Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 122


Jesus heilte viele Kranke, die seine Bekleidung berührten

01] Alles verwundert sich über solch stärkenden Schlaf, während die Sonne schon anfängt, die Kuppen der Berge zu bescheinen. Ebahl beordert sogleich seine Weiber, daß sie sorgten für ein frisch und wohlbereitetes Morgenmahl; und die Weiber mit den älteren Töchtern eilen und besorgen gleich ein reichliches und gutes Morgenmahl, was sie gar leicht tun können, da ihre Speisekammern von unten bis oben vollgestopft sind.

02] Die Pharisäer haben im Speisesaale schon ihren Tisch vollkommen okkupiert, so daß an ihrem Tische niemand sonst Platz haben könnte; und Ebahl ließ ihnen auch gleich das Morgenmahl aufsetzen, bestehend aus Brot, Wein, einigen gebratenen Fischen und aus Honigseim. Als diese erst fertig waren, ließ Ebahl einen anderen großen Tisch decken, der für Mich, Meine Jünger, für den Hauptmann und für Ebahl und dessen Weiber und Kinder bestimmt war.

03] Bevor Ich aber in den Saal trat, ließ Ich durch Ebahl alle die auf Mich harrenden Kranken ins große Gastzimmer bringen und ihnen sagen, daß sie nichts denn Meinen Mantel anrühren sollen, und sie würden alsogleich gesund. - Ebahl ging und vollführte Meinen Auftrag.

04] Und Ich trat darauf mit dem Hauptmann, Meinen Jüngern und der kleinen Jarah, die keinen Schritt von Mir wich, in den Speisesaal und setzte Mich zu Tische, ohne bei Meinem Eintritte einen Pharisäer anzusehen oder gar zu grüßen, auf was sie große Stücke hielten.

05] Als Ich, der Hauptmann und die Jünger schon am Tasche saßen, da traten auch schon bei zweihundert Kranke in den Speisesaal und baten Mich, daß sie Meines Mantels Saum anrühren dürften. Und Ich gestattete ihnen, solches zu tun, während Ich mit Meinen Jüngern und den andern das Morgenmahl zu Mir nahm. Da drängte sich bald alles, was krank war, zu Mir hin und berührte Meines Mantels Auswendiges; und alle, die da anrührten, wurden gesund. (a Matthäus.14,36*; =Markus.06,56; Matthäus.09,21; Lukas.06,19)

06] Aber hinter einige der Kranken steckten sich die über alle Maßen eifersüchtigen Pharisäer und Schriftgelehrten und sagten geheim zu ihnen: »Rühret das Kleid dieses Nazaräers, den wir nun schon kennen, nicht an, und ihr werdet dennoch gesund werden!« - Und die da sich von den Pharisäern haben bereden lassen und haben nicht angerührt Mein Kleid, die blieben krank.

07] Da sie aber solches merkten, kamen sie wieder zu Mir und baten Mich, ob sie anrühren dürften Mein Kleid. Ich aber verwies es ihnen und sagte: »Seid ihr Meinetwegen oder seid ihr jener Pharisäer wegen hierhergekommen, die euch abgeredet haben, anzurühren Meinen Mantel? Denen ihr geglaubt habt, die sollen euch auch helfen; gehet hin zu ihnen!«

08] Das vernahmen die Pharisäer natürlich gar leicht und wurden darob schon ganz brennrot vor Zorn. Sie gingen darauf bald zu Mir hin, und ihr Oberster sagte zu Mir: »Du bist also derjenige, um dessentwillen wir von Jerusalem nach Nazareth haben gehen müssen?«

09] Ich gebe dem Obersten keine Antwort auf solche seine Frage, nur der Hauptmann, der in Meiner Nähe - das heißt an Meiner Rechten - am Tische saß, sagt mit einer Donnerstimme: »Ja, Dieser ist es, dessen Angesicht anzusehen ihr Elenden ewig nimmer wert seid! Warum habt ihr diesen Armen abgeredet, anzurühren Sein Gewand, daß sie auch, wie ihre Gefährten, gesund geworden wären? Ihr elenden Hunde, wißt ihr auf der Welt denn im Ernste nichts anderes zu tun, als Menschen unglücklich zu machen, wo sich nur immer eine Gelegenheit darbietet?!«

10] Hier winke Ich dem Hauptmann, daß er sich etwas mäßigen möchte, ansonst es unangenehme Auftritte gäbe.

11] Und der Hauptmann mäßigt sich zwar, verhält aber den Obersten dennoch streng darauf, ihm den Grund gewissenhaft anzugeben, warum er die einigen Kranken abgehalten habe, des göttlichen Meisters Kleid anzurühren, auf daß sie, wie die andern, auch gesund geworden wären.

12] Da sagt der Oberste etwas verlegen: »Wir haben uns dadurch nur die sichere Überzeugung verschaffen wollen, ob wirklich nur die gesund würden, die das Kleid anrührten. Wir haben uns aber nun überzeugt, daß wirklich nur jene gesund geworden sind, die des Meisters Kleid angerührt haben, und wir stellen ihnen nun weiterhin nichts mehr in den Weg, das zu tun, was sie gesund machen kann.«

13] Da erheben sich die noch Kranken und sagen: »Oh, wären wir nicht so krank, elend und schwach, so würden wir euch nun einen Lohn für euren Versuch an uns, ob wir auch ohne Anrührung des Kleides des göttlichen Heilandes gesund würden, geben, an den ihr eine Ewigkeit lang hättet denken mögen; aber: 'Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!' Wir werden wohl mit der Hilfe Gottes auch noch einmal gesund werden und werden uns schon irgendwo begegnen; dann möget ihr acht haben, was wir mit euch alles unternehmen werden!«

14] Ich aber sage zu den Kranken: »Rache sei eurem Herzen ferne! Wollt ihr, daß Ich auch euch heile, so verbannet allen Zorn und alle Rache aus eurem Herzen!«

15] Da sagen die noch Kranken: »Meister, Dir zuliebe tun wir alles, was Du nur immer von uns verlangen magst; aber nur befreie auch uns Schwachsinnige von unseren Leiden!«

16] Sage Ich: »So kommet und rühret an Mein Kleid!«

17] Hier gingen die noch Kranken hin, rührten den Saum Meines Überkleides an und wurden alle plötzlich vollkommen gesund.

18] Und der Hauptmann sagte, im hohen Grade aufgeregt: »Nun, ihr blinden Seher aus der sogenannten heiligen Stadt Gottes, seid ihr nun überzeugt, daß der Mann, von dem ihr gar so scheußlich schlecht berichtet seid, und den zu untersuchen und zu fangen ihr ausgezogen seid, jener schlechte Mensch ist, als den ihr mir ihn gestern beschrieben habt?«

19] Sagt der Oberste und auch die andern Pharisäer: »Daß von ihm eine außergewöhnliche Heilkraft ausgeht, von dem haben wir uns nun mehr als hinreichend überzeugt; aber daraus folgt noch lange nicht, daß er das aus einer Art göttlicher Kraft verrichtete; denn wir bemerken an ihm und an denen, die mit ihm zu Tische sind, daß sie nicht halten die Aufsätze der Ältesten, - und wo das, da kann von einer Göttlichkeit noch lange keine Rede sein!«

20] Sagt der Hauptmann: »Das verstehe ich nicht; redet mit Ihm Selbst darüber!«


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