Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


197. Kapitel: Marias und Eudokias Bemühungen um die erweckte Tullia. Ein prophetisches Bild für den Marienkult Roms und den Kreis der eigentlichen Liebhaber des Herrn. (02.05.1844 )

01] Als unsere Spielgesellschaft in das Haus kam, wurde sie kaum bemerkt; denn alles war noch vollauf mit der wiedererwachten Tullia beschäftigt.

02] Einige trösteten sie, andere wieder machten sich so um sie her und beobachteten sie und besorgten (sorgten sich um) einen abermaligen Rückfall in ihren Tod.

03] Selbst Maria und Eudokia waren mit ihr beschäftigt und brachten ihr allerlei Stärkungen und Erfrischungen.

04] Und die Söhne Josephs samt dem Jakob waren mit der Bereitung des Abendmahles beschäftigt.

05] Nur Joseph und Jonatha saßen im Nebenzimmer auf einer Strohbank und besprachen sich über so manches aus der Vorzeit;

06] und sie auch waren die einzigen, die die Eintretenden bemerkten, standen darum auf und gingen dem Cyrenius und dem Kindlein entgegen und empfingen sie natürlich auf das allerfreundlichste.

07] Das Kindlein lief aber sogleich zu Joseph und sagte zu ihm:

08] »Wie lange werden die Toren die wiedererwachte Tullia noch trösten, laben und stärken?

09] Sie lebt ja schon lange gut genug und wird nicht wieder sterben vor ihrer rechten Zeit; was wollen denn die Toren?«

10] Und Joseph sprach: »Was kümmert uns das? Lassen wir ihnen ihre Freude; denn wir verlieren ja nichts dadurch!«

11] Und das Kindlein sagte darauf: »Das ist wohl offenbar wahr, und Ich will Mich darob auch wenig kümmern;

12] aber das, meine Ich, sollte doch auch richtig sein: Wenn schon die Erweckte eine so große Bewunderung verdient, da sollte doch auch der Erwecker nicht gar zu sehr im Hintergrunde stehenbleiben!«

13] Und Joseph sprach: Du hast Du, mein Söhnchen, wohl ganz recht; aber was läßt ich hier machen?

14] Soll ich Dich als den unfehlbaren Erwecker aufführen, so hieße das, Dich vor der Zeit an die, die Dich lange noch nicht kennen, verraten - und das wäre unklug!

15] Hauchtest Du ihnen aber eine solche Erkenntnis wunderbar in ihr Gemüt, da wären sie gerichtet!

16] Daher lassen wir sie, wie sie sind; wir aber bleiben hier im geheimen beisammen im Geiste und in der Wahrheit!

17] Wenn sie sich aber bis zum Überdrusse an der Römerin werden satt getröstet und gegafft haben, dann werden sie wohl kommen und werden mit uns Gemeinschaft machen!«

18] Und das Kindlein sprach: »Seht auch hier wieder ein Bild der Zukunft!

19] Also werden sich auch dereinst die, welche unter unserm Dache sein werden, mit der toten Römerin abgehen der weltlichen Dinge wegen,

20] und Maria wird unter den Römern und mit der Römerin viel zu tun haben!

21] Aber dennoch werden die in unserm Hause nicht unsere Genossen, sondern vielmehr sein, was sie nun sind, nämlich Heiden, und werden Meiner nicht achten, sondern allein der Maria!

22] Und Meine eigentliche Gesellschaft wird verborgen und klein bleiben zu allen Zeiten in der Welt!

23] Tullia war eine blinde Bettlerin und ward sehend durch Mein lebendiges Wasser,

24] und ward dann ein erstes Weib des großen Reiches der Heiden.

25] Da sie aber eifersüchtig ward, da auch fand sie den Tod.

26] Wieder ward sie erweckt, daß sie lebe; sie lebt, aber noch mag sie Meiner nicht gewahr werden.

27] Werde Ich sie wohl durch ein Gericht auf Mich müssen aufmerksam machen?!

28] Ich aber will noch warten einige Zeit und sehen, ob sich die Römerin nicht erheben wird und kommen zu Mir, ihrem Erwecker! - Joseph verstehst du dies Bild?«



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