Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 24
Rede des Cyrenius über die Dummheit und Eifersucht der Nazarener. Warum die rechte Erkenntnis der Gottheit Jesu so wichtig ist. 01] Da sagte Cyrenius: »Herr und Meister, wie es mir vorkommt, so ist hier wirklich mehr Dummheit als Bosheit vorhanden! Denn die Nazaräer bis auf wenige sind als Dümmlinge bekannt, und ein Dümmling ist allzeit am schwersten hell zu machen! Wenig Schule, keine Erfahrung, meistens arm, wenig Handel und Wandel! Sie leben meistens vom mäßigen Ackerbau und von einiger Viehzucht und kommen bekanntlich nie - außer im Jahre etwa einmal - nach Jerusalem, wo sie nicht nur nichts in der geistigen Bildung gewinnen, sondern allzeit nur verlieren. Woher sollen sie dann einen bessern Verstand nehmen, um Deine göttliche Lehre und Deine göttlichen Taten zu beurteilen? Dazu sind die dummen Menschen auch gewöhnlich neidisch, und wie ich's gemerkt habe, so ärgerte sie auch das am meisten, daß ihre Söhne, die sie in alle möglichen Schulen haben gehen lassen, Dir in aller Weisheit, Kenntnis und vollendetster Tatkraft gar so endlos weit nachstehen! Ich will ihnen gerade keine Bosheit, sondern die barste Dummheit beimessen, die wohl auch manchmal in Bosheit ausarten kann, aber natürlich in eine sicher nicht gar zu schädliche, da der dumme Mensch es auch notwendig dumm angreift, um jemand wahrhaft zu schaden. Lassen wir sie darum gehen!
02] Sollte Dir aber jemand an den Leib gehen wollen, nun, so ist es mir um Dich am wenigsten bange! Fürs erste besitzest Du in einem hinreichendsten Maße soviel der unleugbarst göttlichen Kraft, um ein ganzes wohlausgerüstetes Kriegsheer weidlichst in die Flucht zu schlagen - und um so leichter diese barsten Dümmlinge; und fürs zweite hast Du uns als höchste römische Gewaltträger über ganz Asien vollauf für Dich, und es kann Dir darum an gerechtem Schutze nie fehlen! Solltest Du hier verfolgt werden, nun, Du weißt doch, wo Sidon und Tyrus liegen! Komme dahin, und Du bist sicher vor jeder wie immer gearteten Verfolgung!
03] Daß aber diese Nazaräer-Bürger Leute nahe ohne alle Bildung sind, hat sich auch aus dem erwiesen, daß sie nahe alle mehr als Maulaffen denn als Menschen in die Schule bloß aus rein tierischer Neugierde gelaufen sind, zum Beweise dessen sie weder mich noch irgend jemand andern hochgestellten Herrn und Gebieter nur im geringsten mit irgendeiner Gebärde begrüßt haben! Gleich Eseln, Ochsen und dummen Schafen fielen sie herein und taten, als wenn sie allein die Herren der Welt wären! Ich kann es diesen Menschen gar nicht zu einer Sünde rechnen, weil sie zu roh, dumm und ungebildet sind, und ich meine, Du, o Herr und Meister, der Du sie noch um tausendmal besser kennst, wirst ihnen das auch zu keiner Sünde anrechnen!«
04] Sage Ich: »Das kannst du wohl sicher annehmen, Ich sicher am wenigsten! Aber es liegt alles daran, daß sie Mich in ihrem Herzen als das erkennen, was Ich bin; denn ihr ewiges Leben hängt ja allein von dem ab! Erkennen sie Mich nicht, so können sie auch unmöglich Den erkennen, der Mich in die Welt gesandt hat - und noch weniger, daß Ich und Der, der Mich gesandt hat, ein und dasselbe Wesen sind! Solange aber ihre Herzen das nicht erkennen, haben sie Mich nicht in sich und somit auch das ewige Leben nicht und sind im Geiste tot! Denn Ich Selbst bin ja eben das ewige Leben Selbst und durch Meine Lehre der Weg zum selben.
05] Wer demnach Mich und Meine Lehre nicht annimmt, der nimmt auch das ewige Leben nicht an, und der ewige Tod muß darum notwendig sein Anteil sein.
06] Ich darf aber dennoch niemanden zum Glauben zwingen, weil jeder Zwang ein Gericht des Geistes wäre, das ihm so gut den Tod gäbe wie der Unglaube, - und es ist darum hier selbst für Gott schwer also zu wirken, daß der Mensch keinen Schaden leide an seiner Seele! Wird er gezwungen durch irgendeine noch so verborgene Macht, so bewegt er sich im Gerichte; wird er aber durch gar nichts gezwungen, so bleibt er ungläubig und zweifelt an allem und beweist eben dadurch, daß er völlig toten Geistes ist. Wer oder was soll dann lebendig machen seinen Geist?
07] Mein lebendig machendes Wort nimmt er nicht an - und somit auch Mich nicht als die in der ganzen Unendlichkeit alleinige Quelle alles Lebens; nun frage dich selbst, woher er dann sonst noch das Leben, das Ich allen Menschen brachte und geben will, nehmen solle!«
08] Sagt Cyrenius: »Ja, ja, das sehe ich nun ganz klar ein und muß es einsehen, weil ich Dich schon seit dreißig Jahren kenne, wer Du bist; aber lassen wir das nun, ich werde diese Menschen schon noch gläubig machen! Jetzt aber gehen wir weiter und sehen, wo wir ein Mittagsmahl bekommen werden! Es ist schon ziemlich spät nachmittags.« - Wir verließen darauf die Schule und die Stadt und begaben uns in Mein Haus, allwo schon ein gutes Mahl unser harrte. Wir aßen und tranken ganz wohlgemut und waren diesen ganzen Tag über guter Dinge.