Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 81

Roban berichtet Jesus über den neuen Synagogenobersten.

01] Der Morgen des kommenden Tages war wieder einer der heitersten, und viele der anwesenden Gäste, die auch früher als wir sich zur Ruhe begeben hatten, tummelten sich schon im Freien herum, als Ich, die Jünger, die Römer und der Kisjonah uns aus dem Hause ins Freie begaben.

02] Als wir uns aber eine kurze Zeit im Freien aufhielten, kam auch Bab mit seiner Familie aus der Stadt; denn er ging am späten Abend nach Hause in die Stadt, um nicht Ungelegenheiten in Meinem Hause zu machen. Als er aber ankam - so erzählte er uns in entschiedener Eile -, habe in der Stadt, und namentlich in der Synagoge, eine große Aufregung geherrscht, so zwar, daß er sich gar nicht getraute, jemanden zu fragen, was es da gäbe. Es müßte aber etwas sehr Bedeutendes vor sich gegangen sein, da er sonst noch nie eine solche Aufregung unter den Dienern und Herren der Synagoge bemerkt habe.

03] Sage Ich: »Das wird eine Folge des neuen Besens sein, der nach dem Austritte des Jairus aus Jerusalem angekommen sein wird und wahrscheinlich heute hier in Nazareth eine Visitation halten will! Da liegt gar wenig daran, und wir wollen uns darum unser bereits fertiges Morgenmahl ganz gut schmecken lassen.«

04] Darauf wandte Ich Mich zu den beiden noch anwesenden Jünglingen: »Eilet hinein in die Synagoge und bringet Mir Roban, den Ältesten, heraus; Ich habe mit ihm zu reden! Gehet aber gemächlichen Schrittes, auf daß ihr euch durch euer plötzliches Auftreten nicht verratet!« - Die beiden Engel tun sogleich, was Ich ihnen geboten habe; wir aber begeben uns zum Morgenmahl und verzehren es mit frohem Mute.

05] Als wir die Tische wieder verlassen, kommt auch schon Roban mit den beiden Engeln daher, verneigt sich tief vor Mir und vor den noch anwesenden hohen Römern und sagt ganz erschöpften Gemütes: »Ach, Herr, hier der Himmel, und dort in der Synagoge die Hölle im vollsten Toben! Herr, ich brauche es Dir zwar nicht zu sagen, da ich nur zu gut weiß, daß Dir nichts in der ganzen Welt unbekannt sein kann; aber es ist nun schon wahrlich zum Verzweifeln, was unser neuer Oberster treibt!

06] Wenn der Mensch nicht ein leiblicher Bruder des Satans ist, so leiste ich auf meine Menschheit den vollsten Verzicht! Fürs erste plündert er uns nicht nur was das Geld betrifft, sondern auch in allen andern Habseligkeiten rein aus, so daß wir nicht einmal wissen, wovon wir nun in der Folge mit unseren Familien leben sollen; nimmt alles Mehl, alle Hülsenfrüchte, alles Getreide, alle geräucherten Fische; bezeichnet unsere Ochsen und Kühe und Kälber, Schafe und Esel als ein Eigentum des Tempels und wird sie uns auf diese Weise ohne alle Gnade nehmen! Dazu erklärte er uns alle als Abtrünnige des Tempels und will uns noch obendrauf mit allen möglichen Strafen belegen; denn man wisse in Jerusalem haarklein alles, was hier geschehe, und er habe zugleich den gemessensten Auftrag, Dich als Volksverführer und Volksaufwiegler ergreifen und den Gerichten ausliefern zu lassen! - Was sagst Du zu solcher Bestialität?

Ende von Johannes dem Täufer

Irreführung des Herodes, Jesus sei Johannes der Täufer

07] Herodes wisse jeden Tritt und Schritt von Dir; er hätte schon lange ganz ernste Schritte gegen Dich getan, so er etwa nicht von der irrigen Meinung befangen wäre, die ihm sein Wahrsager, der geheim ein Jünger Johannis war, beibrachte, daß Du der vom Tode wieder auferstandene Johannes seiest: denn er hatte ihn auf Verlangen der Metze Herodias im Kerker enthaupten und ihr dessen Haupt auf einer Schüssel präsentieren lassen, zum Beweise, daß er den ihr gemachten Eid erfüllt habe!

08] Aus dem wenigen kannst Du, o Herr, nun schon entnehmen, wie die Sachen stehen! Ich sage es Dir: wenn Du nicht mit aller Deiner Macht Dich entgegenstellst, so bist Du samt allen, die hier bei Dir sind, dem Fleische nach verloren! Denn mehr kann ich Dir nicht sagen, als daß nun buchstäblich die ganze Hölle los ist; auf Deinen Kopf sind bloß zehntausend Pfunde Goldes gesetzt!«

09] Ich berufe hier den Matthäus und sage zu ihm: »Was du nun hören wirst, das zeichne auf!«

10] Matthäus bringt sogleich seine Schreibgeräte her und richtet sich zum Schreiben.

11] Ich aber sage noch einmal zum Roban: »Freund, du hast nun die traurige Geschichte vom Johannes nur flüchtig hingeworfen; sei so gut und erzähle sie also, wie sie euch der neue Oberste kundgegeben hat! Denn es liegt Mir daran, daß die Sache also aufgezeichnet werde!«

12] Sagt Roban: »Mit der größten Bereitwilligkeit von der Welt tue ich das; nur fürchte ich, daß ich vermißt werde, und wir stehen in der Gefahr, daß der Satansbruder von einem Obersten herauskommt und uns hier einen gräßlichen Spektakel macht!«

13] Sage Ich: »Fürchte nichts; denn so viel Macht haben wir noch hier, ihm einen Mentor (Führer) zu stellen!«

14] Sagt Roban: »Wenn so, dann will ich die Johannesgeschichte sogleich wörtlich also wiedergeben, wie sie uns der neue Oberste kundgegeben hat. Also lauteten aber seine Worte:


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