Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 169. Kapitel: Jesu Mahnworte an die nordische Jugend. Von Engeln, Himmel und Hölle. Das Wesen der inneren Geistesehe.

01] Hierauf ging Ich ein wenig fürbaß an den Feigenbaum, nahm Mir etliche Feigen und verzehrte sie. Darauf besuchte Ich die Jugend, die gerade in bester Ordnung mit dem Verzehren des Brotes und Obstes von bester Art beschäftigt war. Als sie Meiner ansichtig ward, da erhoben sich alle und brachten Mir in einer sehr herzlichen Weise den Dank dar für alle die guten Gaben, die ihnen zuteil geworden waren.

02] Einige wollten Mir ganz getreu zu erzählen anfangen, was sie sich von Meinen Lehren und Taten schon alles gemerkt hätten, und die sieben, die auf dem Ölberge zeitweilig um Mich waren, und denen Ich die Fähigkeit verlieh, die hebräische Sprache zu verstehen und auch zu reden, fingen an, laut zu bekennen, daß Ich der Herr des Himmels und der Erde sei, und daß sie das auch schon ihren Gefährten beigebracht hätten.

03] Ich aber belobte sie und empfahl ihnen, daß sie solchen Glauben bei sich im Herzen nur treuest bewahren und in der großen Weltstadt Rom, in der sie sich bald befinden würden, sich ja nicht von ihrer Weltpracht, ihrer Hoffart, ihren Götzen und ihren Verlockungen berücken lassen sollten, sondern sie sollten in allem die Lehren und Ermahnungen des Römers, der sie alle, wie ein rechter Vater seine Kinder, schon in ein paar Tagen mit nach Rom nehmen werde, getreuest befolgen und sich in allem keusch und ordentlich benehmen, so werde Ich Selbst an ihnen ein ganz besonderes Wohlgefallen haben und ihnen allerlei Gnaden erteilen.

04] Sie sollten aber auch das stets vor Augen haben, daß Ich allsehend und allwissend sei und sogar um jeden Gedanken weiß, den irgendwo ein Mensch in sich noch so geheim denkt. Das solle sie allzeit abhalten, irgend etwas wider die Gesetze der wahren Lebensordnung zu tun; denn so wie Ich gern jedem Menschen, der eines reinen Herzens ist, alle möglichen Gnaden aus den Himmeln erteile, ebenso aber habe ein jeder Übertreter der weisen Gesetze der wahren Lebensordnung auch Meine Zuchtrute zu befürchten.

05] »Bis jetzt waret ihr«, sagte Ich ferner zu den Jungen, »rein wie Meine Engel im Himmel, und das war auch der Grund, aus dem Ich Selbst euch aus den harten Banden der Sklaverei befreit habe. Bleibt aber auch in der Folge also rein, und Meine Engel werden mit euch wandeln und euch beschützen vor jeglichem Ungemach und werden euch führen und leiten auf den Wegen des Lebens, die in Meine Himmel führen! - Habt ihr, Meine lieben Kindlein, euch das nun wohl gemerkt?«

06] Sagten alle, und besonders die sieben ersten: »O Du lieber Vater und Herr, das haben wir uns nun gar wohl gemerkt und werden es auch ganz genau befolgen! Aber wie sehen denn Deine Engel aus, und wo sind Deine eigentlichen Himmel?«

07] Sagte Ich: »Seht, der scheinbare Jüngling, der euch bisher in Meinem Namen versorgt hat, ist einer Meiner ersten Engel! Er hat hier der Menschen wegen wohl auch einen Leib; aber den kann er auflösen, wann er will. Wenn er aber das tut, so stirbt er darum nicht, sondern lebt als ein purer Geist gleich Mir ewig fort und schafft und wirkt, wie aber dieser euch nun bezeichnete Engel voll Kraft und Macht als nur einer da ist, so gibt es deren in Meinen Himmeln noch zahllos viele.

08] Da ihr aber auch gefragt habt, wo sich irgend Meine Himmel befinden, so sage Ich euch: Meine Himmel befinden sich überall, wo es fromme, reine und gute Menschen und Geister gibt. Dieser ganze sichtbare Raum, der nirgends ein Ende hat, ist der Himmel ohne Ende und Anfang, aber nur für gute Menschen und Geister. Wo aber böse Menschen und Geister hausen, da ist dieser Raum kein Himmel, sondern die Hölle, welche da ist das Gericht und der ewige Tod, den in dieser Welt die Materie darstellt, die in sich auch ein Gericht und somit tot ist.

09] Wer daher nur nach den Schätzen dieser Welt giert, die pur Materie, Gericht, Hölle und Tod ist, der geht dadurch auch mit seiner Seele in den Tod. Es halten sich alle bösen Geister denn auch zumeist in der Materie dieser Erde auf; die guten und reinen Geister aber bewohnen für beständig nur die reinen Lichträume des freien Ätherraumes.

10] Damit ihr, Meine lieben und reinen Kinderchen, euch aber davon auch eine bleibende Vorstellung machen könnet, so werde Ich euch nun auf einige Augenblicke die innere Geistessehe auftun, da ihr dazu ohnehin schon eine besondere Anlage habt, und ihr werdet da in Meine Himmel wie von dieser Erde weg schauen!«

11] Hier fragte noch ein Junger, sagend: »O Du lieber Vater und Herr, was ist denn die innere Geistessehe?«

12] Sagte Ich: »Seht, Kindlein, wenn ihr schlafet, so ist euer leibliches Auge geschlossen, und ihr schauet in euren hellen Träumen dennoch allerlei wundersame Gegenden, Menschen, Tiere und Bäume, Blumen, Gesträuche und Sterne und noch allerlei andere Dinge heller und reiner als die Dinge dieser Welt mit euren leiblichen Augen! Und seht, solches alles, was ihr in den Träumen schauet, ist geistig, und das schauet ihr mit eurer inneren Geistessehe, die aber im irdisch wachen Zustande geschlossen ist und bleibt, und die kein gewöhnlicher Mensch gleich dem Fleischesauge beliebig öffnen kann, - was von Mir aus also eingerichtet seinen höchst weisen Grund hat!

13] Ich aber kann, so Ich will, jedem Menschen auch die innere Sehe zu jeder Zeit auftun, und er kann dann Geistiges und Naturmäßiges zugleich schauen, und das will Ich nun auch euch tun, zu eurer tieferen Belehrung, die sich eurer Seele für bleibend einprägen soll. Und so will Ich, daß ihr schauen sollt Meine Himmel!«

14] Als Ich das ausgesprochen hatte, da ersahen auch schon alle eine zahllose Menge von Engeln um sich die sich mit ihnen gar freundlich besprachen und sie zum Guten aufmunterten. Zugleich aber ersahen sie auch, wie durch die Materie der Erde schauend, eine Menge häßlicher und unseliger Wesen, deren Sinnen und Trachten es war, sich noch immer tiefer in die Materie zu verscharren und zu begraben. Zugleich aber ersahen sie in den Ätherräumen auch gar herrliche Gegenden und hie und da gar sehr prachtvolle und wunderbar schöne Gebäude, worüber sie nicht genug erstaunen konnten. Im Geiste wurden sie in diesen Gegenden auch von den Engeln umhergeführt, die ihnen vieles zeigten und auch erklärten.

15] Nach einer Weile aber berief Ich alle wieder ins irdisch wache Leben und Schauen zurück und fragte sie, wie ihnen das Geschaute gefallen habe.

16] Da fehlten den Jungen die Worte, mit denen sie das hätten beschreiben können, was alles für wundervollste Herrlichkeiten sie da geschaut hatten; nur um das bat Mich besonders der weibliche Teil, daß Ich sie noch eine Zeitlang solche himmlischen Schönheiten möge schauen lassen.

17] Aber Ich sagte zu ihnen: »Solange ihr noch in dieser Welt zu leben habt - der Willensfreiheit wegen, damit ihr dereinst freie und selbständige Geister werden könnt -, ist das, was ihr nun geschaut habt, völlig hinreichend; denn es wird das einen großen Eifer in euch erwecken, nach Meiner Lehre und nach Meinen Geboten zu leben und zu handeln.

18] So ihr in der Erfüllung Meines Willens schon ganz vollkommen sein werdet, da werdet ihr auch noch in diesem Leben zu der Eigenschaft gelangen, eure innere Geistessehe wie auch euer inneres Geistesohr völlig in eurer Gewalt zu haben.

19] Worin aber Meine Lehre und Mein Wille an die Menschen dieser Erde besteht, davon habt ihr schon etwas vernommen und werdet dann erst in Rom von dem Römer alles Weitere überkommen. Wenn ihr aber in allem wohl unterrichtet sein werdet, dann könnt auch ihr davon solche unterrichten, die euch danach fragen werden, welchen Glauben ihr habt und welcher Lehre ihr lebet, und warum.

20] Und nun aber könnt ihr euch bald aufmachen und euch von Meinem Engel hinab in den Ort, und zwar in die Herberge, führen lassen! Dort könnt ihr euch dann von dem wohl unterhalten, was ihr nun alles gehört und gesehen habt, und Mein Engel wird euch so manches erklären, was ihr mit eurem Verstande noch nicht habt begreifen können!«

21] Hierauf dankten Mir alle wieder, und Ich begab Mich wieder zu der alten Gesellschaft im Vordergrunde des Hügels.

22] Als Ich da ankam, fragte Mich Lazarus, was die Jugend im Hintergrunde des Hügels noch mache, und ob sie nicht etwa gleich von da nach dem Ölberge zu führen wäre.

23] Sagte Ich: »Mein lieber Freund. Ich habe schon für alles gesorgt und den Jungen Meine Weisungen gegeben, und somit habe Ich dich deiner Sorge enthoben! Denn obschon gute Menschen für ihre Nebenmenschen auch gar wohl sorgen, so sorge Ich aber schon lange zuvor; und würde Ich nicht versorgen, da ginge alle Welt bald aus den Fugen. - Aber nun lassen wir alles das; denn es wird nun gleich etwas anderes auftauchen!«



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