Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


274. Kapitel: Des Arztes Staunen und demütig-ahnendes Bekenntnis. Das Kind beruhigt den Arzt und gibt ihm die beste (Seine) Heilmethode kund. Der Arzt glaubt und wird durch seine Heilungen weltberühmt.Joseph nimmt das geheilte Mädchen in sein Haus. (08.08.1844)

01] Als der Arzt aber diese Wunderheilung des von ihm als völlig unheilbar erklärten Mädchens ersah, da war es aber auch aus bei ihm.

02] Er kam kaum zu Atem vor lauter Staunen und sprach zu Joseph:

03] »O Bruder, ich bitte dich, ziehe weg von hier;

04] denn nun wird es mir gewaltig bange ums Herz!

05] Denn siehe, ich bin ein sündiger Mensch, und in deinem Kinde weht offenbar des Herrn Geist!

06] Wie aber kann ein armer Sünder bestehen vor dem allsehenden und allmächtigen Geiste des Allerhöchsten?!«

07] Da lief das Kindlein zum Arzte und sprach zu ihm:

08] »Mann! Warum wirst denn du nun töricht und fürchtest dich vor Mir?

09] Was Arges rat Ich dir wohl, daß es dir nun also banget vor Mir?

10] Meinst du denn, die Heilung des Mädchens war etwa ein Wunder?

11] Ich sage dir: Mitnichten; denn versuche du nur, auch die andern Kranken auf diese Art zu behandeln, und es wird besser mit ihnen!

12] Gehe hin, erwecke in ihnen den Glauben, lege ihnen dann die Hände auf, und sie werden genesen im Augenblicke!

13] Aber zuvor mußt du selbst fest glauben, daß du ihnen also helfen kannst und auch unfehlbarst sicher helfen wirst!«

14] Als der Arzt solches vom Kindlein vernommen hatte, da faßte er einen festen Glauben, ging hin zu den Kranken und tat ihnen nach dem Rate des Kindleins.

15] Und siehe, alle Kranken wurden sogleich gesund, zahlten dem Arzte ihre Gebühr, lobten und priesen Gott, daß Er dem Menschen solche Macht verliehen habe!

16] Dadurch aber fiel dann auch günstigermaßen das Wunderbare vom Kinde vor den Augen der Welt weg.

17] Der Arzt aber gelangte dadurch zu einem ungeheuren Rufe der Berühmtheit,

18] und viele Kranke kamen dann von weit und breit zu ihm und fanden dort ihre Heilung.

19] Da aber das zwölfjährige Mädchen sah, daß da auch der Arzt also wunderbar heilte, da meinte es, das Kind habe das durch den Arzt getan, und pries darnach auch des Arztes Weisheit.

20] Das Kindlein aber beschwerte sich nicht dagegen, denn Es hatte ja darum dem Arzte solche Kraft verliehen, auf daß von Ihm der Verdacht genommen würde.

21] Nur Joseph sprach zum Mädchen: »Mädchen, gedenke, daß alle Kraft von oben kommt!

22] Da du aber nun keinen Dienst hast, so gehe in mein Haus, und du sollst versorgt sein!« Und das Mädchen schloß sich sogleich an Joseph an und ging dann mit ihm.



voriges Kapitel Home  |    Inhaltsverzeichnis  |   Werke Lorbers nächstes Kapitel