Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 96. Kapitel: Raphael entlarvt die Magier.

01] Hier waren die Zauberer gleich entrockt, und es fielen eine Menge Artikel aus ihren vielen Säcken (Taschen), auch mehrere tote und lebendige Vögel und verdorrte und frische Blumensträuße.

02] Raphael zeigte den Römern im Augenblick, wie die indischen Magier ihre Wunder gewirkt hatten, was die Römer auch gleich einsahen, und sagte: »Und für solch einen elenden Betrug wolltet ihr diese Menschen noch belohnen?!«

03] Da zogen sich die Römer zurück, und die Magier sagten: »Ja, junger schönster Freund, besser verstehen wir es nicht!«

04] Und Raphael sagte: »So arbeitet daheim und verdienet euch euer Brot auf eine ehrliche Art und Weise, aber nicht durch einen so schmählichen Betrug!«

05] Hier wollten die Magier gehen, aber der Engel sagte: »Ihr werdet gehen, aber erst dann, wenn es euch von uns aus gestattet wird, für jetzt aber werde ich mit euch noch so manches verhandeln. Zieht eure Röcke wieder an, und dann werden wir weiterreden!«

06] Hierauf griffen die ganz verblüfften Magier nach ihren am Boden herumliegenden Röcken und zogen dieselben wieder an.

07] Und der Hauptmagier sagte zu Raphael: »Aber wie kannst du, allerholdester Junge, uns für nichts und wieder nichts hier vor einer so ehrenwertesten Gesellschaft gar so außerordentlich beschämen?! Denn wir verlangten für diese drei Stücke ja ohnehin nichts und hätten nur eine freiwillige Spende mit Dank angenommen. Wir können ja auch noch viel mehr als diese drei Stücke allein!«

08] Sagte Raphael: »Was ihr könnet, weiß ich nur zu gut! Alles ist auf einen feinen Betrug abgesehen, für den ihr euch noch obendrauf bezahlen laßt, und ihr nennet euch weltberühmt, weil ihr die feinsten Betrüger seid. Ihr habt aber meines Wissens doch selbst ein Gesetz, durch das Luge und Betrug mit scharfen Strafen belegt sind. Und dennoch lebet ihr nur von dem feinsten und schlechtesten Betrug, weil ihr als Betrüger noch geachtet und hoch belohnt werdet, während ein anderer Betrüger, so er entdeckt wird, der gerechten Strafe nicht entgeht, und weil ihr die Seelen der Menschen verderbet. Denn ihr leistet für das Auge des in eure Betrugsgeheimnisse nicht eingeweihten Menschen Wunder, weil ihr vorher durch eure Reden auf eine pomphafte Weise vor den Menschen ankündiget, daß ihr durch die Macht eures Stabes, Wortes und Willens Wunder wirken werdet.

09] Was ist aber solch ein Wunder anderes als ein schmählicher Betrug, der schlechter und ärger ist als ein anderer, und das darum, weil ein anderer gemeiner Betrug den Betrüger vor den ehrlichen Menschen verächtlich macht und ihn vors Gericht der Welt setzt, während eure Betrügereien euch vor den blinden Menschen zu hohen Ehren bringen und ein göttliches Ansehen verschaffen. Und es hat mit euch schon Fälle gegeben, wo ihr euch den Menschen als höhere Gottwesen vorgestellt und vom Volke Opfer und Anbetung angenommen habt; ja man hat euch in eurem Lande sogar einen Tempel erbaut und euer Bild zur Verehrung und Anbetung darin aufgerichtet! Ich sage es aber, daß das ein Werk der Hölle und ihrer bösesten Geister ist und ihr darum mit solchen im wahren Bunde steht, nicht als hülfen sie euch eure Trugwunder verrichten, sondern darum, weil ihr das auf Erden tut, was sie in der Hölle tun; denn bei den Teufeln ist alles Lüge und Betrug.

10] Ihr habt eure argen Künste von den Priestern zwar erlernt, weil ihr selbst eurer schmählichen Priesterkaste angehört, und seid als ihre Apostel nun ausgezogen, um dadurch viele Menschen in eure Schlingen zu ziehen; aber hierher seid ihr vergeblich gekommen, und es wird euch hier euer böses Handwerk gelegt werden, wofür ich euch völlig gutstehe.

11] Ihr habt zwar gleich anfangs angegeben, daß ihr darum bis in den fernsten Westen zieht, um dort, als am Ende der Erde, den Untergang der Sonne, des Mondes und der Sterne in der nächsten Nähe zu beobachten und zu erforschen, und doch ist euch die Gestalt der Erde nicht fremd; denn es hat bei euch Menschen gegeben, die die Erde gar wohl erforscht haben und auch ganz gut wußten, was sie von der Sonne, vom Monde, von den Planeten und Sternen zu halten haben. Aber solches habt ihr dem Volke nie mitgeteilt, sondern ihr habt das Volk noch mit großen Strafen bedroht, so es je wagte, von den Gestirnen und von der Erde etwas anderes zu denken, zu reden und zu halten als nur das, was ihr ihm darüber allzeit vorgelogen habt. Und für solche eure schamlosen Lügen muß euch das arme Volk noch die größten Opfer bringen und sich von euch noch auf alle möglichen Arten allergrausamst quälen lassen.

12] Ist euch das noch nie in den Sinn gekommen, daß ein solches Handeln an euren Nebenmenschen ein höchstes Unrecht ist? Ihr verkündiget dem Volke wohl einen allerhöchsten Gott, und auch einen bösen, der mit dem höchsten, guten Gott in einem beständigen Kampfe stehe, doch ihr selbst habt noch nie an einen solchen Gott geglaubt, lasst euch aber doch als förmliche Gottessöhne vom Volke hoch verehren und anbeten! Was seid ihr denn nun da vor mir für Wesen? Ich sage es euch: Ihr seid um vieles ärger - denn die bösesten Tiere der Erde! Denn diese leben und tun danach, wie ihre innere Ordnung sie lehrt und zieht; aber ihr als mit aller Vernunft und klarem Verstande und mit einem vollkommen freien Willen begabte Wesen seid ärger gegen eure Mitmenschen, als da je die wildesten und reißendsten Tiere untereinander sind. - Wie gefällt euch das, und was sagt ihr nun dazu?«



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