Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 268


Jesus heilt den von einer Giftschlange Gebissenen. Ein Weinwunder.

01] Als wir aber vor dem Hause des verunglückten Nachbars waren, da kamen dessen Weib und Kinder heraus und baten uns um Hilfe.

02] Ich aber sagte: ”Geht nur hinein zu ihm; denn Ich habe ihm schon geholfen!“

03] Da eilten Weib und Kinder hinein zum Hausvater, der ihnen schon ganz gesund entgegenkam. Er hatte zuvor barfuß einen Weg durch ein Gebüsch gemacht und ward von einer bösen Natter gebissen, schwoll bald sehr auf und stand in Lebensgefahr. Ich aber kam und heilte ihn.

04] Als er aber herauskam, um Mir zu danken, da sagte Ich: ”Ein anderes Mal spare nicht deine Schuhe, so du in einem Gebüsche etwas zu tun hast! Aber es soll von nun an keine solche Natter diese Gegend bekriechen! Amen.“

05] Darauf gingen wir nach Hause, wo das Mittagsmahl samt den Jüngern unser harrte. Das Mittagsmahl war diesmal sehr reichlich bestellt, nur mit dem Weine sah es etwas spärlich aus; darum fragte Mich der Wirt, ob er wieder den Waldbeerensaft aufsetzen solle.

06] Ich aber sagte zu ihm: ”Tue auch heute wie gestern abend, und wir werden auch am Weine keinen Mangel haben!“

07] Da ließ er die etlichen großen Krüge mit Wasser füllen und Ich wollte, - und es ward Wein.

08] Da aber diesmal auch einige Nachbarn zum Tische des Barnabe geladen waren und mit uns das Mittagsmahl einnahmen, so bemerkte ein Nachbar, sagend: ”Ich meine, es würde sich für solch seltene Gäste der Waldwein, der bei dir recht gut und kräftig ist, doch besser schicken denn das pure Wasser!“

09] Sagte der Wirt: ”Aber, liebe Nachbarn, das weiß ich so gut wie irgendeiner von euch; aber ich weiß es auch, daß ihr euch vom Morgen an bis jetzt mit den Jüngern besprochen habt, sicher auch dahin, wer dieser Meister aller Meister so ganz eigentlich ist, und daß Ihm nichts unmöglich ist! Und so dürftet ihr auch in Erfahrung gebracht haben, wie Er nicht nur gestern abend hier, sondern auch schon an mehreren anderen Orten in Galiläa das Wasser bloß durch Seinen Willenssegen in den allerbesten Wein verwandelt hat und dann die erstaunten Gäste allzeit den allerbesten Wein zu trinken bekamen. Mir wenigstens hat gestern geheim einer der Jünger anvertraut, wie solches ihr Herr und Meister schon gar oftmals bewerkstelligt hat, und ich weiß nun darum. Haben euch die Jünger davon nichts gemeldet?“

10] Sagte der um den Waldwein sich kümmernde Nachbar: ”Ja, davon haben die Jünger uns wohl mehreres erzählt; aber eben, weil wir nur zu gut wissen, wer dieser Herr und Meister ist, so getrauten wir als Sünder uns nicht, den Heiligen Jehovas darum anzugehen; aber wir sind jetzt auch schon vollkommen überzeugt, daß das hereingeschaffte Wasser in den - sage besten Wein verwandelt ist. Halte mir darum meine etwas zu vorlaute Sorge um den Waldwein diesmal zugute!“

11] Sagte der Wirt: ”Es ist ja schon alles wieder gut; esset und trinket nun nach eurem Hunger und Durste!“

12] Darauf aßen und tranken wir ganz wohlgemut, und es ward bei dieser Mahlzeit viel von verschiedenen guten Dingen gesprochen, so wie solches bei ähnlichen Gelegenheiten auch anderorts der Fall war.

13] Als wir aber so bei zwei Stunden lang am Tische saßen, da kam ein etwas entfernter Nachbar, der von Meiner Anwesenheit noch nichts erfahren hatte, mit einer ganz verzweifelten Miene in des Vorstehers Haus und sagte: ”Barnabe, Barnabe, wir sind so gut wie verloren! Wie das geschehen ist, weiß ich nicht; aber es ist tatsächlich wahr: Unser einziger und notwendigster Weg nach Nahim ist nicht mehr! Man kommt zu einer Art gemauerter Brüstung; über die sieht man in eine große Tiefe, daß einem davor schaudert! Da hinabzukommen ist nur einem Vogel, aber keinem Menschen mehr möglich! Einen andern Abweg aber kenne ich nicht, da dieses Gebirge nach allen Richtungen hin nichts als nur höchst steile Felswände hat. Was tun wir nun, so wir irgend des Salzes benötigen? Mein Vorrat ist zu Ende, und der eurige wird es werden; was nachher? Wer muß uns das angetan haben?“

14] Sagte der Wirt: ”Sei darob nicht ängstlich! Wenn du auch bis jetzt noch keinen bessern Abweg gefunden hast, so gibt es aber dennoch andere Menschen hier, die einen viel bequemeren Abweg kennen, und den werden wir in der Zukunft auch wandeln. Denn du siehst hier fremde Gäste bei mir; das sind gar wunderbare Menschen, diese wissen schon um den bessern Weg und werden ihn uns zeigen. Wir werden ihn aber von nun an eben nicht zu oft zu bereisen haben, da uns der Meister, dieser große Meister aller Meister der Welt, auch in diesem unserem Gebirge ein noch besseres Salz zeigen wird, als das zu Nahim ist. Jetzt aber setze dich her und iß und trinke mit uns!“

15] Der Nachbar ließ sich das nicht zweimal sagen, setzte sich alsbald an den Tisch und aß und trank mit uns und konnte sich über die Güte des Weines nicht genug verwundern; er fragte den Wirt, wo er den Wein herbezogen hätte.

16] Der Wirt aber sagte: ”Da sieh hin! Der Meister der Meister, der da mit uns am Tische sitzt, und der, wie du siehst, auch meine Tochter Elisa bloß durch Sein allmächtiges Wort also in einem Augenblicke geheilt hat, wie du sie hier an meiner Seite sitzen siehst, hat für uns auch diesen nun herrlichsten Wein aus Wasser geschaffen und wird auf dieselbe Art und Weise sicher auch dafür sorgen, daß wir ein eigenes Salz haben werden. Sage nun, ob du des noch ängstlich bist, weil eben dieser wahre Herr und Meister pur durch Sein allmächtiges Wort uns den stets sehr gefährlichen Abweg für alle Zeiten verrammt hat und dafür eröffnet einen verborgenen und bequemen, auf welchem wir auch unsere nötigen Haustiere ganz gefahrlos werden auf- und abtreiben können! - Bist du damit einverstanden?“

17] Sagte der ferne Nachbar: ”Ja, wenn so, wie ich's nun nicht im geringsten bezweifle, dann ist es freilich sehr gut für uns; denn ich war schon seit langher in einer großen Angst darum, daß die Nahimer uns am Ende doch einmal auswittern und an die Römer oder Jerusalemer Juden verraten dürften, was uns durchaus nicht zum Glücke gereichen würde. So aber können wir noch lange die Segnungen dieses seltenen Hochtales genießen, ohne davon den schnöden Weltprassern einen Tribut entrichten zu müssen. Aber nun möchte ich denn doch etwas Näheres über diesen außerordentlichen Wundertäter erfahren! Seid so gut und sagt mir etwas!“

18] Sagte der Wirt: ”Laß du das nun nur noch gut sein! Dieser göttliche Meister wird mit Seinen Jüngern noch eine längere Zeit in unserer Mitte verharren, und da wird sich schon noch eine gute Zeit finden, in der du mit Ihm eine nähere Bekanntschaft wirst machen können!“



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 5  |   Werke Lorbers