Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 119


Jesus über rechte Liebe zu Gott. Seine Gegenliebe.

01] Nach diesen Worten fragt keiner der Pharisäer um mehreres.

02] Ich aber erhebe Mich darauf, grüße den Hauptmann, der Mir mit großer Wärme und Innigkeit den Gruß erwidert und Mich mit der Jarah im Beisein des Ebahl und dessen Weibern und den andern Kindern in ein anderes Gemach begleitet, allwo für Mich ein gutes Nachtlager bereitet ist.

03] Ich aber sage zum Hauptmanne: »Wollt ihr alle die Nacht hindurch bei Mir verbleiben, so bleibet; wollt ihr aber euch zur Ruhe begeben, so könnet ihr auch das tun! So ihr aber bleibet, da wird es niemandem darum des Morgens am Schlafe gebrechen. - Übrigens hast du als Mein wahrer Freund sehr gut mit den Pharisäern verhandelt; sie sind nun in einer großen Furcht und Spannung und werden die Sandkörner ihrer Uhr zählen und mit großer Ungeduld den kommenden Tag erwarten!

04] Es war nur gut, daß Meine Jünger, die sich noch mit den zwei Essäern und mit den etlichen Pharisäern abmühen und sie schon nahezu ganz auf ihrer Seite haben, nicht auf den bedeutenden Lärm hin zu uns in den Speisesaal gekommen sind! Denn das hätte ein unzeitiges Aufsehen erregt! Doch - also wollte Ich es ja, und so konnte es auch nicht anders geschehen! - Aber was werde Ich denn mit Meiner allerliebsten Jarah beginnen? Dies Mägdlein verläßt Mich nimmer!«

05] Sagt die Kleine: »Herr, solange Du in unserem Hause verweilest, wird Jarah nicht von Deiner Seite weichen; und wäre es möglich, daß Du stürbest, so stürbe Jarah mit Dir! Wenn Du aber unser Haus wieder verlassen wirst und die Jarah nicht mit Dir wird ziehen können, dann wird sie daheim seufzen und den Vater in Deinem Herzen bitten, daß Er Dich wieder zu ihr führen möchte; denn ohne Dich kann nun die Jarah nicht mehr leben!«

06] Sage Ich: »Sehet, das ist ein rechtes Beispiel, wie man Gott lieben muß, um von Ihm in gleichem Maße wiedergeliebt zu werden! Gottes Liebe erfaßt zwar alles, und es ist in ihr ewig kein Zorn und keine Rache; aber es ist dennoch ein großer Unterschied zwischen dem, wie ein Mensch von Gott geliebt wird. Solange ein Mensch atmet und lebt, ist es ein Beweis, daß Gott durch Seine Liebe ihm das Leben gibt, ansonst er schon lange völlig tot wäre.

07] Aber wer Gott also liebt wie diese Kleine hier, der nötigt Gott, daß Er komme zu ihm und Wohnung nehme in des liebenden Menschen Herzen! Und Gott kommt und nimmt dann durch Seinen Geist Wohnung im Gott über alles liebenden Herzen; und ein solcher Mensch hat dadurch das ewige, unvergängliche Leben in sich und ist völlig eins mit Gott!

08] Es ist zwar nicht jedem gegeben, Gott also mächtig zu lieben, wie das der Fall ist bei dieser Meiner allerliebsten Jarah; aber dennoch kann jeglicher Mensch Gott lieben aus allen seinen Kräften, und Gott wird darum auch des Herz erfüllen mit Seinem Geiste und Seiner Gnade und wird ihn ewig nimmer fallen lassen in den Abgrund. Wenn er schon strauchelt, so wird ihm allzeit wieder aufgeholfen werden, und das ewige Leben wird in ihm sein und bleiben immerdar.

09] Und nun, Meine allerliebste Jarah, weil du Mich denn gar so lieb hast, so mußt du uns nun denn auch so eine kleine Geschichte erzählen; denn Ich weiß es, daß du mit den Geschichten aller guten Art reichlich ausgestattet bist!«

10] Sagt die Jarah, lieblich kindlich lächelnd: »O Herr, nur damit verschone mich! Denn so etwas würde sich an Deiner endlos weisesten Seite ja denn doch viel zu dumm ausnehmen!«

11] Sage Ich: »Nein, nein, du Meine allerliebste Jarah, das darf dich nicht beirren; denn die größte Nachsicht kannst du allzeit und ewig nur von Mir erwarten! Denn siehe, Ich verstehe das Weinen der Kindlein schon, geschweige erst ihre Sprache! Du hast ja manchmal so recht seltsame Träume, gehe und erzähle Mir so einen Traum!«


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