Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


282. Kapitel: Josephs Anstände. Jesu schlimmer Nachbar verstummt. Des Hirtenknaben Vaters Bitte und Antwort des Kindlein. (19.08.1844)

01] Als aber Joseph in das Dorf kam und dort die Arbeit in Augenschein nahm,

02] da kam auch schon der Lärm ihm nach ins Dorf, und ganz besonders von seiten des Vaters des verdorrten Knaben.

03] Und dieser suchte im Dorfe sogleich die Eltern des getöteten Knaben auf und schürte sie gegen Joseph.

04] Und diese liefen hastig und verzweifelt hin zu Joseph und schrien:

05] »Weiche von hier mit deinem schrecklichen Kinde, bei dem jedes Wort eine vollbrachte Tat ist!

06] Denn Kinder sollen allezeit ein Segen den Menschen sein von oben;

07] dein Kind aber ist uns nur zum Fluche gekommen!

08] Daher weiche von hier, du Unglücksbringer!«

09] Hier sprach das Kindlein: »Wenn also, was seid denn hernach ihr Mir?!

10] Hast du, Vater des Annas nicht zu dem Hirtenjungen gesagt daß er Mich töten solle?

11] Hast du ihm nicht sogar einen guten Lohn verheißen, so er Mich tötete, das er sicher täte, da er noch nicht unter dem Gesetze stehe?

12] Und siehe, also dachte denn auch Ich aus Meinem frühgeweckten Geiste:

13] Ich bin auch noch lange nicht unter dem Gesetze; daher will Ich dem Knaben auch sogleich den wohl verdienten Lohn geben!

14] Und wirst du Mich oder den Vater Joseph Meintwegen vors Gericht ziehen, dann werden auch wir dir das Gesetz zu erklären wissen!

15] Siehe, also habe Ich gedacht dir gleich und also auch gehandelt! Wie magst du denn nun deine Handlungsweise an uns unbillig finden?«

16] Auf diese Rede des Kindleins erschrak der Vater des verdorrten Knaben ganz gewaltig;

17] denn er entnahm daraus ganz klar, daß dies Kindlein auch die Gedanken und geheimen Beschlüsse der Menschen wisse,

18] und daß man sich daher vor Ihm sehr in acht nehmen müsse.

19] Alle die Schreier verließen darauf den Joseph mit dem Kindlein.

20] Nur der Vater des getöteten Knaben blieb vor Joseph und weinte um seinen Knaben und sprach: »Töten ist keine Kunst; aber lebendig machen!

21] Daher soll ja niemand töten, der nicht lebendig machen kann!«

22] Und das Kindlein sprach: »Das könnte Ich auch, so Ich's wollte; aber dein Knabe war böse, darum will Ich's nicht!« - Der Vater aber bat das Kindlein auf solche Rede. Und das Kindlein sprach: »Morgen, aber heute nicht!«



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