Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 129


Die Vorgänge beim Scheiden der Seele vom Körper.

01] Sage Ich: ”Die sollt ihr sogleich haben; und so hört denn! Der ersichtliche Dunst - in dem Maße (Form) (aber zertragen, doch in der Größe und beiläufigen Form eines Menschen (J.L.) eines Menschen doch immerhin ist eine Folge der großen Beklommenheit der Seele im Moment des Scheidens, in welchem sie vor lauter Furcht und Entsetzen auf einige Augenblicke ganz bewußtlos wird.

02] Es ist eine außerordentliche Tätigkeitsanstrengung der scheidenden Seele, sich zu erhalten in ihrer sich selbst bewußten Existenz. Alle ihre Teile werden in eine außerordentlich heftige Vibration gesetzt, dass darob auch das schärfste geistersehende Auge irgendeine bestimmte Form nicht entdecken kann.

03] Ein Beispiel in der Natur böte die tiefklingende Saite einer Harfe. Wenn du sie stark angeschlagen hast, so wird sie sich eine Zeitlang also schnell hin und her schwingen, dass du ihren Körper auch nur als einen durchsichtigen Dunstfaden sehen wirst; hat die Saite aufgehört mit dem Schwingen, dann wird infolge ihrer Ruhe auch ihre eigentliche Form wieder ersichtlich.

04] Eine gleiche Erscheinung hast du beim Anblick einer summenden Fliege, deren Flügel du erst dann als Flügel wahrnehmen kannst, wenn die Fliege zu fliegen und dadurch zu summen aufgehört hat; im fliegenden Zustand hast du sie nur wie mit einem kleinen Dunstwölkchen umgeben geschaut.

05] Wenn die Seele im Scheidemomente austritt aus dem zerstörten, zerrissenen und fürderhin nicht mehr brauchbaren Leibe, so vibriert sie in oft eine Spanne langen Schwingungen, und zwar so schnell, dass du tausend Schwingungen als hin und her und auf und ab in einem Augenblicke annehmen kannst; da ist es dann während der Dauer solcher Seelenvibration dem disponierten Beschauer rein unmöglich, nur irgend etwas von der seelischen Menschenform auszunehmen. Nach und nach beruhigt sich die Seele mehr und mehr und wird dadurch auch als menschliche Form ersichtlich; tritt sie aber endlich ganz in den Zustand der Ruhe zurück, die gleich nach der völligen Ablösung eintritt, so ist sie dann auch sogleich in der vollkommenen Menschenform zu erschauen, vorausgesetzt, dass sie sich zuvor durch allerlei Sünden nicht zu sehr entstellt hat. - Verstehst du nun solches?“

06] Sagt Mathael: ”O Herr, Du Allerweisester, wie sollte ich nun das nicht bestens verstehen? Du hast mir diese Erscheinung ja als mit den Händen zu greifen klargemacht! Aber nun möchte ich - Herr, vergib mir meine Wißbegier - denn auch noch dazu wissen, was für eine Zunge die fünf Seelen miteinander geredet haben! Ich selbst bin doch auch mehrerer Zungen fähig; aber demungeachtet verstand ich keine Silbe, was diese miteinander geredet haben. Besteht in dieser Welt noch irgendeine ähnliche Zunge?“

07] Sage Ich: ”O ja, die birmanischen Priester sind im Besitze dieser Zunge (d.h. Sanskrit), und es ist das die Ursprache der ersten Menschen dieser Erde gewesen; eure, die altägyptische, und mitunter auch die der Griechen, stammen alle von dieser einen und ersten Menschensprache nahe vollkommen ab. Meint ihr wohl, dass ihr verstündet den Vater Abraham, Isaak und Jakob, so sie hier wären und redeten also, wie sie dereinst geredet haben? O mitnichten, nicht ein Wort würdet ihr von ihnen verstehen! Versteht ihr doch schon die Bücher Mosis schwer, die doch nahe um tausend Jahre jünger sind denn Abraham, um wieviel weniger die Erzväter selbst! Ja, es hat sich bei den Juden gar vieles sehr verändert, also auch die Sprache, ohne eine zweite babylonische Sprachenverwirrung. Verstehest du nun auch das?“

08] Sagt Mathael: ”O Herr, auch darin bin ich nun im reinen; ich glaube, dass es auch die andern alle sind, und so möchte ich Dich im Namen aller wieder um weitere Belehrungen anflehen!“

09] Sage Ich: ”Diese werden nicht ausbleiben; aber du hast noch eine Menge Erfahrungen im Bereiche des Sterbens gemacht und mußt uns daher noch einige der denkwürdigsten deiner Brüder wegen erzählen. Was dir oder jemand anderem dabei unklar ist, das werde Ich euch dann schon wieder aufhellen.

10] Ich habe euch vorher das Werden gezeigt bis auf den Punkt des Überganges durch den Abfall der Materie. Der leibliche Tod ist noch immer der Schrecken aller Kreatur. Den Grund davon habe Ich euch auch in aller Kürze kundgegeben; derselbe wird aber bei Gelegenheit noch ausführlicher dargetan werden. - Aber nun mache du dich nur wieder an deine Erzählungen!“

11] Sagt Mathael: ”O Herr, nur auf Dein so überliebevolles Verlangen will ich noch mehrere Fälle also erzählen, wie ich sie mit meiner Seele Augen geschaut habe!“



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