Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


118. Kapitel: Der Unterschied zwischen des Herrn Macht und der Seiner Diener. Des Cyrenius Frage nach dem Zweck der Engel. Das Gleichnis vom liebenden Vater und seinen Kindern. (09.01.1844 )

01] Nach dieser Machtzeigung führten die beiden Jünglinge den Cyrenius wieder ins Gemach, da Joseph, Maria mit dem Kindlein, die Tullia, die Eudokia und die drei Priester, der Maronius und noch anderes Gefolge des Cyrenius sich befanden.

02] Und Joseph trat sogleich zu Cyrenius hin und fragte ihn:

03] »Nun, erlauchtester Bruder und Freund, was sagst du zu diesen Dienern des Herrn?«

04] Und Cyrenius sagte: »O erhabenster Bruder, da ist zwischen ihnen und dem Herrn ja nahe gar kein Unterschied; denn sie sind ebenso mächtig wie Er!

05] Das Kindlein zerstörte letzthin durch den Wink mit einer Hand die große Statue des Zeus;

06] diese Diener aber zerstörten durch ein Wort einen ganzen Berg! - Sage, was Unterschiedes wohl ist da zwischen Herr und Diener?«

07] Und Joseph erwiderte dem Cyrenius: »O Freund, dazwischen ist ein endlos großer Unterschied!

08] Siehe, der Herr tut solches alles aus Sich Selbst ewig; Seine Diener aber mögen (vermögen) solches nur aus dem Herrn dann tun, wann Er es haben will!

09] Ist das nicht der Fall, da vermögen sie aus sich so wenig als ich und du, und alle ihre eigene Kraft vermag nicht ein Sonnenstäubchen zu zermalmen!«

10] Cyrenius aber erwiderte: »Ich verstehe dich; was du gesagt hast, ist richtig und bedarf keiner weiteren Erläuterung.

11] Aber so das alles nur der Herr wirkt und die Diener in sich keine Kraft haben, wozu sind sie Ihm denn hernach?«

12] Und Joseph sprach: »Siehe, du herrlicher, lieber Bruder, hier ist das Kindlein! Wende dich mit dieser Frage an Dasselbe, - Das wird dir darüber die gültigste Antwort geben!«

13] Und Cyrenius tat dies, und das Kindlein richtete Sich auf und sprach:

14] »Cyrenius, du bist nun Gatte und hast in dieser Nacht schon befruchtet dein Weib, auf daß dir ein Nachkomme werde!

15] Ich sage dir aber, du wirst deren zwölf noch bekommen! Wenn du aber ein Vater von zwölf Kindern sein wirst, sage Mir, wozu sie dir sein werden, und warum und wozu du überhaupt Kinder haben willst!

16] Kannst du denn etwa ohne solcher deiner Kinder dein Geschäft nicht gut und rüstig genug versehen?«

17] Hier stutzte Cyrenius gewaltig und sprach nach einer Weile etwas verlegen:

18] »Was das Versehen meiner regierenden Staatsgeschäfte betrifft, da hat es seine geweisten Wege, und ich bedarf dazu der Kinder nicht!

19] Aber nur in meinem Herzen spricht sich ein mächtiges Bedürfnis für den Besitz der Kinder aus, und dieses Bedürfnis heißt Liebe!«

20] Und das Kindlein sprach: »Gut, wenn du aber Kinder haben wirst, wirst du sie nicht auch aus reiner Liebe zu ihnen in dein Geschäft ziehen und wirst ihnen geben Macht und Gewalt darum, weil sie deine Kinder sind, und wirst sie machen zu deinen gewaltigen Dienern?«

21] Und Cyrenius erwiderte: »O Herr, das werde ich wohl gewiß sicher tun!«

22] Und das Kindlein erwiderte wieder: »Nun siehe, wenn du als Mensch schon solches aus deiner Liebe zu deinen Kindern tust, warum sollte es denn Gott nicht tun als ein heiliger Vater mit Seinen Kindern aus Seiner unendlichen Liebe zu ihnen?«

23] Diese Antwort sagte dem Cyrenius alles, erfüllte ihn, wie alle, mit der höchsten Achtung, und er fragte hernach um nichts mehr.



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