Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


06] Seht, das ist schon beantwortet damit, daß die Pflanze die Fähigkeit in sich haben muß, die Luft an sich zu saugen - denn sonst könnte wohl nicht leichtlich diese eigentümliche Luft hier vorhanden sein, wovon euch schon eure Nase belehren muß, so ihr eine solche Röhre abschneidet und dann die in derselben befindliche Luft eurer Nase näher bringt.

07] Daß durch die Einatmung diese Luft in der Pflanze vorhanden ist, beweist auch noch das, daß, so ihr die Pflanze, wenn sie noch lebt, aus der Erde reißet und sie auf ein Feuer legt, ihr beim Verbrennen derselben alsobald durch das blasende Gezische gewahr werdet, daß Luft in derselben vorhanden ist. Denn wäre keine Luft vorhanden, so würde die Pflanze ohne Gezische und Geprassel verbrennen wie ein in Öl getauchter Faden.

08] Da würde ein Naturforscher allerdings sagen: »Ja, diese Luft kann auch durch die Poren dahin dringen!« - O ja, sage Ich, und sage noch dazu, daß sie das tun muß. Denn wenn die Pflanze so verschlossen wäre, daß sie nicht irgend auch allerfeinste Poren hätte, sagt, wodurch soll denn die Luft hineindringen, selbst dann, wenn die Pflanze ihre Atmungsfähigkeit noch bedeutend sichtbarer äußern würde als irgendein Tier!?

09] Wenn man z.B. euch Mund und Nase verstopfen würde, wodurch wird wohl Luft in eure Lungen dringen nach dem Bedarf, wie ihr derselben nötig habt zum Leben!? Da eure zwei größeren Mund- und Nasenporen offen fein müssen, wenn ihr atmen sollt, so werdet ihr doch auch nichts dawider haben, wenn eine Pflanze auch irgend mit Poren versehen ist, durch welche die Luft in sie dringen kann nach ihrem Bedürfnisse. Und ihr werdet die Pflanze um diese Fähigkeit umso weniger beneiden, da sie mit dem Atmen viel ökonomischer ist als ihr.

10] Denn während ihr doch alle Sekunden aus- und einatmet, atmet die Pflanze nur zweimal im Tage. Und zwar geschieht der Einatmungsprozeß zur Tageszeit und der Ausatmungsprozeß zur Nachtzeit. Es wird da nämlich die atmosphärische Luft, nach dem Bedürfnisse der Pflanze, durch die Poren, ja bei einigen Pflanzen sogar durch eigens dazu bestimmte Kanäle, langsam den ganzen Tag über in sich gezogen. Zur Nachtzeit aber, wenn der chemische Prozeß vor sich gegangen ist und die Pflanze das ihr Zusagende aufgesaugt hat, wird er überflüssige, der Pflanze nicht zusagende Kohlenstoff (d.h. die überflüssige Kohlensäure, eine Verbindung aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Es ist dieser Atmungsvorgang nicht zu verwechseln mit dem unter dem Einfluß des Sonnenlichtes in den grünen Pflanzenteilen stattfindenden Prozeß der Assimilation, wobei Sauerstoff ausgeschieden wird.) mit anderen, der Pflanze ebenfalls nicht zusagenden Stickteilen hinausgestoßen - welcher Ausstoßungsprozeß dann ebenso lange wieder fortdauert, wie am Tage der Einatmungsprozeß gedauert hat.



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