.03,01)

05]

06] Ich setze hier geflissentlich die Hauptleute und die ehrlichen Leute zuletzt, statt gleich anfangs des dritten Verses, und habe schon Meinen Grund dazu. Und nun vernehmt die Beleuchtung!

07] Wer sind denn die Starken und die Kriegsleute? Das sind solche, wie dereinst war der David voll Glauben und Vertrauen auf Mich, und die Kriegsleute sind solche Menschen, die sich von dem Glauben und Vertrauen des Einen voll begeistern lassen, auf daß sie allzeit siegen über alle noch so vielen Feinde des Guten und Wahren aus Gott.

08] Wenn aber bei den Menschen der volle Mangel des lebendigen Wassers aus den Himmeln eingetreten ist und alles Fleisch mit seinen Seelen sich in der dicksten Finsternis befindet, wer wird dann unter den Menschen ein rechter und gerechter Richter sein? Wer wird da haben die Gabe der Weissagung? Und so sie auch jemand noch für sich hätte, wer wird ihm glauben ohne inneren Verstand, daß es also ist?! Wer wird für die Geistesblinden und Tauben wahrsagen können? Und wen wird die finstere Menschheit wegen hervorragender Weisheit als einen wahren Ältesten erwählen und zu ihrem Hirten machen mögen? Daher erkennt nun diese Sache recht!

09] Wem Brot und Wasser in ihrer geistigen Bedeutung weggenommen sind, dem ist dadurch alles genommen; denn wen Gott mit der geistigen Blindheit straft und züchtigt, der ist am meisten gestraft und gezüchtigt. Denn dem ist dadurch alles genommen, und er steht völlig rat- und hilflos da. Das ist aber dann auch schon das äußerste Mittel, mit dem der zu überhand genommen habenden Trägheit der Menschen und allen ihren vielen Lastern stets am allerwirksamsten begegnet werden kann.

10] Daß aber die Menschen sich mit der Wegnahme des geistigen Brotes und Wassers wahrhaft im größten Elende befinden müssen, und was ihnen dadurch noch alles benommen ist, bezeugt der Prophet noch weiter im dritten Verse, wo er ausdrücklich sagt: Den Menschen werden genommen werden auch die Räte oder Ratgeber und weise Werkleute in allen Zweigen der menschlichen Bedürfnisse, also auch kluge Redner, die sonst mit ihrer Weisheit gar vieles Gute bewirkt haben.

11] Das Übelste an der Sache aber ist die miterfolgte a Wegnahme der, sage, fünfzig Hauptleute! Wer sind diese, und was hat die Zahl fünfzig hier zu tun? Das werden wir nun gleich ganz wohl einsehen. (a Jesaja.03,03)

12] Wenn wir uns eine ganz große und vollkommen geordnete Gemeinde von Menschen vorstellen, so hat sie, so sie mit allem wohl versorgt sein will, a in allem numerisch fünfzig Hauptzweige zu ihren Lebensbedürfnissen schon von alters her zu besorgen und zu bestellen. Was darüber ist, gehört schon der Hoffart an, und was darunter, das ist dann schon Schwäche, Mangel und Armseligkeit. Damit aber jeder einzelne Zweig der gezählten Bedürfnisse nutzwirkend versehen und gehandhabt wird, so muß er auch einen kundigen Hauptmann als Vorsteher und Leiter an der Spitze haben, der sich im Betriebe seines Werkes von Anfang bis zu Ende wohl auskennt; fehlt der und steht an seiner Stelle ein Unkundiger, so wird dieser Bedürfniszweig der ganzen Gemeinde bald schlechte oder auch gar keine Früchte mehr zu tragen anfangen. (a (a Jesaja.03,03)

13] Wie wird aber eine große Gemeinde erst dann bestehen, wenn sie durch ihre Trägheit und Fahrlässigkeit endlich aller fünfzig Hauptleute bar wird? Ich sage es euch: Gerade also, wie die große Gemeinde der Juden nun besteht, in der nur gewisse Diebe und Räuber noch etwas besitzen und sich auf Unkosten der Armen mästen und für ihre Bäuche sorgen, dafür aber Tausende in der tiefsten Armut hilflos verschmachten. Denn wo ist der weise Hauptmann, der für sie sorgete und ihnen Arbeit und Brot gäbe in einem oder dem andern Erwerbszweige? Seht, dieser ist nicht da in gar manchen Zweigen, und somit ist auch alles andere nicht da! Es gibt zwar nun wohl auch noch gewisse Hauptleute, die den verschiedenen Zweigen vorstehen, aber nicht fürs Volk, sondern für sich, und sie sind darum nur Diebe und Räuber und keine rechten Hauptleute wie zu den Zeiten Meiner Richter.

14] Ihr habt nun gesehen, wie das äußere und innere Wohl der Menschen einer großen Gemeinde von den Hauptleitern in den verschiedenen Bedürfniszweigen abhängt; aber von wem hängt denn in einem Lande, das von einem Fürsten oder Könige regiert wird, eine rechte Aufstellung der besprochenen Hauptleute in einer großen Menschengemeinde vor allem ab? Seht, eben von einem weisen Könige!

15] Was sagt aber unser Prophet da, was der Herr den trägen, gottvergessenen Gemeinden noch tun wird?

16] Hört, seine Worte lauten ferner also:

  • Jesaja.03,04] a Ich, spricht der Herr, will ihnen Jünglinge zu Fürsten geben, und Kindische sollen über sie herrschen! (a jl.ev07.175,17 -18; Prediger.10,16)

  • Jesaja.03,05] a Und das Volk wird Schinderei treiben, ein Mensch wider den andern, ein jeglicher sogar wider seinen Nächsten, und der Junge wird sich stolz erheben über den Alten und ein loser, betrügerischer Mann über den Ehrlichen!" (a jl.ev07.175,17 -18)

17] Die Worte des Propheten sind hier für sich so klar und wahr, daß sie keiner weiteren Erklärung bedürfen; nur auf die großen und offenbar bösesten Folgen kann Ich euch aufmerksam machen, obschon sie auch leicht von selbst zu finden sind. Wenn bei einem solchen Wirrwarr in einem Lande einmal alle Lebensverhältnisse in die größte Unordnung geraten und durch die Not alle Menschen einer Gemeinde in die größte Unzufriedenheit gesetzt werden, dann gibt es denn auch a eine schonungslose Empörung über die andere. Das Volk erwacht und steht auf und treibt Fürsten und die selbstsüchtigen Hauptleute in die Flucht oder erwürgt sie gar. Und da ist es, wo man sagt: "Ein Volk zieht wider das andere." (a Jesaja.03,05)

18] Denn der Mensch vermöge seiner trägen Beschaffenheit läßt sich so lange noch allen Druck gefallen, wie er in seiner Blindheit noch seinen Magen mit einer noch so mageren Kost füllen kann; wenn aber einmal auch diese aufhört und er a nichts als den Hungertod vor seinen Augen hat, dann erwacht er sicher und wird zu einer hungerwütenden Hyäne. Und bis dahin muß es kommen, damit die Menschheit zum Erwachen kommt.« (a Jesaja.03,05)



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