Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 44
Jesus sorgt für die Gefangenen. 01] Suetal ist ganz stumm vor Verwunderung und fragt den Julius, sagend: Herr, es ist unbegreiflich, von wannen diesem Menschen die Weisheit gekommen ist! Ich kenne ihn doch recht gut vom Tempel aus, allwo er nichts weniger als von irgendeiner Weisheit etwas hat merken lassen! Als wir mit ihm von Genezareth auf einem Schiffe hierhergebracht worden sind, war er von der bösesten Raserei ergriffen und hatte durchgängig kein menschliches Aussehen. Nun sind noch kaum vierundzwanzig Stunden seit der Tollheitszeit vergangen, und der Mensch steht in einer Weisheitssphäre, von der wohl keinem Salomo bei aller seiner Weisheitstiefe etwas geträumt hat! Sage es uns doch, was da mit ihm vorgegangen ist! Wie kam er zu solch einem Lichte?
02] Sagt Julius: Wisst ihr denn nicht, dass bei Gott alle Dinge möglich sind? Beachtet nur das werktätig, was er zu euch gesagt hat, dann werdet ihr es schon in euch selbst erfahren, wie ein Mensch in Kürze zu solcher Weisheit gelangen kann! Ex trunco non fit Mercurius (Aus einem Klotz wir kein Merkur römischer Gott.) lautet schon ein römisches Sprichwort; ein Stock ist unbeweglich, und es ist an ihm keine Tätigkeit bemerkbar, während in der bildlichen Götterlehre der Römer keine Gottheit so viel zu tun hat wie eben der Merkur. Unter Merkur wird somit eine rechte Tätigkeit über Hals und Kopf verstanden und unter einem Stock die größtmögliche Untätigkeit, und es kann daher aus einem Stock kein Merkur werden. Darum heißt es nach dem Worte der Weisheit, über Hals und Kopf tätig sein, um zur wahren Weisheit zu gelangen, ansonst gibt es wohl keinen bekannten Weg zu ihr. Sie läßt sich nicht erlernen wie irgendeine andere Wissenschaft, sondern nur gewinnen in und aus sich selbst durch die wahre Tätigkeit nach der Lehre der Weisheit.
03] Wollt ihr demnach gründlich erfahren, wie Mathael zu solcher Weisheit gelangt ist, die euch nun so sehr in Staunen setzt, so müsst ihr in euch zuvor selbst auf dem gleichen Tätigkeitswege zur Weisheit gelangen, ansonst ist all euer Fragen vergeblich und vergeblich jede Antwort auf eure Frage.
04] Sagt Suetal: Das ist alles ganz gut und richtig; aber wo ist der rechte Weg wohl erkenntlich gezeichnet angegeben?
05] Sagt Julius: Es ist noch nicht Mittag, und bis zum Abende hin ist noch eine geraume Zeit; in der werdet ihr noch gar manches hören und erfahren, und der Weg wird euch ganz klargemacht werden. Nun aber überdenkt das, was ihr vernommen habt, und es wird euch darauf alles Folgende ganz hell und klar werden. Mit dem aber seid ihr nun auch als frei und vollkommen straflos erklärt, nur lasst euch nie wieder gelüsten, euch je wider uns zu kehren, da würde es euch schlechter ergehen denn jetzt!
06] Nach diesen Worten geht Julius einige Schritte zu uns zurück, nämlich zu Mir und zu Cyrenius, und fragt Mich, ob die Verhandlung und das Urteil ganz in der Ordnung sei.
07] Und Ich sage: Ist dein Herz damit zufrieden, das heißt, deines Herzens innerste Liebestimme? Was sagt diese?
08] Sagt Julius: Da herrscht darüber die größte Zufriedenheit und zugleich eine rechte Sorge, diese Menschen auf den rechten Weg des Lebens zu setzen!
09] Sage Ich: Nun, wenn also, dann ist schon alles recht und in der besten Ordnung, und es wird sich mit diesen Menschen schon noch der beste Zweck erreichen lassen; aber natürlich wird da noch so manche kleine Probe über sie kommen müssen. dass ihr sie in die Fremdenlegion aufnehmt, ist gut; aber ihr müßt ihnen eine hinreichende Gelegenheit zukommen lassen, dass sie auf dem erkannten Wege des Heils fortwandeln können. Die fünf, mit Mathael an der Spitze, aber wollt ihr unter der Legion gehörig verteilen, und sie werden euch allen gute Dienste in Meinem Namen leisten und in kurzer Zeit gute Wirkungen ihrer innersten Weisheit zustande bringen. Aber in Galiläa dürfen sie vorderhand nicht verbleiben; denn es wird gar nicht lange hergehen, so wird der Tempel irgend Wind bekommen von dem, dass ihm bei siebenundvierzig Glieder abhold geworden sind, und wird eine Jagd auf sie durch Herodes machen; werden sie aber in Galiläa nicht und nirgends gefunden, dann werden die Fahnder unverrichteterdinge halber wieder zurückkehren, und man wird die siebenundvierzig für irgend verunglückt und verloren ansehen und sich fürder nicht mehr um sie kümmern. Und so bleibt ihr Römer im trockenen und die siebenundvierzig durch euch, und es ist allen ohne irgendeine Notlüge geholfen!
10] Fragt Cyrenius: In Tyrus und Sidon aber werden sie doch wohl sicher sein? Denn da gibt es nur sehr wenig Juden.
11] Sage Ich: O ja, dort sind sie sicherer denn irgend in Galiläa, aber sicherer wären sie noch irgend entweder in Afrika oder in einer Stadt am Pontus Euxinus (Pontus Euxinus = Gastliches Meer, Beinahmen für das Schwarze Meer.)
12] Sagt Cyrenius: Ganz gut, ich werde für sie schon irgendeinen tauglichen Ort ausfindig machen, wo sie von den Juden sicher unangefochten bleiben werden, und sollten diese Feinfühler auch dahin gelangen, nun, so haben wir schon noch Mittel, ihre Nasen ganz stumpf für alle Gerüche zu machen!
13] Sagt Julius: Tut mir recht sehr leid, besonders um die fünf; denn das ist wahrlich staunenswürdig, in welch einer Weisheitstiefe diese stecken, und man könnte durch sie um vieles schneller zum wahren Lebensziele gelangen, als so man sich selbst überlassen ist.
14] Sage Ich: Freund, der einzige Wegweiser, Weg und Ziel bin nur Ich! Wer gab denn den fünfen das, was sie haben? Sieh, Ich allein! Kann Ich aber aus fünf arg besessenen Rasenden in aller Kürze Weise der Weisen zeihen, so werde Ich solches wohl auch imstande sein an dir, der du kein arg besessener Rasender bist!
15] Ich allein bin ja nur die Wahrheit, der Weg und das Leben! Hast du Mich, wozu sollen dir hernach die fünf noch dienlich sein?! Ja, sie sollen und werden der Menschheit auch viele und gute Dienste erweisen durch Mich und nur in Meinem Namen; aber du bedarfst ihrer nicht, zudem es in dem Städtchen Genezareth einen Ebahl, eine Jarah und sogar einen Raphael gibt! Wo auf der Erde gibt es nun wohl noch einen Ort, der in geistiger Hinsicht noch besser versorgt wäre?
16] Hast du nicht vernommen die Frage Suetals, der es erfahren möchte, wie und durch wen oder was die fünf so schnell in die tiefste Weisheit geraten sind? Siehe, du weißt es wohl, aber für sie, die zwölf nämlich, ist das noch ein Rätsel, nun für dich sicher nicht! Nun du aber weißt, was die zwölf noch nicht wissen, wie möchtest du hernach die fünf schon für nahe so weise halten wie Mich?
17] Sagt Julius etwas betroffen: Herr, weil ich etwas dumm war, darin liegt der Grund; aber nun ist schon wieder alles in der schönsten Ordnung und ich habe nun erst die größte Freude an Deiner Anordnung wegen der siebenundvierzig Menschen, und es wird alles pünktlich befolgt werden! Aber nur mußt Du, o Herr, mir mein bißchen Dummheit schon gottgnädigst nachsehen!
18] Sage Ich: Ich kann dir nichts nachsehen; wenn du aber mit und in dir selbst wieder in der Ordnung bist, dann ist bei Mir auch alles in der Ordnung, und es sind dir also alle Sünden nachgelassen.
19] Aber nun gehe und lasse den zwölfen Brot, Wein und Salz darreichen, denn auch diese haben schon bei zwei Tage lang kaum mehr gegessen als eine Mücke! Bisher hat sie allein Mein Wille gestärkt erhalten; aber da nun die Gelegenheit da ist, so sollen sie nun auch natürlich mit Speise und Trank gestärkt werden, und also geschehe es!