Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 6, Kapitel 123


Vom rechten Gebet und Gottesdienst.

01] Sagte die Priesterin der Minerva: ”O Herr, zu fragen gäbe es eine Ewigkeit hindurch in einem fort; aber was nützte uns das, da wir Deine Antworten in unserem jetzigen Zustande ja doch nie fassen könnten! Aber sende Du uns nur ehestens Deinen verheißenen Geist, der uns in alle Wahrheit leiten wird, so sind wir schon mit allem dem mehr als vollends zufrieden, was uns bis jetzt von Dir zuteil geworden ist. Nur eines wäre da noch einer Erwähnung wert, und es wäre gut, daß wir auch in dieser Hinsicht aus Deinem Munde eine rechte Anweisung bekämen.

02] Siehe, wohl in allen Gotteslehren ist an die Menschen die ganz löbliche Anforderung gestellt, daß ein Gottwesen von uns Menschen anzubeten ist! Nun, für unsere falschen Götter haben wir eine ganze Legion von gutgeheißenen und auch nicht gutgeheißenen Gebeten gehabt. Die gutgeheißenen und somit auch wirksamen Gebete waren von den Priestern - natürlich höchsten Ranges - gemacht und durften auch nur von den Priestern während einer gewissen Zeremonie und nur zu einer bestimmten Zeit des Tages gebetet werden und gehörten zum mysteriösen sogenannten Götterdienst. Ein solches Gebet durfte der Laie und Ungeweihte bei strengster Strafe niemals selbst beten, sondern er mußte da zu einem Priester gehen und ihm ein bestimmtes und für alle Fälle fest taxiertes Opfer bringen, damit der Priester dann für ihn irgendein solches gutgeheißenes Gebet in einem Tempel mit der dazu bestimmten Zeremonie ganz monoton und völlig gedankenlos herabmurmelte. Die nicht gutgeheißenen und daher auch wirkungslosen Gebete aber durfte auch der Laie beten, aus dem alleinigen Grunde, damit er sich übe in der Beschauung der Götter und daraus die Wirkungen der gutgeheißenen heiligen Gebete der Priester kennenlerne.

03] Nun, daß derlei vor Deinen Augen und Ohren ein Greuel ist, das braucht mir niemand weiterhin zu erklären und zu beweisen; aber dessenungeachtet sollte der Mensch einen wahren Gott um so mehr in gewissen gewählten und gotteswürdigeren Worten anbeten und anrufen, als in welchen er mit seinen Nebenmenschen spricht und redet. Und in dieser Hinsicht möchten wir denn auch von Dir Selbst ein Wort zu unserer Richtschnur haben.“

04] Sagte Ich: ”Meine Jünger haben euch ja ohnehin a Mein sie gelehrtes Gebet gegeben, das ein jeder Mensch in seinem Herzen gleich wirkend beten kann; jedes andere b Gebet mit den Lippen ist vor Mir ein Greuel. (a mt.06,09-15; b mt.06,07; jes.01,15; 1 kön.18,26; sir.07,15)

05] Ich bin im Geiste von Ewigkeit her immer der völlig Gleiche, habe Mich nie verändert und werde Mich auch ewig nie verändern in Meinem Sein, Wirken und Wollen. Ich bin nun bei drei Tage lang bei euch und habe euch gelehrt, was ihr zu wissen, zu glauben und zu tun habt - ein jeglicher für sich -, um zu erlangen das ewige Leben der Seele. Habe Ich euch da von irgendwelchen Gebeten oder von irgendeinem wirksamen mysteriösen, Mir allein wohlgefälligen Gottesdienst etwas gesagt, oder von einem gewissen Feiertage, wie allenfalls von einem Sabbate der Juden, den sie einen Tag des Herrn Jehova nennen, und an dem die Priester den Menschen alle Arbeit verbieten, während sie selbst als Priester aber eben an dem Tage des Herrn die größten und schändlichsten Betrügereien verüben und dabei noch der gewissenlos argen Meinung sind, Gott damit einen guten Dienst zu erweisen? Nein, von allem dem habt ihr aus Meinem Munde nichts vernommen, und Ich sage es euch als vollwahr:

06] Hinweg mit allen (zeremoniellen) Gebeten, hinweg mit allen Feiertagen, da ein jeder Tag ein wahrer Tag des Herrn ist, und hinweg mit allem Priestertume! Denn ein jeder Mensch, der Gott erkennt und Ihn über alles liebt und Seinen Willen tut, ist ein wahrer und rechter Priester und ist dadurch auch ein rechter Lehrer, so er seinen Nebenmenschen eben diese Lehre gibt, die er von Mir empfangen hat.

07] Wer also Meinen Willen tut, spricht nun der Herr, der betet wahrhaft und a betet allzeit ohne Unterlaß; und ein jeder Tag, an dem ein Mensch seinem Nebenmenschen in Meinem Namen eine Wohltat erweist, ist ein rechter und Mir allein wohlgefälliger Tag des Herrn. (a 1 thess.05,17)

08] Wenn aber jemand a seinem Nächsten eine Wohltat erweist, so tue er das im stillen und mache darum nicht reden von sich und brüste sich nicht damit vor den Menschen! Denn wer das tut, der hat seinen geistigen Lohn bei Mir schon dahin genommen, daß er für seine edle Tat einen weltlichen Ruhm erhielt: dieser aber stärkt die Seele niemals, sondern verdirbt sie nur, weil er sie eitel und selbstgefällig macht. (a mt.06,01; mt.23,05)

09] Also ist es auch mit dem Bitten um irgendeine Gnade von Mir. Wer da durch seine Bitte etwas von Mir erhalten will, der a bitte ganz still in seinem von der Liebe zu Mir erfüllten Herzen, und es wird ihm gegeben, um was er gebeten hat, so es sich mit dem Lebensheile seiner Seele verträgt. (a mt.06,06; 2 kön.04,33; jl.ev01.027,12-15; jl.ev06.123,11; jl.ev10.032,05*; jl.ev10.102,18-19; jl.ev06.123,09-10; jl.ev09.209,06)

10] Desgleichen können sich auch a ganz im stillen zwei, drei oder auch mehrere vereinen und für sich und die ganze Gemeinde bitten - aber nicht also, daß es gleichfort erfahre die Gemeinde -, und Ich werde solche Bitten sicher erhören. Aber so da gingen etwa zwei, drei oder auch mehrere und würden es der Gemeinde verlautbaren, daß sie das an diesem oder jenem Tage oder in dieser und jener Tageszeit tun werden, auf daß sie dann die Gemeinde ansähe und lobte, ja am Ende gar ein solch frommes Bittwerk bezahlte, - wahrlich, da wird solch ein Gebet niemals erhört werden und somit auch der Gemeinde wie denen, die da gebetet haben, nichts nützen! Denn alles das und derlei haben auch die Heiden getan, und tun es noch, daß sie bei großen Gefahren in großen Scharen von einem Götzentempel zum andern zogen, dabei allerlei dümmstes Schnitzwerk, Fahnen, Gefäße und noch eine Menge anderer Sachen trugen und ein großes Geheul machten, in die Hörner stießen, gewaltig die Zimbeln schlugen und mit den Schilden klirrten. Sie veranstalteten auch weite Wallfahrten zu den außerordentlichen und besonderen Götzengnadenbildern, und so sie dort ankamen, verrichteten sie allerlei dümmstes Bußwerk und spendeten dem Götzen große und oft ganz ansehnliche Opfer; damit war freilich den Götzenpriestern sehr geholfen, nur den dummen Wallfahrern niemals. Also derartige allgemeine Gebete und Bitten werden von Mir aus niemals erhört! (a mt.06,05; mt.23,07; jl.ev06.123,10-11: jl.ev04.001,14-15; jl.ev09.209,01-04; jl.ev09.209,06*; jl.ev10.032,04-05*)

11] Wer also bei Mir eine gute Bitte erhört haben will, der a wallfahrte in sein Herz und trage Mir also ganz im stillen seine Bitte mit ganz natürlichen und ungeschmückten Worten vor, und Ich werde ihn erhören. Aber Ich sage euch noch hinzu, daß Mir dabei ja niemand mit irgendeiner fromm aussehenden Gebärde und Miene kommt! Denn wo bei einer Bitte an Mich die gewissen b heuchlerisch frommen Gesichterdrückereien vorkommen werden, da wird auch keine Bitte erhört werden; denn wer Mir nicht kommen wird so natürlich, wie er ist, und nicht bitten wird im rechten Geiste der vollsten Wahrheit, der wird nicht erhört werden, sondern nur der, der Mich wahrhaft liebt, Meinen Willen tut und zu Mir ganz ohne allen Prunk und Zwang kommt, wie er ist, der wird von Mir aber auch allzeit erhört werden. (a mt.06,06; 2 kön.04,33; joh.04,23-24; jl.ev01.027,12-15; jl.ev06.123,11; jl.ev10.032,05*; jl.ev10.102,18-19; jl.ev06.123,09-10; jl.ev09.209,06; b mt.06,05; mt.23,07; jl.ev04.001,14-15; jl.ev06.123,10-11; jl.ev09.209,01-04; jl.ev09.209,06*)

12] Also ist es auch eine alte Sitte, sogar bei den Juden, daß die blinden und dummen Menschen bei ihren Bitten und Gebeten auch eigene (besondere), mehr feine und bessere Kleider anziehen, weil sie meinen, daß der Mensch zur sogenannten größeren Ehre Gottes nicht genug tun könne. Aber das bedenkt so ein Narr nicht, daß es gar viele Arme gibt, die kaum zur größten Notdurft ihres Leibes Blöße bedecken können. Wie muß es dem Armen zumute sein, so er den Reichen also geschmückt in einem Bethause ersieht und sieht, welch eine Ehre dieser Gott gibt, während der Arme das nicht tun kann und sich dabei denken muß, daß er mit seinem Gebete in seinen Lumpen seinen Gott nur beleidigen muß!

13] Wahrlich sage Ich euch: Wer immer mit gewissen besseren Kleidern angetan Mich um etwas bitten wird, der wird auch niemals erhört werden - und noch weniger irgendein Priester in seinen dummen, verbrämten Zaubermänteln und Röcken!

14] Also gibt es auch eine alte Unart bei den Gebeten zu Gott, daß man nur irgendeine gewisse fremde Sprache dafür gebraucht und hält diese für die Verehrung Gottes am würdigsten. Wo solch ein Unsinn je in der Folge bestehen wird, da wird die Bitte auch niemals erhört werden.

15] Der Mensch schmücke vor Mir sich allein nur im Herzen und rede die Sprache, die die seine ist, und rede die Mir wohlverständliche Sprache seines Herzens, und Ich werde seine Bitte erhören!

16] Ich will, daß da alle die alten Narrheiten ganz abkommen und die Menschen ganz neue, wahrhaftige, reine Menschen werden sollen. Und wo sie also sein werden, da werde Ich auch stets mitten unter ihnen sein; aber die blinden Weltnarren sollen fortan gezüchtigt werden durch das, daß ihre Bitten nicht erhört werden!

17] Gott hat den Menschen erschaffen ohne Kleid und erschuf ihn nach Seinem Ebenmaße, und Gott gefiel also die Gestalt des Menschen, weil sie Sein Ebenmaß war. Gott aber zeigte dem Menschen auch, sich ein Gewand zu machen, damit er vor Kälte schützen konnte seine Haut; aber darum lehrte Gott die ersten Menschen nicht, sich Kleider zu machen, daß sie dieselben als eine hoffärtige Zierde ihrer Glieder tragen sollen. Und noch weniger lehrte Gott den Menschen, sich darum ein verbrämtes Kleid zu machen, daß er allein nur im selben Gott würdig anbeten solle.

18] Darum kleidet euch zwar nun nach eurem Stande, aber einfach, und legt auf den Rock und Mantel keinen andern Wert als allein den, daß er bedecke den Leib; was darüber ist, das ist schon vom Übel und trägt keine guten Früchte.

19] Und so wisst ihr nun auch in dieser Hinsicht, was da zu tun ist, und Ich meine nun - da es schon nahe um die Mitte der Nacht geworden ist -, daß wir uns zur Ruhe begeben könnten!“



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 6  |   Werke Lorbers