Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 123


Die Zurechtweisung des Judas.

01] Sagt Judas Ischariot: ”Wenn es aber mit dem schon also steht, da muß ich mich ja doch entäußern; denn es hat der Herr ja doch den andern stets die Gelegenheit gegeben, sich ihrer Bosheit und Falschheit gänzlich zu entäußern. Haben die Fremden diese Begünstigung erhalten, warum soll sie denn gerade mir vorenthalten werden, der ich doch zu eurem Bunde gehöre und mit euch stets Freude und Leid geteilt habe?!“

02] Sagt endlich einmal Bartholomäus: ”Bei den Fremden war es ja ein ganz anderer Fall! In ihnen war zumeist nur wirklich schon von alters her begründetes Falsches. Sie konnten im Grunde nicht dafür, dass sie schlecht und böse waren; als sie aber das lichte Wort der ewigen Wahrheit vernahmen, da fing es an, in ihnen zu sieden und zu kochen, und sie fingen an, sich des alten Unflates zu entledigen, und wurden rein. Du aber stehst schon lange in aller Fülle des geistigen Wahrheitslichtes und hast für die vollste Echtheit desselben tausend der allerlebendigsten Beweise in Worten und allerlei Wundertaten! Aber das alles ficht dich nicht an; du möchtest am liebsten selbst Wunder wirken, um dir dadurch, gleich den Pharisäern im Tempel, möglichst viel Goldes und Silbers zu verdienen. Du brauchst für dich keinen Gott, außer einen solchen, der dir recht viel Geldes verschaffete, damit du dann auf der Erde ganz entsetzlich wohl leben und dich am Ende ohne alle Rücksicht auf die hier vernommenen Lebenswahrheiten aus Gott ordentlich zu Tode sündigen könntest!

03] Und bei solcher deiner inneren Denkungsweise ist's dann mit dem Sich-Entäußern deines Innern nichts, weil es dich nicht bessern und uns keine Mittel bieten kann, durch Worte oder Taten in dir ein neues Herz zu schaffen, ohne das du bleiben wirst, wie du bist.

04] Vermag aber des Herrn allmächtiges Wort dich nicht umzuwandeln, was soll unser menschliches Nachwort mit dir ausrichten?! Gehe du lieber auf deinen alten Platz zurück und störe uns fürder nicht mit deinem allernichtigsten Geplauder! - Ich habe ausgeredet!“

05] Auf diese sehr kräftige Zurechtweisung wollte Judas Ischariot zwar noch etwas sagen; aber Kornelius sagte zu ihm: ”Öffne du deinen Mund nur dann noch einmal, so du dazu von jemand aufgefordert wirst; sonst aber schweige und störe den Herrn nicht in Seinem Wirken! Willst du aber schon durchaus reden, da begib dich so hübsch tief in den nahen Wald und rede dort mit Bäumen und Gesträuchen; sie werden dir keine Widerrede bringen, die dich ärgern und am Ende gar ganz tief beleidigen könnte! Oder ziehe dich hinab ans Meer und rede dort mit den Fischen; diese werden dir auch alles gelten lassen! Denn von dem, was hier gesprochen wird, und was hier geschieht, verstehst du ohnehin soviel wie nichts; und deine mürrische Dummheit und deine aus ihr stets neu erwachte Selbst- und Habsucht stört uns in den für uns so notwendigen tieferen Betrachtungen der großen Lebenswahrheiten aus Gott dem Herrn über alles!“

06] Nach diesen Worten tritt Judas Ischariot ganz in den Hintergrund und redet kein Wort mehr; denn vor dem Kornelius hatte er einen großen Respekt, da er dessen Eifer und Sinn für Mich und Meine Lehre nur zu gut kannte.

07] Als aber mit dem das wieder beschwichtigt ward, sagte Ich zu allen: ”Wer da hat, dem wird immer noch mehreres gegeben werden; wer aber nicht hat, dem wird auch noch genommen, was er allenfalls hatte! (Matthäus.13,12)

08] Ihr habt euch nun selbst überzeugt, was die Welt- und Habsucht für arge Dinge sind; darum bewahrt eure Herzen allersorgfältigst davor! Denn ein habgieriges Herz fasst unmöglich etwas von den geistigen Dingen und kann auch nicht und nimmer völlig dahin und also mehr erhellet werden, dass es fasste, was zu seinem Heil gereicht.

09] Ihr alle habt nun schwere Dinge schon begriffen, obwohl ihr erst wenige Tage um Mich seid; jener Jünger aber ist nun schon nahe ein halbes Jahr um Mich und war Augen- und Ohrenzeuge von allen möglichen Wundern und Lehren, und dennoch fasst er die Wahrheit nicht! Der Grund davon liegt in seiner übergroßen Geldgier, und das deshalb, weil er sehr faul und träge ist.

10] Ein wahrhaft fleißiger Mensch erwirbt sich leicht täglich so viel, als er bedarf, und noch manches darüber, das ihm in seinen alten Tagen gut zustatten kommen wird; und hätte er sich auch nichts ersparen können, indem er gerne seinen Überschuß den Armen und Dürftigen gab, so wird für seine alten Tage dennoch gesorgt sein.

11] Aber ein fauler Mensch liebt das Nichtstun und will sich gut geschehen lassen auf Kosten seiner fleißigen Nebenmenschen; er wird darum ein Lügner, ein Betrüger, ein Dieb, um nur so viele Schätze zusammenzuraffen, dass er dann gleich einem Könige leben könnte.

12] Mit solcher Gier aber verfinstert er seine Seele derart, dass sie gar nichts von etwas rein Geistigem mehr begreifen kann; und wird sie auch vom höchsten und reinsten Geisteslichte beleuchtet, so verkehrt sie es alsbald in ihr selbstisches, gröbstmaterielles Wesen und ersieht und erkennt darum abermals nichts als nur Materielles.

13] Wie aber das Geistige sich in die Materie umwandelt, das habt ihr bei der Werdung dieser vor euch nun grasenden Eselin gesehen, und Ich brauche euch darum nicht weiter mehr etwas davon zu erklären. Denn wer aus euch das begriffen hat, der hat es gleich und leicht begriffen; wer es aber nicht gleich und leicht begriffen hat, der wird das auch noch lange nicht, und auf dieser Welt schon gar nie, völlig begreifen!

14] Darum fragt euch alle selbst, wie es da steht mit eurem Verständnisse! Wer es hat, der hat es; wer es aber nicht hat, der wird es auch noch lange nicht haben. In wem die Seele eine geistige ist, der kann das Geistige auch leicht fassen; in wem aber die Seele nach der Materie gieret, der kann dies höchst und reinst Geistige auch unmöglich begreifen!“



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