Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 143


Jesu Rat an Essäeroberst Roklus.

01] Mit dem begibt sich nun Roklus noch einmal eiligst zu Mir hin und bringt sein bekanntlich etwas mißliches Anliegen bei Mir ganz offen an.

02] Und Ich sage zu ihm: ”Nun, nun, wie Ich sehe, so fängst du schon so ein wenig an einzusehen, wie was immer für ein Betrug früher oder später einem Menschen auf jeden Fall gewisse Verlegenheiten bereiten muß! Darum sage Ich euch: Nur die vollste Wahrheit um jeden Preis; denn diese währt am längsten und bereitet niemandem je irgendeine besondere Verlegenheit!

03] Es kann schon sein und ist es auch, daß von solchen Menschen, die nur vom Betruge ihr Leben und Ansehen fristen, die Wahrheit sehr gehaßt und gefürchtet und darum auch verfolgt wird mit Feuer und Schwert! Aber was nützt den Verfolgern aller solcher Wahrheit ihr böser Eifer?! Nur zu bald bricht sich die Wahrheit Bahn, und ihre Feinde liegen beschämt und von jedermann verachtet und gemieden im Pfuhle, aus dem es schwerlich eine Auferstehung zu gewärtigen geben wird! Nun, deine Sache ist ein wenig dumm und läßt sich so leicht nicht also beilegen, daß dir dabei ein Weltexamen ganz erspart werden könnte! Aber es gibt schon dennoch ein Mittel, dieses mit den notwendigen Ehren zu bestehen.

04] Ihr habt dem Volke weisgemacht, daß euch die Götter die Gewalt gegeben haben, die Sonnen- und Mondfinsternisse zu beherrschen. Nun aber sagt dem Volke, daß die Götter aufgehört haben zu sein und zu regieren, und daß der eine, wahre, große Gott, dem alle Heiden unter dem Namen 'Dem unbekannten großen Gott' auch einen Tempel erbaut haben, nun Selbst in diese Welt, sogar körperlich, gekommen ist und euch solch eine Macht genommen habe und werde fürderhin alles Selbst beherrschen und lenken und niemandem mehr die Leitung der Welt- und Himmelskörper anvertrauen!

05] Auf das werden die Menschen freilich große Augen machen, und es werden welche meinen, daß ihr so ein Amt schlecht gepflegt und euch versündigt habt. Wieder andere werden meinen, zu wenig geopfert zu haben. Noch andere, ein wenig heller Denkende, werden sagen: "Die geben ganz leicht ein Amt dem großen, unbekannten Gott zurück; denn sie haben sich dasselbe nur eigenmächtig angemaßt, um dadurch desto leichter das blinde Volk im Zaume zu halten, - und die Götter, die ihnen solche Macht eingeräumt haben sollen, waren die Machthaber Roms! Nun ist aber sicher ein Wahrhaftiger irgend heimlich aufgetreten, der sie bedroht hat, und so legen sie nun leicht ein Götteramt in den Schoß des großen, allein wahren Gottes zurück, das sie als von Gott ihnen anvertraut der Wahrheit nach nie besessen haben. Da sie nun aber schon so ehrlich sind und solches offen bekennen, so ist zu erwarten, daß sie noch mehreres offen bekennen werden, was sehr gut sein wird, da wir dadurch hinter manche Wahrheit gelangen werden. Der Wind, der sie dazu getrieben hat, muß offenbar ein guter Wind sein!" Also werden die Helleren denken und sich dabei heimlich in die Faust lachen.

06] Die Pharisäer werden auch ganz geheim jubeln und dem Volke sagen: "Seht, das muß Jehova Selbst diesen ärgerlichsten Heiden durch einen mächtigen Propheten angetan haben; der hat sie genötigt, an sich selbst den Völkern gegenüber Verräter zu werden!"

07] Aber dann sagt ihr: "Da haben die Pharisäer auch einmal die Wahrheit gesprochen! Dieser mächtige Prophet aber ist kein anderer als der ihnen schon recht wohl bekannte Prophet aus Nazareth! Jesus ist Sein Name, und Er ist irdischermaßen ein Sohn des vielbekannten Zimmermanns Joseph - der aber nur sein Nährvater war -, geboren aus der Maria, der ebenfalls weit und breit bekannten Jungfrau aus dem Hause Joachim und Anna in Jerusalem!" Und es sei dies Derselbe, der zu Ostern dieses Jahres alle die schnöden Wechsler und Verkäufer aus dem Tempel mit Stricken in der Hand getrieben habe. Dieser Prophet sei aber offenbar mehr als ein Prophet! Johannes, der ihnen allen bekannte Täufer in der Wüste, habe von Ihm ein rechtes Zeugnis abgelegt, das ihnen auch sehr bekannt sein werde.

08] Und dieser Gesandte Gottes habe euch zwar die euch selbst angemaßte Macht über Sonne, Mond und Sterne abgenommen, aber euch dafür mit einem viel wichtigeren und größeren Amte der Wahrheit nach betraut. Und dieses hohe Amt bestehe darin, daß ihr nun den Völkern allen Ernstes und aller Wahrheit nach verkünden sollt und sagen, daß nun das Reich Gottes nahe herbeigekommen ist und daß alle, die an den Namen Jesus glauben werden, das wahre, ewige Leben haben sollen!

09] Wenn ihr also reden werdet, dann werdet ihr den Pharisäern, die bis jetzt freilich eure größten Feinde waren, ganz gehörig den Mund stopfen, und sie werden es weislich vermeiden, über eure eingegangene Macht über die Sonnen- und Mondfinsternisse auch nur ein Wort mehr zu verlieren, und das um so mehr, da sie wohl wissen werden, daß ihr gleichfort unter dem Schutze Roms steht!

10] Nun habe Ich dir dies hoffentlich klar zur Genüge auseinandergesetzt, und du wirst es auch einsehen, daß du darauf nichts Weiteres mehr zu befürchten haben wirst! Da du aber nun den Rat und die Einsicht hast, so gehe nun hin und verkünde das auch deinen Freunden und Gefährten! - Oder hast du etwa noch etwas im Hintergrunde, das dich noch drückt?“

11] Sagt Roklus: ”Nein, Herr und Meister von Ewigkeit, nun drückt mich nichts mehr, und mein Herz ist voll Freudigkeit! Denn nun bin ich mit meinem Institute ganz geborgen, und die Schwarzröcke sollen sich freuen über das Wetter, das wir ihnen machen werden!“

12] Sage Ich: ”Ganz gut; aber gehe nun hin und verkünde das deinen Freunden und Brüdern, damit auch sie deiner Freude teilhaftig werden! Aber es wird euch allen dennoch viele Mühe und Arbeit kosten, dessen ihr vollauf versichert sein könnt. Aber wo es keinen Kampf gibt, da gibt es auch keinen Sieg, und wo keinen Sieg, da auch keine Siegesfreude, die alle Menschen als die höchste preisen! Darum vor allem Mut und Ausharrung, und der Sieg wird nicht unterm Wege steckenbleiben! Dafür stehe Ich als doch gewissest der glaubwürdigste Zeuge und der allersicherste Bürge! - Oder bedünkt dir das nicht als genügend?“

13] Sagt Roklus: ”Wem, der Dich, o Herr, wie ich kennt, sollte das nicht genügen?! Ich sage Dir hier nichts als meinen allerinnigsten Dank und gehe nun sogleich zu meinen Gefährten und werde ihnen auch dieses wahrhaftigste Evangelium hinterbringen.“

14] Mit dem verneigt er sich und eilt fröhlichst zu seinen Gefährten, die unterdessen die Neugierde über die gute oder schlimme Art des Bescheides schon sehr zu quälen angefangen hat.



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