Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


168. Kapitel: Das von Joel schlecht bereitete Mus. Marias und Josephs Rüge. Des Kindleins Nachsicht mit Joel. Erziehungswinke.(16.03.1844)

01] Nun kostete erst Maria das Mus das Joel fürs Kindlein bereitet hatte und fand es im Ernste etwas sauer und kleingrießartig topfig.

02] Da berief sie alsbald den Joel, der sich noch ganz geschäftig in der Küche mit dem Braten der Fische abgab.

03] Als dieser kam, sagte die Mutter voll Ernstes: »Joel, da verkoste einmal das Mus!

04] Hast du denn gar so wenig Achtung vor dem Kinde, vor dem Vater Joseph und vor mir, dem getreuen Weibe deines Vaters, daß du mir solches antun magst?!

05] Haben denn unsere Kühe und Ziegen keine frische Milch mehr im Euter?

06] Warum nahmst du eine gestrige, schon sauer gewordene, die man wohl kalt genießen kann, so man durstig ist, aber nicht gekocht, da sie dann schädlich ist, ganz besonders den Kindern?«

07] Hier kostete auch Joseph das Mus und wollte schon ein kleines Donnerwetter über den Joel senden;

08] aber das Kindlein richtete Sich auf und sprach: »O ihr Menschen ihr, warum wollt ihr denn Mich überall überbieten?!

09] Ist denn nicht genug, was Ich über den Joel bemerkte?! Warum wollt ihr ihn denn nach Mir völlig richten?!

10] Meint ihr, Ich habe ein Wohlgefallen, an solcher eurer Strenge? - O nein! Mir gefällt allein nur die Liebe, Sanftmut und die Geduld!

11] Joel hat sich durch seine Unachtsamkeit allerdings strafbar gemacht,

12] darum Ich ihn aber auch durch Meine tadelnde Bemerkung sogleich gestraft habe. Diese Strafe aber ist hinreichend; wozu da noch eine weitere Rüge und ein Donnerwetter obendrauf?

13] Es tut wohl jeder Vater recht so er die kleinen unartigen Kinder mit der Rute bestraft, aber den erwachsenen Söhnen soll er stets ein weiser und sanfter Lehrer sein!

14] Nur so ein Sohn sich auflehnete gegen den Vater, dem soll gedroht werden!

15] Bekehrt er sich da, so soll er wieder in den alten Frieden gesetzt werden;

16] bekehrt er sich aber nicht, da soll er verstoßen und vom Hause des Vaters und aus seinem Vaterlande getrieben werden!

17] Joel aber hat ja nichts verbrochen, nur die Lust zu den Fischen gestattete ihm nicht so viel Zeit, daß er eine Ziege gemolken hätte!

18] Von nun an aber wird er das auch sicher nimmer tun; darum sei ihm auch alles vergeben!«

19] Darauf berief das Kindlein den Joel zu Sich und sprach: »Joel, wenn du Mich liebst, wie Ich dich liebe, so bereite in Zukunft deinem Vater und deiner Mutter keinen solchen Kummer mehr!«

20] Joel aber fing vor Rührung an zu weinen und fiel auf seine Knie und bat das Kindlein, die Maria und den Joseph um Vergebung.

21] Und Joseph sprach: »Stehe nur auf, mein Sohn, was dir der Herr vergibt, das sei dir auch von mir und der Mutter vergeben!

22] Gehe aber nun, und siehe nach was die Fische machen!«

23] Und das Kindlein sagte ebenfalls hurtig dazu: »Ja, ja, gehe nur, sonst werden die Fische überbraten, da sie dann nicht gut wären; denn Ich will ja Selbst davon essen!«

24] Diese Besorglichkeit gefiel den andern acht Kindern so gut, daß sie aus Freuden laut lachten.

25] Das Kindlein aber lachte Selbst recht herzlich mit und brachte in die ganze Tischgesellschaft eine recht heitere Stimmung, und Jonathas Augen waren voll entzückter Freudentränen.



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