Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 178


Des Menschen Anlage und Bestimmung.

01] (Der Herr:) "Eben darum aber bin Ich ja Selbst auf diese, für die Zeugung Meiner wahren Kinder bestimmte Erde gekommen, um euch von den Banden der geschöpflichen Notwendigkeit zu befreien und euch den Weg zur wahren, selbständigen, ewigen Lebensfreiheit zu zeigen durch Wort und Tat und ihn zu bahnen und zu ebnen durch Mein euch allen vorangehendes Beispiel.

02] Nur auf diesem Wege allein wird es möglich sein, einzugehen in die nie ermeßbare Herrlichkeit Gottes, Meines und eures Vaters.

03] Denn als Mensch bin Ich Mensch, wie ihr Menschen seid; aber in Mir wohnt die Urfülle der göttlichen Herrlichkeit des Vaters, der in Sich pur Liebe ist. Und nicht Ich als euer Mitmensch rede nun das zu euch, sondern das Wort, das Ich zu euch rede, ist das Wort des Vaters, der in Mir ist, und den Ich wohl kenne, ihr Ihn aber nicht kennt; denn würdet ihr Ihn kennen, so wäre Meine Sendung eitel. Aber eben, weil ihr Ihn nicht kennt und noch nie erkannt habt, bin Ich Selbst gekommen, um Ihn euch zu zeigen und vollauf kennen zu lehren.

04] Das aber ist des Vaters Wille, dass alle, die an Mich, den Sohn des Menschen, glauben, dass Ich vom Vater ausgesandt bin, das ewige Leben und die Herrlichkeit des Vaters in sich haben sollen, um wahrhafte Kinder des Allerhöchsten zu werden und für ewig bleibend zu sein!

05] Um aber das zu werden, müssen in dieser Welt Himmel und Hölle unter einem Dache wohnen! Ohne Kampf gibt es keinen Sieg! Wo das Höchste zu erreichen möglich ist, muß dafür auch die höchste Tätigkeit in den vollsten Anspruch genommen sein; um ein Extrem zu erreichen, muß man sich von einem entgegengesetzten Extrem zuvor loswinden.

06] Wie aber könnte irgendein höchstes Extrem ohne ein niederstes auch nur denkbar sein?! Oder kann sich jemand aus euch Berge ohne dazwischenliegende Täler denken?! Werden die Höhen der Berge nicht nach der größten Niederung eines Tales bemessen?! Es muß also sehr tiefe Täler geben, und wer in des Tales Tiefe wohnt, muß mit viel Beschwerden kämpfend auf die Berge emporklimmen, um die freieste und weiteste Aussicht zu gewinnen. Wären aber keine Täler, so gäbe es auch keine Berge, und niemand könnte irgendeine Höhe mit einer nur ein wenig über die Gewöhnlichkeit hinausreichenden Fernsicht besteigen.

07] Das ist zwar nur ein materielles Gleichnisbild; aber es birgt dennoch das Ähnliche und Entsprechende der endlos großen geistigen Wirklichkeit in sich, - für den, der denken kann und will, wird es stets bedeutungsvoller sich gestalten.

08] In der Sphäre des inneren Lebens aber seid ihr berufen und erwählt, das Höchste zu erreichen, - also muß es ja auch ein Unterstes unter euch geben; und dazu habt ihr den vollkommenst freiesten Willen und die Kraft, das Unterste in euch selbst zu bekämpfen mit der euch von Gott aus für ewig ganz zu eigen verliehenen Kraft.

09] Siehst du, Mein lieber Freund Kornelius, also stehen die Sachen, Dinge und Lebensverhältnisse in dieser Welt, weil sie eben also stehen müssen! Und du wirst nun hoffentlich wohl kaum noch mit einer Frage darüber kommen!

10] Ich könnte dich im Geiste führen in einen andern Weltkörper, auf dem du alles in einer Vollendung antreffen würdest, gleichwie du die Machwerke der Tiere in einer unnachahmlichen Vollendung antriffst; aber wozu nützt ihnen diese stets gleich wiederkehrende Vollendung? Sie deckt nur ihr höchst kümmerliches und einförmiges Lebensbedürfnis; aber auch nur um ein Haarbreit darüber hinaus findest du nichts!

11] Können bei solchen Verhältnissen wohl Gotteskinder erzogen werden?!

12] Aber in euch Menschen liegt Unendliches, nur entwickelt ist es nicht; darum kann das Kind, wenn es in die Welt kommt, gar nichts und steht tief unter jeder Gattung eines neugeborenen Tieres.

13] Aber eben, weil es gar so nackt, so schwach und total unbehilflich und nahe über einen Meerespolypen bewußtlos dasteht als ein gänzlich leeres Gefäß, kann es bis zum höchsten göttlichen Bewußtsein emporklimmen und jeder Vollendung gewärtig werden!

14] Habt daher wohl acht auf alles, was Ich nun gesagt habe, und handelt danach, so werdet ihr auch unfehlbar das erreichen, wozu ihr alle berufen und erwählt seid für Zeit und Ewigkeit! - Sage Mir nun, du Freund Kornelius, wie du nun über diese Erde und ihre Menschen im Lichte und in der Finsternis bei dir selbst denkst!“



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