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Kapitelinhalt 51. Kapitel: Häusliche, staatliche und religiöse Verhältnisse auf dem sechsten Gürtelpaar.

01] Ihr werdet euch wohl vorstellen und bei euch selbst sagen: Wo es so große Häuser gibt, da wird es wohl auch überaus große häusliche Verfassungen geben müssen, damit ein solches Haus in der gerechten Ordnung erhalten werden möchte. Allein solches ist hier mitnichten der Fall. Bei aller Großartigkeit des Hauses ist dennoch dessen Verfassung so höchst einfach, als ihr sie euch nur immer vorstellen mögt. Und mit der häuslichen Verfassung ist auch zugleich die staatliche in eins zusammengeschmolzen.

02] Als einziges, was die häusliche Verfassung betrifft, ist besonders zu beachten: daß da jede Parteifamilie ihre Wohnung in steter, guter Ordnung und Reinheit zu erhalten hat; und ist allenfalls an dem großen Wohnhause irgendein beträchtlicher Schaden entstanden, welches zwar überaus selten zu geschehen pflegt, so müssen alle Glieder und Bewohner des großen Hauses zusammengreifen und den Schaden wieder ausbessern.

03] Ferner gehört noch zur häuslichen Verfassung, daß die Bewohner des ersten Stockwerkes, oder vielmehr des ersten Randgebäudes, die weitesten Gründe, die des zweiten Stockwerkes die etwas näheren, die Bewohner des dritten Stockwerkes die noch näheren, und so fort die Bewohner der höheren Stockwerke die immer näheren Gründe zu benutzen haben.

04] Ferner ist noch eine Hausregel, daß die Häuser bis zum sechsten Stockwerk keine Wasserleitungen haben dürfen, da sie wegen der geringen Höhe der Wohngebäude das nötige Wasser ohnehin leicht in ihre Wohngebäude bringen. Vom sechsten Stockwerkgebäude aber angefangen, muß jedes Wohnhaus mit Wasserleitungen versehen sein. - Also dürfen auch auf den obersten Terrassen der fünf ersten Gebäude keine Anpflanzungen geschehen; auf den hohen Terrassen der nächsten Gebäude aber können schon Gärten angelegt werden, in denen genießbare Pflanzen und Wurzelfrüchte gezogen werden.

05] So haben auch die Jüngeren immer die Verpflichtung, die höheren Stockwerke eines und desselben Hauses zu bewohnen. Die Stammväter aber wohnen allzeit in dem inwendigsten Gebäude, welches zugleich das höchste und prachtvollste ist.

06] Diese Stammväter haben dann auch den inwendigen, großen Garten zu benutzen und bewohnen auch darum dieses höchste Gebäude, damit sie von der hohen Terrasse dieses Gebäudes alle anderen übersehen können. Wenn sie auch gerade nicht in eigener Person allzeit solches zu tun pflegen, so haben sie aber an ihrer Statt stets einige Wächter auf der höchsten Terrasse aufgestellt, welche wechselweise das ganze Wohnhaus zu übersehen und den Patriarchen sogleich Nachricht zu geben haben, sobald sich nur immer irgendwo etwas zeigt, das da in einer kleinen Unordnung den Grund haben dürfte. Zu dergleichen Erscheinungen gehört irgendein ungewöhnlich emporsteigender Rauch oder auch eine Staubwolke. - Im übrigen aber hat ohnehin jeder Einwohner des Hauses die unausweichliche Verpflichtung, was immer für ein Ereignis sogleich an das Patriarchat anzuzeigen.

07] Dann besteht ebenfalls eine staatlich-häusliche Verfassung, derzufolge alle Kinder männlichen Geschlechtes zum Unterricht in den Tempel gebracht werden müssen. Nur das weibliche Geschlecht wird daheim für die betreffende Hauswirtschaft erzogen.

08] Wenn die Knaben aus den Tempelschulen wieder heimkehren, müssen sie vor den bestehenden Patriarchen Prüfungen ablegen über die Tauglichkeit, die sie sich in den Tempelschulen zu eigen gemacht haben. - Werden sie für vollkommen befunden, so können sie alsbald ehelichen und eine Wohnung für sich beziehen, deren es natürlich in einem so großen Wohngebäude eine Menge zu solchen Zwecken im Vorrate gibt. - Werden sie aber nicht vollkommen befunden, so müssen sie sich schon wieder gefallen lassen, noch einmal in dem Tempel den ziemlich gestrengen Lehrern einen eben nicht gar zu willkommenen Besuch zu machen. Dieser Besuch mundet weder den Lehrern noch den wiederkommenden Schülern, weil sich fürs erste die Lehrer dadurch kritisiert erschauen, wenn irgend Patriarchen mit ihren Schülern nicht zufrieden sind. Die Schüler werden dann aus diesem Grunde eben auch nicht auf die ausgezeichnetste Weise von den Lehrern empfangen, und der nachträgliche Unterricht wird auch allzeit ums Bedeutende unbarmherziger erteilt als der erste. - Da aber dann solche Schüler gewöhnlich bedeutend fleißiger sind als diejenigen, welche das erstemal in der Tempelschule sind, so geschieht es nicht selten, daß solche sehr geschickte Repetenten mit der Zeit selbst zu angehenden Tempellehrern werden und auf diese Weise sonach eben nicht gar zu schweren Herzens, wie ihr zu sagen pflegt, ein leichtes Kreuz über ihre Heimat machen. Denn die Tempelbewohner, besonders die Lehrer, stehen in einem überaus großen Ansehen, aus welchem Grunde einer auch lieber ein kleines Häuschen in dem uns schon bekannten Garten des Tempels bewohnt, als daß er ein erster Patriarch in einem Wohnhause sei.

09] Das wären aber sonach auch im wesentlichen alle häuslichen und staatlichen Regeln beisammen, das heißt, die da ein oder das andere Wohnhaus für sich beachtet. - Es gibt da nur noch nachbarliche Verhältnisse, vermöge welcher jeder Bewohner eines Wohnhauses bei außerordentlichen Fällen die Unterstützung zweier nachbarlichen Wohnhäuser ansprechen kann und darf, welche ihm dann auch ohne Widerrede nach seinem Verlangen gewährt werden muß. Sollte jedoch irgendwo ein ganz neues Wohnhaus errichtet werden, so darf solches niemals ohne den Tempelrat und ohne die Gutheißung des obersten Priesters geschehen. - Das wäre hernach auch das äußere staatliche Verhältnis.

10] Daß natürlich alle Wohnhäuser in allgemeinen Sachen dem Tempel die pünktlichste Folge zu leisten haben, wird sich in dem materiellen Teil der Religion deutlich bekunden.

11] Da wir so mit diesen zwei ersten Verfassungen zu Ende sind, können wir uns füglichermaßen zur Religion der Bewohner dieses Gürtels wenden. Damit wir aber diesen wichtigsten Zweig so vollkommen als möglich und dann auch so kurz als möglich beschauen mögen, wird es nötig sein, die Religion in zwei Teile, nämlich in den materiellen und in den geistigen, zu scheiden.

12] Und wir wollen daher auch sogleich die erste Frage stellen: Worin besteht denn allhier der materielle oder, besser gesagt, der werktätige Teil der Religion der Bewohner dieses Gürtels? - Dieser besteht in nichts anderem, als daß da jedermann alles, was er nur immer tut, zur Ehre Gottes tun solle; und soll daher auch seine Handlung wohl prüfen, ob diese zur Ehre Gottes tauge. Kann eine solche Handlung, das heißt eigentlich die Vornahme zu einer bevorstehenden Handlung, von jemandem nicht vollkommen als Gottes würdig erkannt werden, so hat dann ein solcher die Verpflichtung, seine beabsichtigte Handlung vor dem häuslichen Patriarchat kundzugeben und durchprüfen zu lassen, ob sie zur Ehre Gottes tauge oder nicht; wird sie hier als tauglich bezweifelt, so muß er solches ohne weiteres vor die Hohepriesterschaft des Tempels bringen. Hat diese die vorgenommene Handlung als zur Ehre Gottes für tauglich erkannt, so kann der Vorhaber seine Handlung ohne weiteres ins Werk setzen; wird sie aber da nicht für Gottes würdig erkannt, so muß der betreffende Anfrager fürs erste sogleich von seinem Vorhaben abstehen und fürs zweite für sein der Ehre Gottes unwürdiges Vorhaben eine Art Buße verrichten. Diese besteht darin, daß er eine bestimmte Zeitlang in dem Tempel irgendeinen untergeordneten Dienst versehen muß, wonach er sich dann wieder in seine Heimat begeben kann.

13] Das wäre somit eine Regel des materiellen Teils der Religion. - Eine zweite Regel besteht darin, daß alle Bewohner eines Hauses im Verlaufe von sieben oder auch zehn Sternlichtzeiten sich einmal zur Ehre Gottes im Tempel einfinden müssen, um allda die Lehren über Gott aus dem Munde der Hohenpriester in den verschiedenen Gemächern des Tempels zu vernehmen.

14] So hat auch jedermann die Verpflichtung, einmal in seinem ganzen Leben die höchste Spitze des Tempels zu ersteigen und allda seinen Dank für alles Empfangene und seine Bitte für alles noch Künftige Gott vorzutragen.

15] Also hat auch ein jeder Bewohner die Verpflichtung, nach Ablauf von zehn Sternlichtzeiten, von denen eine gewöhnlich etwas über neunundzwanzig Tage eurer Zeitrechnung andauert, einen gewissen Teil von den Hauptfrüchten seiner drei Hauptbäume an den Tempel abzuliefern.

16] Dann ferner, da die Hauptstraße ein Eigentum der Tempel ist, welche gewöhnlich allzeit in der Nähe dieser Hauptstraße erbaut sind, so muß ein jeder Hausinwohner allzeit bereit sein, mit all seinen Kräften, im Falle der Notwendigkeit, zur Erhaltung dieser Straße beizutragen.

17] Es wird hier sicher jemand fragen: Zu welchem Zweck ist denn eigentlich diese Straße erbaut? - Der erste Hauptzweck ist, daß durch diese Straße die Verbindung und die Einheit aller Bewohner dieses Gürtels, und somit auch aller Tempel, zur Ehre Gottes bewerkstelligt wird. - Ein zweiter Zweck dieser Straße aber ist, daß besonders diejenigen Menschen männlichen Geschlechts, welche Oberpriester werden wollen, Zeugnisse von allen bestehenden Tempeln haben müssen, daß sie zur Ehre Gottes diese ganze, bei zweimalhunderttausend Meilen eures Maßes lange Straße überwandert und dadurch die Bekanntschaft mit allen Tempeln gemacht haben. - Das ist somit der zweite Zweck dieser Straße. - Der dritte Zweck aber besteht auch darin, daß eben auf dieser Straße jedermann, der da Lust hat, sich viele Kenntnisse und Fertigkeiten zu sammeln, die schnellsten und zugleich bequemsten Reisen machen kann.

18] Denn auch hier hat man eine Art Wagen, mit denen man überaus schnell über die ebene Straße dahinfährt. Die Wagen werden aber nicht von Tieren, noch weniger von Menschen gezogen, sondern sie werden durch eine eigene Maschine in eine so schnelle Bewegung gebracht, daß, wenn sie so im schnellsten Zuge sind, eine abgeschossene Kanonenkugel sie nimmer einholen würde.

19] Wer hat denn für diese Wagen zu sorgen? - Fürs erste die Bauleitungen des Tempels; fürs zweite aber haben wir schon gehört, daß da an der Straße überall kleine Wohnhäuser bestehen, deren Einwohner fortwährend die Straße zu überwachen haben; ein jeder Einwohner eines solchen Straßenhauses muß dann auch beständig mit einer bedeutenden Anzahl solcher Wagen versehen sein, welche immer in Bereitschaft sein müssen, um allfällige Reisende aufzunehmen und bis zur nächsten Station weiterzubefördern. - Solches gehört eben auch, als vom Tempel Ausgehendes, in den materiellen Teil der Religion. - Nächstens die Fortsetzung.


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