Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 01, Kapitel 241


Warum Jesus Kinder und Jugendliche unterschiedlich behandelt. Zulassung kindlicher Besessenheit.

01] Es könnte hier wohl jemand in dieser Zeit, als dies lange Geschehene neu den Menschen von Mir, demselben Christus, der vor nahe zweitausend Jahren als Gott und Mensch auf dieser Erde lehrte und handelte, wiedergegeben wird durch einen eigens erwählten Knecht, fragen und sagen:

02] Wie? Vielleicht mehr denn die Hälfte dieser Kinder, die als Pfänder von den Pharisäern, so sie nicht hier aufgefangen worden wären in längstens zehn bis zwölf Tagen zum Teil in Sidon, Tyrus, Cäsarea, Antiochia oder gar nach Alexandria durch die privilegierten Sklavenhändler verkauft worden wären, möchte denn doch wohl gut erzogen gewesen sein, und es sei nirgends ersichtlich, dass Ich als ein erster Freund der Kleinen sie besucht oder nur ein Wörtlein zu ihnen geredet hätte, während Ich doch sonst sogleich die Kleinen zu Mir kommen ließ, sie herzte und segnete vor allen Menschen!

03] Auf solch eine Frage diene zur Antwort: Fürs erste waren diese Kinder natürlich schon zumeist über neun Jahre hinaus, und es gab darunter auch Mädchen von vierzehn bis sechzehn Jahren und ebenalso auch Jünglinge, und man konnte, ohne ein sicheres Ärgernis zu erregen, wohl füglichermaßen nicht in die Stube solcher jungen, halbnackten Menschen treten; und fürs zweite waren das wahrlich keine gar so unschuldigen Kindlein mehr, wie Ich sie noch hie und da antraf, sondern zumeist fleischlich und sittlich im Grunde und Boden verdorben; denn die Päderastie und Violation (Knabenliebe und Schändung) war nirgends so schändlich mächtig zu Hause als in den Grenzgebieten zwischen Juden und Griechen. Und so war selbst für die verdorbenen Kinder diese von Mir zugelassene Lektion keine ganz umsonstige; denn fürs erste mußte sie der Verderbung als eine tüchtige Strafe erscheinen, und fürs zweite wurden sie dadurch gewarnt, fürderhin der Sinnlichkeit geiler Griechen zu dienen, sondern ein gottesfürchtiges Leben vollernstlich zu führen, so sie von Gott nicht nach einer nächsten Sünde auf das allerempfindlichste wollen gestraft werden, was in seiner Ermahnungsrede den Eltern und Kindern Faustus auch auf das eindringlichste eingeschärft hatte.

04] Wenn man nun solches weiß, so wird man hoffentlich einsehen, dass Ich, obschon von aller göttlichen Liebe zu jeglichem Menschen erfüllt, Mich aber der gleichen göttlichen Heiligkeit wegen dem sündhaften, höchst verunreinigten Fleische nicht persönlich nahen kann und darf, seines Bestandes halber, und es tritt dann in allen solchen Fällen das bekannte ,Rühr Mich nicht an!' ein.

05] Denn es ist ein großer Unterschied zwischen einem reinen und zwischen einem höchst unreinen Kinde. Das erste kann von Mir unmittelbar, das zweite aber nur mittelbar geleitet werden auf notwendig nach Bedarf sehr dornigen Pfaden, wie es hier der treu erzählte Fall im klarsten Lichte gezeigt hat.

06] Man sei daher auch nicht gar zu voreilig, zu fragen, warum nicht selten Kinder, die doch sicher entweder gar nichts verbrochen haben oder doch wenigstens unzurechnungsfähig sind, von Mir aus leiblich nicht selten härter hergenommen werden als alte Sünder, die ihre Sünden ebenso schwer zählen würden als den Sand des Meeres.

07] Da sage Ich: Wer einem Baume eine beliebige Beugung geben will, der muß, solange der Baum noch jung und zart ist, demselben die Richtung und Beugung zu geben beginnen. Ist der Baum einmal alt geworden, dann müssen schon außerordentliche Mittel angewendet werden, um ihm immer schwermöglicherweise eine andere Richtung zu geben; ein gar alter Baum aber nimmt keine andere Richtung mehr an - außer die letzte, da er umgehauen wird.

08] Und darum geschieht es denn auch, dass Ich, spricht der Herr, die Kinder und sogar Kindlein nicht selten mächtiger bearbeite als einen großjährigen Menschen; denn die argen Geister sind nirgends emsiger als eben bei den Kindern und sind sehr dienstfertig, der Seele ihren Leib also erbauen zu helfen, dass der Leib auch für sie eine große Anzahl freier und bequemer Wohnungen haben solle!«

09] Was tut aber dann der Herr, dem nichts unbekannt bleiben kann, was da geschieht?

10] Seht, Der sendet Seinen Engel, läßt das elende und hinterlistige Werk der argen Helfer zusammenreißen und als fremde Teile durch allerlei äußerlich erscheinliche Krankheiten hinausschaffen.

11] Betrachtet die mannigfachen Krankheiten der Kindlein und Kinder, und Ich sage euch, sie sind nichts als Hinausschaffungen des fremden bösen Materials, mit dem sich der Seele baulich helfende, noch arge und unlautere Geister für sich selbst in einem und demselben Leibe freie Wohnungen haben errichten wollen.

12] Wenn bei Kindern solchem Unfuge nicht gleichfort auf das kräftigste gesteuert würde, so gäbe es Besessene, Taubstumme, Kretins und Krüppel aller Art in solcher Menge, dass auf der ganzen Erde nicht leichtlich irgendwo ein gesunder Mensch anzutreffen wäre.

13] Man fragt freilich wieder und sagt: Aber wie kann der höchst weise Gott solches uranfänglich zulassen, dass sich arge und unreine Geister in den jungen Leib der Seele einschmuggeln können?!

14] Und Ich sage: So fragt der blinde Mensch, der es nicht weiß, dass die ganze Erde, ja die ganze Schöpfung, ihrem äußerlich erscheinlichen, materiellen Leibe nach in allen sogenannten Elementen sozusagen und zu bezeichnen ein Konglomerat (Gemengsel) von auf eine bestimmte Zeit hin gerichteten oder festgehaltenen Geistern ist.



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 1   |   Werke Lorbers