Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


239. Kapitel: Die Gäste werden auf das Kindlein aufmerksam. Des Cyrenius Auskunft. Ein Urteil der Nachbarn über Joseph und seine Familie. (26.06.1844)

01] Bald darauf erhob sich die Gesellschaft vom Tische und dankte Gott für die leibliche wie für die geistige Nahrung und begab sich dann zum größten Teile hinaus ins Freie.

02] Nur Joseph, Maria und das Kindlein mit dem Jakob begaben sich in das große Speisezimmer, allda sich Cyrenius noch mit seinen Gästen am Tische befand.

03] Er bewillkommnete überaus freundlich seine liebsten Freunde und wollte sogleich aufstehen und ihnen einen Platz bereiten.

04] Das Kindlein aber sprach: »O bleibe, bleibe, du Mein lieber Cyrenius, wo du bist!

05] Ich bin schon zufrieden, wenn Ich nur in deinem Herzen den gerechten Platz habe!

06] Was da diesen Tischplatz betrifft, an dem liegt Mir nichts.

07] Ich gehe aber nun ins Freie mit den Meinen; wenn du mit der Tafel wirst zu Ende sein, so komme Mir nach!«

08] Darauf lief das Kindlein mit Seinem Jakob flugs hinaus ins Freie, unterhielt Sich dort mit ihm und mit den andern Kindern.

09] Einigen Gästen aus der Stadt aber fiel diese sehr verständige und ganz vertrauliche Rede des Kindleins mit Cyrenius auf,

10] und sie fragten, wie alt denn doch dieses Kindlein sein dürfte;

11] denn es rede ja schon wie ein erwachsener Mann und scheine mit dem Statthalter auf einem sehr vertrauten Fuße zu stehen.

12] Cyrenius aber sprach: »Was kümmert euch das, so ich ein großer Kinderfreund bin?

13] Daß dies Kindlein überaus geistreich ist, das habt ihr alle gesehen;

14] wie Es aber in kaum noch dritthalb Jahren Alters zu solcher Verstandesklarheit gelangt ist,

15] darüber erkundiget euch bei Dessen Eltern, diese werden euch darüber wohl den besten Aufschluß zu erteilen imstande sein!

16] Mich nimmt es überhaupt sehr wunder, daß ihr als die nächsten Nachbarn dieses Hauses dessen Einwohner noch nicht näher kennt!«

17] Darauf sprachen einige: »Ja, wie sollen wir aber diese Familie auch näher kennen?

18] Fürs erste geht sie nirgends hin, und fürs zweite haben wir ja auch zu wenig Zeit, um diese sonderbare jüdische Familie zu besuchen, bei der man sich überhaupt nicht so ganz recht auskennt;

19] denn sie hat einen so sonderbaren mystischen Anstrich, daß man nicht weiß, was man so ganz eigentlich aus ihr machen solle.

20] Soviel wir von andern ganz geringen Menschen erfahren, so ist diese Familie wohl sehr friedsam und tut den Armen viel Gutes;

21] aber es gibt einige, die da sagen, daß sie schon öfter dieses Haus wie in den hellsten Flammen ersahen, die aber auf ,ja' und ,nein' wieder erloschen, und so noch so manches andere.

22] Daher haben wir auch den Mut nicht, diese Familie zu besuchen;

23] denn der Alte ist und bleibt ein jüdischer Hauptzauberer,

24] und mit Menschen solcher Art ist's nicht gut in irgendeine Gesellschaft zu treten!«

25] Hier lachte Cyrenius und sprach: »Nun, wenn also, da bleibt ihr nur dabei stehen; denn dann ist dieses Haus sicher vor euch!« - Die Gäste aber sahen den Cyrenius groß an und wußten nicht, wie sie daran waren.



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