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Kapitelinhalt 239. Kapitel: Allerlei Leute aus dem Volk stellen mit ihren Fragen und Anliegen die Geduld des Offiziers auf die Probe. (Am 1. Sept. 1850)

Originaltext 1. Auflage 1898 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text nach 2. Auflage 1929 Lorber-Verlag
Versnummerierung nach 3. Aufl. 1963, Lorber-Verlag

01] Tritt ein Mensch, mehr dem Landvolke als dem der Stadt gehörig, ziemlich ältlichen Aussehens und durchaus kein Genius, zum Offizier hin, und sagt in einer Art süßem Bauerntrema: „He, he, he, Sö san a g'waltige g'scheidta Mann! Sö hab'n g'sagt, daß unsa liabi Herrgott da war! He, he, he, sag'ns ma, der welche war's denn? Bitt' um Verzeihung, Euer Gnoden!" - Der Offizier kommt hier beinahe aus der Fassung vor Unterdrückung der Lache, die sich seiner hier bemächtigen will ob der komischen Frageweise dieses Landmannes; aber er erholt sich bald und sagt darauf: „Mein lieber Freund! Da seht hin; Derselbe, Der nun dort unter der Ecke des Hauses steht, und Sich mit einem gewissen Robert Blum und gleich daneben auch mit dem seligen Kaiser Josef bespricht, und sehr schöne blonde Haare hat, wie sonst kein Anderer um Ihn herum. No, wie gefällt Er euch denn?"

02] Sagt der Landmann: „He, he, he, was sogen Sö? Das wär' unser liabi Herrgott?! Du mein Gott, du mein Gott! Hätt' mir Ihn a ganz anderst vorg'stellt! Nix größer, als unser ans, und denno so allmächti dabei! Wahrhaftig, das is rar! So a klaner Herrgott, und doch so allmäch'ti! Das is wirkli rar! Wer sähet' Ihm das an?! Aber nix für unguet, Euer Gnoden, i red' halt, wie ich's versteh'n thu!"

03] Sagt der Offizier: „Ja, ja, mein lieber Freund, so ist es denn; man sieht es Ihm freilich nicht an, aber Er ist es dennoch. Aber nun seid ihr nur schön still, und begebet euch mit mir samt den Andern hin zu Ihm; ich werde euch Alle Ihm vorführen, wie Er mir auch den Auftrag an euch Alle gegeben hat. Er Selbst wird euch am allerbesten und am allerschnellsten belehren und euch eurer Bestimmung am schnellsten zuführen. Lasset Ihn aber ja nicht lange warten, weil Ihm sonst am Ende denn doch die Geduld ausgehen könnte, und das wäre dann wahrlich kein Spaß mehr für uns; verstehet das wohl, meine lieben Freunde!"

04] Treten ein paar Andere hinzu, und sagen: „Wir haben nur zu Hause, wie wir da den Lärm gehört haben, Alles in der Unordnung verlassen; die Unsrigen wußten nichts, wo wir hingekommen waren. Wenn wir nur einen Sprung noch nach Hause machen könnten, um den Unsrigen etwas davon zu sagen, sonst werden sie in großen Sorgen sein, und werden nicht wissen, ob wir in die Luft oder in's Wasser gekommen sind."

05] Sagt der Offizier: „Ihr Thoren! So ihr zu Gott dem HErrn kommen könnet, was kann euch wohl noch mächtiger am Herzen liegen? Euer ganzes Haus ist hier ja so nichts anderes, als eine eitel genug eingebildete nichtigste Chimäre. Die Wahrheit und Wirklichkeit fängt ja ohnehin erst hier an; alles Bisherige war ja sonst nichts als ein eitel nichtiger Traum! Wollt ihr also den Traum pflegen, und dafür die große heilige Wirklichkeit auf's Spiel setzen? Habt ihr denn nicht gelesen, wo es geschrieben steht: Wer zu der Zeit aus dem Hause ist, der kehre nicht zurück, seinen Rock zu holen; wer auf dem Dache ist, der steige nicht herab, u.s.w. Wenn Gott der HErr uns beruft, so müssen wir augenblicklich Alles verlassen können und Ihm folgen, sonst sind wir Seiner ewig nicht Werth. Versteht ihr dieses? Sehet, ich bin ein Offizier; wie oft habe ich mich in einer oder der andern Station, in der Meinung, da werde ich nun etwa ein paar Jahre verbleiben, ganz kavalierment eingerichtet, um mir da recht gütlich thun zu können; in sechs Tagen in der Nacht kam der Befehl: Binnen drei Stunden muß Alles marschfertig dastehen. Was habe ich machen wollen? Ich mußte, ohne auf einen Ersatz Rechnung machen zu dürfen, alles stante pede verlassen, und meine Füße nach der Trommel zu rühren anfangen; und was war am Ende der Grund von solch schneller Translozirung? Nichts als Laune eines Kriegsministeriums-Praktikanten oder Adjutanten. Und ich mußte mich zufriedenstellen.

06] Hier aber ruft Gott der HErr alles Lebens Selbst, und will uns für all' das Nichts, das wir je als etwas zu besitzen wähnten, Unaussprechliches für ewig geben. Ihr Thoren! Was könnet ihr wohl verlassen Gott zu liebe, das Er euch nicht tausendfältig wieder zu ersetzen im Stande wäre. Verstehet doch die Ordnung Gottes einmal; lasset ab von euren Thorheiten, und erkennet was falsch und was wahr ist. Lasset Liebe zu Gott in euer Herz! und kommet mir mit keiner Thorheit mehr, sondern folget mir zu Gott dem HErrn hin, sonst lasse ich euch stehen und sitzen in eurem Thale Josafat."

07] Sagt noch eine alte Dame, die ein Gebetbuch und einen Rosenkranz in der Hand hält: „Aber Sie, gnädiger Herr Offizier! Glauben Sie denn nicht, daß man unterwegs die 30 Schritte, zum wenigsten die heiligen Tagzeiten zu der allerseligsten Jungfrau Maria beten solle, oder zum wenigsten einen halben Rosenkranz vom bitteren Leiden?"

08] Sagt der Offizier: „O Gott! verleih' mir Geduld; jetzt kommt die alte Betschwester auch noch mit ihren Anständen!" (Zu der Alten:) „Möchten's nicht noch etwa auch beichten und kommuniziren früher? Wenn der wirkliche HErr und Gott da vor uns steht, werden wir doch hoffentlich keinen Gebackenen mehr brauchen! Schau, du alte Schlafhaube, ich bin nur ein bischen gescheidter als du, und mir kommt dein Antrag schon sehr dumm und fade vor; wie dumm und fade muß er erst vor unserem lieben und allerweisesten HErrn und Gott erscheinen?

09] Werfet von euch alle die Geist und Seele tödtenden Pfaffen-Instrumente, und gehet mit uns zu Dem hin, Der allein das Leben ist, und das Leben gibt aus Sich. Der wird es euch sagen, was ihr thun sollet. Glaubet ihr denn, der HErr habe eine Freude an solchen Dummheiten? Er hat mit den Thorheiten der blinden Menschen wohl alle mögliche Geduld und Nachsicht, aber von einer Freude und von einem Wohlgefallen kann da doch ewig keine Rede sein; denn in der Geduld, die eigentlich nichts als ein von der großen Liebe gesänfteter und unterdrückter Aerger ist, kann keine Freude stecken. Geduld kommt vom Dulden her, und Dulden heißt Leiden aus Liebe, so der göttlichen Weisheit die zweckwidrigsten und dümmsten Sachen vorgemacht werden, und daran kann Gott ewig kein Wohlgefallen haben. Ich habe es euch aber schon früher gesagt, daß ihr mir mit keinen Dummheiten mehr kommen sollet, sonst lasse ich euch stehen. Nun sage ich's euch zum letzten Male, wenn mir Jemand noch mit einer Dummheit kommt hier in diesem allerheiligsten und wichtigsten Momente für die Ewigkeit, der wird ohne weiters von dieser Gesellschaft ausgewiesen werden, und kann nach seiner Fantasiebehausung zurückkehren und sich für die ganze Ewigkeit Fantasie-Erdäpfel sieden und braten!"

10] Sagt die Alte: „No, no, no, bitt' um Verzeihung, Herr Offizier! Ich hab's ja nicht gewußt, daß das Beten gar so was Gefehltes wäre. Ich hab's in meiner Meinung ja nur gut gemeint; ich weiß das wohl auch, daß das Beten gerade nichts Angenehmes ist, und daß man damit keinem Menschen eine besondere Freude machen kann; aber eben deßwegen hab' ich gemeint, weil s'Beten was Unangenehmes ist, daß man sich selbst verläugnen solle, das Kreuz des Betens auf sich nehmen, und Christo dem HErrn nachfolgen; und die vermöglichen Stadtleut' haben sonst halt wohl kein anderes besonderes Kreuz gehabt, als das liebe Beten; und wenn wir halt das auch nicht getragen hätten, da hätten wir dann ja gar kein Verdienst vor Gott! Und wann wir halt das Wegerl dahin auch noch so ein Bissel von einem Kreuzerl getragen hätten, da hab' ich halt gemeint, hätten wir dann auch noch so ein kleines Verdiensterl dazu. Aber ich sehe jetzunder schon, daß der Herr Offizier die heiligen Sachen besser verstehen, als unsereins, und so thun wir denn auch das, was der Herr Offizier wollen!"

11] Sagt der Offizier: „Bleibet mir ewig mit dem „Herr" weg; denn nur Gott allein ist der HErr; wir Alle aber sind Brüder und Schwestern. O HErr! Wie entsetzlich dumm sind doch Deine Menschen geworden! Das Gebet, die über Alles entzückende Erhebung des Herzens zu Dir, heiliger Vater, den himmlischesten Akt des armen Menschen auf Erden wie hier in der Welt der Geister, halten sie für eine Art Bußkasteiung, für ein drückendes Kreuz. Ah, das ist denn doch etwas zu stark! Aber leider, ihre höchst geist- und sinnlose Art zu beten, wodurch der Geist nicht belebt, sondern nur getödtet wird, ist auch im Grunde bei Gott nichts Anderes. Die Leute urtheilen wenigstens über ihr Beten ganz richtig. Diese Menschen meinen es nach ihrem freilich höchst beschränkten Verständnisse nicht schlecht, und so muß man mit ihnen ja Geduld haben; aber so ein bischen aufrütteln muß man sie denn doch, sonst würden sie schimmelig vor Dummheit. HErr, habe Geduld mit der Dummheit der Armen! Schlecht sind sie gerade nicht, aber dumm wie die Nacht. Das solle aber nichts machen, denn sie lassen sich ja belehren, nur muß man oft wider Willen einen etwas festeren Rüttler über sie kommen lassen, dann lassen sie ihre Dummheit um desto eher fahren. Vielleicht kommen noch so ein paar alte Weiber her? Nun, ein bischen rütteln; nachher thut es sich schon wieder."

12] Kaum hat der Offizier diese Worte so mehr vor sich hin ausgesprochen, so kommt schon wieder eine andere Alte mit einem silbernen Reliquienkreuze zu ihm und sagt: „Verzeihen Sie eine Frage! Das Kreuz da, vom Papste selbst dreimal geweiht und angerührt, hat mir ein hochwürdigster Pater Quardian der Kapuziner gegen dem verehrt, daß ich eine Schuld für's Kloster, es waren blos so bei 600 Gulden C. M., bezahlt habe; und in diesem Kreuze sind blos nur Reliquien von Christo dem HErrn drinnen. Was meinen Sie denn, könnte ich etwa dieses mein theures Kleinod nicht Christo dem HErrn nun als eine Art Präsent vermachen?" - Der Offizier springt hier förmlich auf vor Aerger, und sagt: „Nur zu so in der Dicke! O Gott, o Gott! sind diese Menschen aber doch so unbegreiflich dumm, wie man sich's aber schon nicht noch dummer vorstellen kann!" (Zum Weibe:) „Macht's nur immerhin euer Präsentl! In Gottes Namen! Nur so fort in der Dicke!"

01] Tritt ein Mensch, mehr dem Landvolke als dem der Stadt angehörig, ziemlich ältlichen Aussehens und durchaus kein Genius, zum Offizier hin und sagt bäuerlich stotternd: "He, he, he, Sö san a gwaltig gscheiter Mann! Sö habn gsagt, daß unser lieber Herrgott da wär! He, he, he, sagn's mir, der welche war's denn? Bitt, um Verzeihung, Ener Gnoden!" Der Offizier kommt hier beinahe aus der Fassung vor Unterdrückung der Lache, die sich seiner hier bemächtigen will ob der komischen Frageweise dieses Landmannes. Aber er erholt sich bald und sagt darauf: "Mein lieber Freund! Da seht hin! Derselbe, der nun dort unter der Ecke des Hauses steht und Sich mit einem gewissen Robert Blum und gleich daneben auch mit dem seligen Kaiser Joseph bespricht und sehr schöne blonde Haare hat wie sonst kein anderer um Ihn herum! - Nun, wie gefällt Er euch denn?"


02] Sagt der Landmann: "He, he, he, was sogen Sö?! Das wär, unser liabr Herrgott?! Du mein Gott, du mein Gott! Hätt, mir Ihn a ganz anderst vorgstellt! Nix größer als unsereins und denno so allmächti dabei! Wahrhaftig, das is rar! So a klaner Herrgott, und doch so allmächti! Das es wirkli rar! Wer sähet' Ihm das an?! Aber nix für ungut, Euer Gnoden, i red, halt, wie i's verstehen tu!"

03] Sagt der Offizier: "Ja, ja, mein lieber Freund, so ist es denn! Man sieht es Ihm freilich nicht an, aber Er ist es dennoch! - Aber nun seid nur schön stille und begebet euch mit mir samt den andern hin zu Ihm! Ich werde euch alle Ihm vorführen, wie Er mir auch die Sendung an euch alle ausgegeben hat. Er Selbst wird euch am allerbesten und kürzesten belehren und euch eurer Bestimmung am schnellsten zuführen. Lasset Ihn aber ja nicht lange warten, weil Ihm sonst am Ende denn doch die Geduld ausgehen könnte, und das wäre dann wahrlich kein Spaß mehr für uns. Verstehet das wohl, meine lieben Freunde!"

04] Treten ein paar andere hinzu und sagen: "Wir haben nur zu Hause, wie wir da den Lärm gehört haben, alles in der Unordnung verlassen; die Unsrigen wußten nichts, wo wir hingekommen waren. Wenn wir nur noch einen Sprung nach Hause machen könnten, um den Unsrigen etwas davon zu sagen, sonst werden sie in großen Sorgen sein und nicht wissen, ob wir in die Luft oder ins Wasser gekommen sind."

05] Sagt der Offizier: "Ihr Toren! So ihr zu Gott dem Herrn kommen könnet, was kann euch wohl noch mächtiger am Herzen liegen? Euer ganzes Haus ist hier ja sowieso nichts anderes als eine eitel genug eingebildete, nichtige Chimäre. Die Wahrheit und Wirklichkeit fängt ja ohnehin erst hier an. Alles Bisherige war ja sonst nichts als ein eitel nichtiger Traum! Wollt ihr also den Traum pflegen und dafür die große, heilige Wirklichkeit aufs Spiel setzen?! Habt ihr denn nicht gelesen: "Wer zu der Zeit aus dem Hause ist, der kehre nicht zurück, seinen Rock zu holen! Wer auf dem Dache ist, der steige nicht herab u.s.w.!?« - Wenn Gott der Herr uns beruft, so müssen wir augenblicklich alles verlassen können und Ihm folgen, sonst sind wir Seiner ewig nicht wert. Versteht ihr dieses? Sehet, ich bin ein Offizier; wie oft habe ich mich in einer oder der andern Station, in der Meinung, da werde ich nun etwa ein paar Jahre verbleiben, ganz kavaliermäßig eingerichtet, um mir da recht gütlich tun zu können. In sechs Tagen in der Nacht kam der Befehl: Binnen drei Stunden muß alles marschfertig dastehen! - Was habe ich machen wollen? Ich mußte, ohne auf einen Ersatz rechnen zu dürfen, alles stante pede (stehenden Fußes) verlassen und meine Füße nach der Trommel zu rühren anfangen. Und was war am Ende der Grund von solch schneller Translozierung (Ortsveränderung)? Nichts als die Laune eines Kriegsministeriums-Praktikanten oder -Adjutanten! Und ich mußte mich zufriedenstellen.

06] Hier aber ruft Gott der Herr alles Lebens Selbst und will uns für all das Nichts, das wir je als etwas zu besitzen wähnten, Unaussprechliches für ewig geben! - Ihr Toren! Was könnet ihr wohl verlassen Gott zuliebe, das Er euch nicht tausendfältig wieder zu ersetzen imstande wäre!? Verstehet doch die Ordnung Gottes einmal! Lasset ab von euren Torheiten und erkennet, was falsch und was wahr ist! Fasset Liebe zu Gott in euer Herz und kommet mir mit keiner Torheit mehr, sondern folget mir zu Gott dem Herrn hin, sonst lasse ich euch stehen und sitzen in eurem Tale Josaphat!"

07] Sagt noch eine alte Dame, die ein Gebetbuch und einen Rosenkranz in der Hand hält: "Aber Sie, gnädiger Herr Offizier! Glauben Sie denn nicht, daß man unterwegs die dreißig Schritte zum wenigsten die heiligen Tagzeiten zu der allerseligsten Jungfrau Maria beten solle oder zum wenigsten einen halben Rosenkranz vom bitteren Leiden?"

08] Sagt der Offizier: "O Gott, verleih mir Geduld! Jetzt kommt die alte Betschwester auch noch mit ihren Anständen!" (Zu der Alten:) "Möchten's nicht auch noch etwa beichten und kommunizieren zuvor? Wenn der wirkliche Herr und Gott da vor uns steht, werden wir doch hoffentlich keinen gebackenen mehr brauchen! Schau, du alte Schlafhaube, ich bin nur ein bißchen gescheiter als du, und mir kommt dein Antrag schon sehr dumm und fade vor. Wie dumm und fade muß er erst vor unserem lieben und allerweisesten Herrn und Gott erscheinen?!

09] Werfet von euch alle die Geist und Seele tötenden Pfaffen-Instrumente und gehet mit uns zu Dem hin, der allein das Leben ist und das Leben gibt aus Sich! Der wird es euch sagen, was ihr fürderhin tun sollet. Glaubet ihr denn, der Herr habe eine Freude an solchen Dummheiten? Er hat mit den Torheiten der blinden Menschen wohl alle mögliche Geduld und Nachsicht, aber von einer Freude und einem Wohlgefallen kann da doch ewig keine Rede sein; denn in der Geduld, die eigentlich nichts als ein von der größten Liebe gesänfteter und unterdrückter Ärger ist, kann keine Freude stecken. Geduld kommt von Dulden her, und Dulden heißt Leiden aus Liebe, so der göttlichen Weisheit die zweckwidrigsten und dümmsten Sachen vorgebracht werden; und daran kann Gott ewig kein Wohlgefallen haben! Ich habe es euch aber schon früher gesagt, daß ihr mir mit keinen Dummheiten mehr kommen sollet, sonst lasse ich euch stehen. Nun sage ich's euch zum letzten Male, wenn mir jemand noch mit einer Dummheit kommt hier in diesem allerheiligsten und wichtigsten Momente für die Ewigkeit, der wird ohne weiteres von dieser Gesellschaft ausgewiesen werden und kann nach seiner Phantasiebehausung zurückkehren und sich für die ganze Ewigkeit Phantasie-Erdäpfel sieden und braten!"

10] Sagt die Alte: "No, no, no, bitt, um Verzeihung, Herr Offizier! Ich hab's ja nicht gewußt, daß das Beten gar so etwas Gefehltes wär'. Ich hab's in meiner Meinung ja nur gut gemeint! Ich weiß das wohl auch, daß das Beten gerade nichts Angenehmes ist und daß man damit keinem Menschen eine besondere Freude machen kann. Aber eben deswegen hab, ich gemeint, weil's Beten was Unangenehmes ist, daß man sich selbst verleugnen, das Kreuz des Betens auf sich nehmen und Christo dem Herrn nachfolgen soll. Die vermöglichen Stadtleut, haben sonst halt wohl kein anderes besonderes Kreuz als das liebe Beten; und wenn wir halt das auch nicht getragen hätten, da hätten wir dann ja gar kein Verdienst vor Gott! Und wann wir halt das Wegerl dahin auch noch so ein bissel von einem Kreuzerl getragen hätten, da hab, ich halt gemeint, hätten wir dann auch noch so ein kleines Verdiensterl dazu. Aber ich sehe jetztunder schon, daß der Herr Offizier die heiligen Sachen besser verstehen als unsereins. Und so tun wir denn auch das, was der Herr Offizier wollen!"

11] Sagt der Offizier: "Bleibet mir ewig mit dem ,Herr' weg! Denn nur Gott allein ist der Herr! Wir alle aber sind Brüder und Schwestern. O Herr! Wie entsetzlich dumm sind doch Deine Menschen geworden! Das Gebet, die über alles entzückende Erhebung des Herzens zu Dir, heiliger Vater, den himmlischesten Akt des armen Menschen auf Erden wie hier in der Welt der Geister, halten sie für eine Art Bußkasteiung, für ein drückendes Kreuz! Ah, das ist denn doch etwas zu stark! - Aber leider, ihre höchst geist- und sinnlose Art zu beten, wodurch der Geist nicht belebt, sondern nur getötet wird, ist auch im Grunde bei Gott nichts anderes. Die Leute urteilen wenigstens über ihr Beten ganz richtig. Diese Menschen meinen es nach ihrem freilich höchst beschränkten Verständnisse nicht schlecht, und so muß man mit ihnen ja Geduld haben. Aber so ein bißchen aufrütteln muß man sie denn doch, sonst würden sie schimmelig vor Dummheit. Herr, habe Geduld mit der Dummheit der Armen! Schlecht sind sie gerade nicht, aber dumm wie die Nacht! Das soll aber nichts machen, denn sie lassen sich ja belehren. Nur muß man oft wider Willen einen etwas festeren Rüttler über sie kommen lassen, dann lassen sie ihre Dummheit desto eher fahren. - Vielleicht kommen noch so ein paar alte Weiber her? Nun, ein bißchen rütteln; nachher tut es sich schon wieder."

12] Kaum hat der Offizier diese Worte so mehr vor sich hin ausgesprochen, so kommt schon wieder eine andere Alte mit einem silbernen Reliquienkreuze zu ihm und sagt: „Verzeihen Sie eine Frage! Das Kreuz da, vom Papste selbst dreimal geweiht und angerührt, hat mir ein hochwürdigster Pater Quardian der Kapuziner gegen dem verehrt, daß ich eine Schuld für's Kloster, es waren blos so bei 600 Gulden C. M., bezahlt habe; und in diesem Kreuze sind blos nur Reliquien von Christo dem HErrn drinnen. Was meinen Sie denn, könnte ich etwa dieses mein theures Kleinod nicht Christo dem HErrn nun als eine Art Präsent vermachen?" - Der Offizier springt hier förmlich auf vor Aerger, und sagt: „Nur zu so in der Dicke! O Gott, o Gott! sind diese Menschen aber doch so unbegreiflich dumm, wie man sich's aber schon nicht noch dummer vorstellen kann!" (Zum Weibe:) „Macht's nur immerhin euer Präsentl! In Gottes Namen! Nur so fort in der Dicke!"

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