Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 204


Raphael erklärt die Sternbilder auf der vierten Perle.

01] Der Engel nimmt sie ganz behutsam in die Hand und entkrustet sie.

02] Hier fragt der Anführer den Engel und sagt: ”O Wunderjunge, du dienstbarer Finger des Allerhöchsten, sei nicht ungehalten, so ich dich mit einer Zwischenfrage belästige! Siehe, mich drückt bei deiner sonstigen Wundermacht der Hammer! Ist er dir absolut notwendig, oder bedienest du dich dessen bloß nur, um dich uns in einer größeren Natürlichkeit zu zeigen, auf dass wir dir etwa furchtloser und ruhiger zusehen und zuhören mögen!“

03] Sagt der Engel: ”Keines von beiden, - sondern das tue ich bloß darum nur, um euch zu zeigen, wie ihr bei ähnlichen Vorkommnissen mit solchen Steinen zu verfahren haben sollt, um sie zu enthüllen, so ihr irgend wieder welche vorfinden dürftet! Denn besonders in Ober- und Mittelägypten finden sich eine große Menge solcher inkrustierter Steine vor, und zwar in die Wüsten hin höchst verstreut; freilich werden solcher Perlen wenige mehr darunter sein. Aber auch die andern Steine sind mit allerlei Zeichen, Schriften und Abbildungen versehen; denn die alten Ägypter hatten noch lange kein Papier zum Schreiben. Darum wurden Steinflächen benutzt, um gar anfangs mit beinernen und später mit ehernen Griffeln allerlei zum Gedächtnisse einzugraben.

04] Die urersten Aufzeichnungen haben freilich wohl wenig anderes aufzuweisen als die ganz einfachen Begebenheiten ihrer Herden; aber die späteren enthalten dann schon, so wie diese Perlen, große und bedeutungsvolle Begebenheiten, nicht nur für dieses große Land und Volk, sondern gleich für die ganze Erde. Denn der Herr wollte es, dass dieses Land eine ganz tüchtige Vorschule für Seine Darniederkunft sei, darum Er denn auch Sein innigst erwähltes Volk, die Hebraemiten in eine lange anhaltende Schule nach Ägypten gesandt hat. Und Moses, der große Prophet des Herrn, hatte im Horn des Kahi (Kahiro), in Theben (Thebai, auch Thebsai, = Narren-Haus, später freilich eine große, volkreiche Stadt), in Kar nag zu Korak und in den ältesten Städten Memphis, Diathira (Dia daira = Ort des Frondienstes) und zu Elephantine (EL ei fanti = die Nachkommen der Kinder Gottes) seine Schulen durchgemacht und ward vom Geiste Gottes zu einer höchsten Weihe erst in einem Alter von siebenundfünfzig Jahren zum Madan über den Sues, als flüchtig vor einem grausamen Varion (Pharao), geführt, von wo aus ihr seine spätere Geschichte in der Schrift lesen könnt.

05] Kurz, Ägypten war also von Gott aus zu einer Vorschule bestimmt, und die Bewohner dieses ältest bewohnten Landes der Erde waren schon vor ururalters mit vieler Weisheit begabt und trieben auch Handel und Wandel mit nahezu allen besseren Völkern der Erde. Ihr werdet es nun auch begreifen, wie und warum eben in diesem Lande alles, was da vorgefunden wird, eine oft sehr tiefgreifende Bedeutung hat.

06] Und nun zu unserer enthüllten vierten Perle!

07] Da erschauen wir mehrere Abgebilde von Jägern mit Köcher, Bogen und Pfeil und eine große Herde, die von Löwen umgeben ist. Dies bedeutet einen großen Kampf der Ägypter mit den Löwen, die zu Zeiten in großer Anzahl die fetten Herden Ägyptens heimsuchten.

08] Und seht, mehr rechts von dieser Szene erseht ihr die Triften schon mit Mauern umfangen, und auf ihnen liegen Stierköpfe, mit den Hörnern bald auf-, bald ab- und bald seitwärts gewendet, was alles darauf hindeutet, dass die Herden vor den gewaltigen Einfriedungen der großen Weidetriften stets in großer Gefahr ganz wehrlos sich befunden haben. In den Ecken der Mauern erseht ihr auch einen großen Hund, wie zum Kampfe bereit, bald stehen, bald liegen; sein Name, den diesem wachsamen Tiere die alten Ägypter gaben, heißt Pas, auch Pastshier Hüter der Weide).

09] Hier, noch weiter rechts, erseht ihr wieder den Hirtenkönig Shivinz (Sphinx), an seiner Seite einen riesenhaft großen Hund, und vor dem Hunde mehrere Stücke von dem Löwen. Noch mehr rechts aber, mehr in der Höhe, ersehen wir denselben Hund, unter ihm das Bild der Sonne und des Mondes. Was besagt das?

10] Hört! Unser Shivinz hatte als ein König der Hirten im Ernste einen der größten Hunde, vor dem kein Löwe und kein Panther seines Lebens sicher war. Dieser Hund hütete lange Zeit die Herden des Shivinz. Als aber mit der Weile der Hund durch sein Alter umstand (verendete), bestimmte Shivinz, aus Achtung und zum Andenken, sich dieses Tier mit einem Sternenbilde am südlichen Himmel allzeit zu versinnbildlichen. Er benannte das Sternbild mit dem bestimmenden Namen des großen Hundes, der jahrelang des Königs Herde treu gehütet hatte. dass der König seinen Hund unter die Sterne versetzte, ist daraus ersichtlich, dass unter des Hundes Bauche Sonne und Mond ersichtlich werden. Alles, wo unterhalb Sonne und Mond ersichtlich stehen, befindet sich unter den Sternen sinnbildlich zum Andenken an etwas von großer und gewichtiger Bedeutung.

11] Ein sehr großer und wachsamer Hund ist heutzutage - besonders hierzulande, wo es nahezu gar keine reißenden Tiere gibt - wohl nicht von irgendeiner besonderen Bedeutung; aber im alten Ägypten, wo es ganze Herden von reißenden Bestien gab und teilweise noch gibt, war ein großer, starker und mutiger Hund ein überaus großes Bedürfnis. Denn fürs erste war ein solcher Hund der treueste Hüter der Herden. Seine Erhaltung war eine ganz leichte, weil diese große Hunderasse sich gewöhnlich von den unzählbar vielen Erdmäusen, an denen dies Land noch nie einen Mangel gehabt hatte, nährte; auch fraßen sie die großen Heuschrecken in einem Tage zu Tausenden. Nur einmal des Tages bekamen sie etwas Milch, und das machte, dass sie der Herde getreu blieben.

12] Nebst den großen Hunden aber waren bei den alten Ägyptern auch eine Art kleinerer Hunde gut gelitten; ihr Name war Mal pas (kleiner Hund). Das waren die Lärmmacher; Poroshit heißt nach der alten Zunge 'Zeichen-' oder 'Lärmmacher'. Wenn etwas Fremdes sich einem Hause oder einer Herde nahte, so fingen die kleinen Hunde schon an zu bellen; das machte die großen aufmerksam, und diese fingen dann mit ihrem gewaltigen Gebelle an, die Gegend für die wilden Bestien mit Respekt zu erfüllen, worauf sich diese auch zurückzuziehen begannen.

13] Die kleinen Hunde waren vielfach auch Hüter der Hühner und der Brut, wozu sie eigens abgerichtet wurden. Das alles war eine Erfindung des Shivinz, der diese Vögel erst zu gar nützlichen Haustieren gemacht und den Ägyptern gezeigt hatte, wie gut ihr Fleisch und wie gar gut ihre gebratenen und gekochten Eier schmecken. So lehrte er die damals schon sehr großzählig gewordenen Einwohner dieses großen Landes neue Nährmittel und neue Herden kennen, deren Braten und Eier später nur gar zu gut schmeckten, - ansonst nicht späterhin einmal ein ordentlicher Hühnerkrieg ausgebrochen wäre, dessen sogar der griechische Geschichtsschreiber Herodot mythischer Weise erwähnt.

14] Unser Shivinz, der den großen Hund an den Himmel heftete, verschaffte auch dem kleinen eine Stelle unter den Sternen und gab ihm den Namen Porishion (Prozion). In seiner Nähe befindet sich die alte Kokla (Gluckhenne); später hat dies Sternbild auch den Namen Peleada, auch Peleadza, und unter einer falschen Sage der Griechen von den Griechen den Namen Pleaden erhalten.

15] Hier ganz zuoberst an der Perle seht ihr auch das ganz gut aufgezeichnet und könnt daraus erkennen, was unser Shivinz für ein heller Kopf war. Ihm war es nicht so sehr darum zu tun, um durch die leicht erkennbaren Sternbilder seine Hunde und Gluckhühner seinen Jüngern stets ins Gedächtnis zu rufen, sondern sie nach den Sternen den Gang der Zeit kennen zu lehren.

16] Der Shivinz war es auch, der zu Diadaira (Diathira) den ersten Zodiacus (Sa diazc = für die Arbeiter) errichtet hatte, ihn am Firmamente zuerst erfand und den Sternbildern nach den gleichzeitigen Erscheinungen und Landesvorkommnissen den Namen gab, wie wir solches sogleich an der enthüllten fünften Perle sehen werden!“



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