Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 3, Seite 057


26] Seht, solche zerreißen sich fast das Maul auf ihren Kanzeln und schlagen mit den Händen wie Besessene herum, um dadurch noch irgend einen letzten Groschen aus seiner Ruhe in der Tasche eines Bettlers aufzuschrecken und ihn zu fangen in ihre verdamnmisvollen Schlingen. Solche eifrige Beförderer Meines Wortes werden einst sehr viel Lohn erhalten; da soll ihr Himmel sein ein goldenes Herz, eine silberne Seele und ein kupferner Leib, und so viel Leben in diesen toten Metallen ist, ebenso viel sollen sie auch haben ewig.

27] Wieder gibt es andere, die da sind förmlich asketische Gleisner und Heuchler, um dadurch das Augenmerk eines Hirten auf sich zu ziehen, sich in seine Gunst zu setzen und dadurch sich bald möglichst in den Besitz irgend einer sehr namhaften Pfründe versetzt zu sehen. Diese drehen sich fast die Augen vor lauter Andacht und Demut aus; ihren Leib biegen sie fast allzeit bis zur Erde nieder; verrichten ihr Opfer außerordentlich langsam, und ihre Lippen bewegen sie fast immer, als wenn sie beteten, reden kaum mit halber, stets gebrochener Stimme; wenn sie Meinen Namen aussprechen, da bringen sie sich fast um; sie fasten und beobachten das Äußere des Äußeren wegen auf das pünktlichste vor den Menschen, - jedoch bei sich lachen sie über alles, und ihr Herz ist fest wie ein Stein, so daß sie vor lauter Andacht der armen Brüder gar nicht gewähr werden, die knapp an ihnen vorbei flehend ziehen. Und wie sie taten als Kapläne und wollten dadurch bald Pfarrherren werden, so tun sie als Pfarrherren, um Dechanten zu werden; und sind sie solche geworden, dann ist ihr Augenmerk auf eine glänzende Domherrenstelle gerichtet, und so weiter bis zur Bischofswürde; und selbst da schwebt ihnen noch immer der Kardinalshut vor den Augen, wo nicht gar die Tiara selbst. - Was aber Mich in der Wahrheit betrifft, um das haben sie sich nie gekümmert. Von Meinem lebendigen Worte wollten sie nie etwas wissen und versetzten Mich - als das Leben alles Lebens - lieber mit Haut und Haaren in die tote Zeremonie und hatten einen förmlichen Abscheu vor der Heiligen Schrift.

28] Seht, solche Schleicher gibt es besonders jetzt sehr viele in der römischen Kirche. Sie sind zwar Priester, die dem Volke gerade kein Ärgemis geben, aber sie bringen auch nur äußerst wenig gute Früchte, da ihr Wort ist gleich einer Frucht, da kein Lebenskern innen ist und geht verfaulend zugrunde in der Erde, welche ist: die Herzen des Volkes. Ich lasse solche öfter erreichen ihr Ziel, während Ich nie ermangeln lasse innere Mahnungen, die ihnen beständig zurufen: Nehme dein Kreuz auf deine Schulter und folge Mir nach, so wirst du leben und wahrhaft beleben die toten Herzen deiner dir anvertrauten Herde! Statt aber das anzuhören und danach zu tun, kaufen sie lieber, wenn es noch gutgeht, ein sogenanntes Kruzifixlein, hängen oder nageln es irgendwo an und blinzeln vor demselben dann und wann, so sie jemand sieht, mit ihren frömmelnden Augen; doch wenn es auf sie ankäme, hätte das Kruzifixlein lange gut ruhen. Und auf diese leichtere Art halten sie ihre zarten Schultern frei. Auch senden sie sogar inbrünstige Gebetlein, teils schriftlich unters Volk, vielfältig aber auch bei sich aus dem Stegreife um die baldige Abrufung irgend eines würdigen, verdientermaßen höher Stehenden aus purer Nächstenliebe - durch irgendeinen Heiligen - zu Mir.



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