Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


186. Kapitel: Des Knaben Sixtus 'Gegengeschenk' an den Vater Cyrenius: ein Vortrag über das Wesen und die Gestalt der Erde. Die Bestätigung durch das Jesuskind. (17.04.1844)

01] Es trat aber darauf der älteste von den drei Knaben hin zu Cyrenius und sagte zu ihm:

02] »Vater Quirinus Cyrenius! Da du uns so ausgefragt hast über so manches und wir dir keine Antwort schuldig geblieben sind und hattest Freude darob an uns allen gefunden, -

03] möchtest du für deine Liebe und Sorge für uns nicht auch ein kleines Gegengeschenk annehmen von mir?«

04] Cyrenius lächelte über diese Frage und sprach zum Knaben:

05] »Dein Antrag, mein lieber Sixtus, ist mir sehr erfreulich und lieb; aber nur mußt du mir die Sache näher beschreiben, mit der du mich beschenken willst,

06] und ich werde es euch allen dann gleich sagen, ob ich sie annehmen kann oder nicht!«

07] Darauf erwiderte der Knabe und sprach: »O Vater Quirinus Cyrenius, es ist keine Sache, die wir dir zum Geschenk bringen wollen und können,

08] sondern eine neue Wissenschaft, von der du bis jetzt sicher noch keine Ahnung hast!«

09] Als Cyrenius solches von seinem Sixtus vernommen hatte, da sagte er zu ihm:

10] »Höre du, mein lieber Sixtus, wenn sich die Sache also verhält, da kannst du mir schenken, soviel du nur immer willst, und ich werde alles bereitwilligst annehmen!«

11] Nach dieser Äußerung von Seite des Cyrenius sagte der Knabe:

12] »Nun denn, so dir, o Vater Quirinus Cyrenius, das angenehm ist, so wolle mich denn anhören!

13] Du hast bis jetzt sicher noch nie in der Wahrheit gehört, wie da unsere Erde aussieht, und was sie für eine Gestalt hat!

14] Was meinst du wohl, welche Gestalt sie hat, die große Erde, die uns alle trägt und ernährt durch die Gnade Gottes in ihr?«

15] Und Cyrenius stutzte über diese Frage und wußte nicht, was er sagen sollte darauf.

16] Nach einer Weile sagte er erst zum Knaben: »Höre, Knabe, deine Frage setzt mich in eine große Verlegenheit; denn ich kann dir darauf keine bestimmte Antwort geben.

17] Wir haben wohl allerlei Mutmaßungen über das Wesen der Erde; aber wo es sich um eine bestimmte Wahrheit handelt, da kann man nicht mit Mutmaßungen zum Vorscheine kommen!

18] Daher rede du nur jetzt ganz allein, und ich werde dich hören und beurteilen dann deine Darstellung!«

19] Hier lief der Knabe auf einen Wink Josephs ins Haus und brachte ganz behutsam denjenigen Erdglobus, den das Kindlein in der Nacht vorher wegen der Mondfinsternis geschaffen hatte aus einer Pomeranze.

20] Als Cyrenius dieses Produkt erschaute, da verwunderte er sich und sprach: »Ja, was ist denn das? Ist das etwa gar das vermeintliche Geschenk?

21] Du sagtest ja ehedem, das Geschenk bestünde in keiner Sache, sondern nur in einer wissenschaftlichen Erörterung!

22] Das aber ist ja eben nur eine Sache und keine wissenschaftliche Erörterung!«

23] Der Knabe aber sprach: »Lieber Vater Quirinus Cyrenius, das ist wohl wahr, aber diese Sache kann ich dir nicht zum Geschenke machen, weil sie nicht mein ist;

24] aber sie ist hier vonnöten, wenn du mich verstehen sollst!«

25] Hier fing der Knabe wie ein Professor mit Hilfe der Erdkugel an, das Wesen der Erde zu erörtern, und das mit einer solchen Gründlichkeit, die (das sie) den Cyrenius ins tiefste Erstaunen versetzte.

26] Und als der Knabe fertig war, sagte das Kindlein zu Cyrenius: »Also ist es! Damit dir aber davon ein Andenken bleibe, so soll auch diese kleine Erde dein sein, bis du einst in Meinem Reiche eine größere überkommen wirst!«



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