Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 01, Kapitel 218


Ankunft wohlgesinnter Pharisäer mit Kranken, die von Jesus geheilt werden.

01] Als wir nach Hause kommen, so kommen uns mehrere Diener entgegen und erzählen, dass bald nach unserem Abgange ins Tal eine Menge Fremder angekommen sind und sich nach Mir angelegentlichst erkundigt haben, was Ich hier täte, und wohin Ich nun gezogen wäre. Aber sie, die Diener, die in den Fremden verkleidete Pharisäer erkannt hätten, haben ihnen gesagt, Ich sei schon lange aus dieser Gegend gezogen, ihrer Vermutung nach etwa gar nach Damaskus oder möglicherweise auch wohl gar nach Persien zu den Heiden; denn Ich solle bei Meinem Hiersein Mich öfter also geäußert haben: »Das Heil wird den Juden genommen und den Heiden gegeben werden!«

02] Da hätten sich diese Kundschafter sichtlich geärgert, und einer aus ihnen habe darauf gesagt: »Von jungen Bäumen vermögen wohl Buben die Früchte herabzuschütteln, aber nicht also von einem alten Baume, der erst mit aller Vorsicht erstiegen werden muß, so man zu den mit Frucht beladenen Ästen kommen will! Dieser Gaukler wird dem alten Judentume wohl ganz verzweifelt wenig anhaben!«

03] Darauf hätten sie, die Diener, gelacht und gesagt: »Na, gebt acht, dass der Baum nicht seiner Fäulnis wegen windfällig wird! Uns kommt es vor, dass euer Baum eigentlich schon lange hin ist und von einer Frucht - außer sie behängen die dürren Äste mit trockenen Feigen und erklären solche Lumperei für ein Wunder - schon lange keine Spur mehr anzutreffen ist!«

04] Auf solche Äußerung seien diese sichtlichen Pharisäer äußerst unwillig geworden und hätten der Dienerschaft zu drohen angefangen.

05] Die Diener aber haben gesagt: »Fürs erste sind wir Griechen und haben die Religion unseres Kaisers und können daher eure Dummheit, die ihr Gotteslehre nennt, allerweidlichst verlachen, und ihr könnt uns nichts anhaben, so wir solches nicht in euren Tempeln und Schulen tun. Und fürs zweite sind wir unser viele, die im Hause des großen und mächtigen Kisjonah dienen; und so ihr nicht bald diesen Ort räumt, so werden wir euch mit Knitteln den Weg zu weisen anfangen!« Da bissen sie sich vor Galle in die Lippen und gingen ihres Weges längs dem Meere aufwärts, und zwar den Weg, der von hier zu Lande nach Jerusalem führt.

06] Nun aber fragen wir Dich, Herr Jesus, ob wir also recht gehandelt haben!?«

07] Sage Ich: »Bis auf eines ganz recht; aber das war nicht recht, dass ihr ihnen eine wissentliche Unwahrheit gesagt habt! Es wäre besser gewesen, so ihr ihnen die Wahrheit gesagt hättet. In dem Falle hätten sie uns erwartet, und wir hätten an ihnen Umwandlungen bewirkt; denn das waren zumeist Kranke, darunter wohl etliche Pharisäer, aber dennoch etwas besserer Art. Sie lagern nun am Hügel, der am obern Ende der Bucht sich erhebt; geht daher eilends hin mit Eseln und Maultieren und schafft sie alle hierher. Sagt ihnen: "Der Herr ist angekommen und harrt euer!" Die Kranken legt auf die Maultiere und Esel, und die Gesunden sollen zu Fuße wandeln!«

08] Auf dies Mein Verlangen, obschon es schon ziemlich spät dämmerig ist, begeben sich die Diener also auf den Weg und bringen nach einer Stunde alle, die sie ehedem blindeifrig vertrieben haben.

09] Es treten sogleich fünf Pharisäer zu Mir ganz geziemend ehrerbietig und beklagen sich darob, dass sie von der Dienerschaft sehr roh behandelt worden wären, und dass diese sie beschimpft und belogen habe.

10] Ich aber vertröste sie und sage ihnen, dass bei der Dienerschaft kein böser Wille gewaltet habe. »Denn sie taten solches nur aus blinder Liebe zu Mir, da sie in euch Meine Feinde zu erkennen glaubten. Ich beschied sie aber darum auch nach Meiner Ankunft, alsogleich euch zu holen und so gut als möglich hierherzubringen; und so mußten sie an euch allen sogleich wieder gutmachen, was sie ehedem verbrochen haben; und Ich meine, dass diese Sache sogestaltig ausgeglichen ist.«

11] Sagen die Pharisäer: »Ganz vollkommen; es ist nun alles wieder in der schönsten Ordnung. Aber nun von was anderem!

12] Wir sind gar aus Bethlehem hierhergekommen, indem wir von deiner außerordentlichen Heilkunst Wunderdinge vernommen haben. Wir haben darum auch unsere Kranken mitgebracht; die noch soviel Kraft hatten, ihre Füße zu gebrauchen, mußten natürlich gehen, - die Schwächeren aber haben wir auf Lasttieren hierher befördert. Wir bitten dich darum, dass du dich der Leidenden erbarmen möchtest und sie heilest von ihren Leiden!«

13] Sage Ich: »Wo sind denn jene, die ihr von Bethlehem auf Lasttieren hierhergeschafft habt? Von denen wußte Mir die Dienerschaft nichts zu sagen.«

14] Sagen die fünf Pharisäer: »Wir haben sie jenseits der Bucht in die Herberge gegeben, da wir nicht wissen konnten, ob du anzutreffen sein werdest. Denn wir haben ohnehin sehr schwer erfahren, dass du dich in der Zeit für gewöhnlich hier aufhieltest, und es sei unsicher, dich anzutreffen;und so haben wir denn den Versuch gewagt, ob du hier wärest und, so du nicht hier wärest, man es eben hier doch vielleicht am ehesten erführe, wo du dich etwa befinden möchtest, oder wann du etwa zurückkehren könntest. Solcher Ungewißheit halber haben wir denn auch unsere gar gebrechlichen Kranken in die vorbesagte Herberge gegeben, auf dass sie dort eine Pflege haben sollen, während wir uns bemühten, irgendwo zu dir zu kommen, um dich zu bitten, dass du dich der Schwerleidenden erbarmen möchtest! Wir haben darum auch auf dem Berge oberhalb der Herberge unser Lager gemacht, auf dass wir unseren Kranken, die in der Herberge mit genauer Not untergebracht sind, in möglichst nächster Nähe wären.

15] Nun, Herr und Meister, haben wir dir alles gesagt, und weiter hinaus können wir dir nichts sagen. So du alsonach willst, so erbarme dich der Armen und Leidenden!«

16] Sage Ich: »Es ist dem also: Wenn ihr nicht seht Wunder und Zeichen, so ist schwach euer Glaube (vgl. Johannes.04,48); ohne die Kraft des Glaubens aber läßt sich wenig tun zum Heile der Menschen! Aber so ihr glaubt, da sollt ihr die Herrlichkeit der Macht Gottes im Menschen sehen!«

17] Sagen alle: »Ja, ja, Herr. Wir glauben alle. Wer wie du eine tote Tochter des Obersten Jairus ins Leben zurückrufen kann, der kann auch alle anderen Krankheiten heilen, die noch lange kein Tod sind! Denn solche Tat haben wir bis nach Bethlehem, der Stadt Davids, vernommen!«

18] Sage Ich mit aufgehobenen Händen: »Nun denn, so geschehe euch nach eurem Glauben!«

19] Alle die Kranken, die im Hofraum der Heilung harrten, wurden plötzlich kerngesund, fingen an zu jubeln und zu schreien vor Freude und sprachen laut: »Wir haben ein Licht in unsere Leiber fahren sehen - und wir waren gesund; und es ist uns nun so wohl, als ob uns nie etwas gefehlt hätte. Heil Dem, der uns also plötzlich geheilt hat!«

20] Die Pharisäer können vor lauter Staunen beinahe kein Wort herausbringen. Nach einer kleinen Weile aber hören sie ebenfalls laut schreien und jubeln durch den Ort Kis; und sie, die Pharisäer, und mit ihnen die grundgeheilten Kranken gehen eiligst hinaus zu schauen, was es da für einen Lärm gäbe. Aber sie ersehen nur zu bald ihre Herbergekranken, die alle wie muntere Hirsche einherspringen (vgl. Psalm.018,34; Jesaja.35,06) und beständig »Heil dem Manne« rufen, der sie geheilt hatte also wunderbar.

21] Als die Genesenen an die fünf Pharisäer stoßen, fragen diese die Jubelnden, wann und wie sie geheilt wurden. Alle Geheilten, bei dreißig an der Zahl, aber erzählen ihnen einstimmig, wie solches um die und die Zeit war, und dass sie ein Licht in ihren Leib haben fahren sehen.

22] Da merkten die fünf, dass das genau um die Zeit war, als Ich gesagt habe: »So geschehe euch nach eurem Glauben!«, und dass die in der Herberge durch ein Licht geheilt worden sind.

23] Alles ist voll Staunens, und die Geheilten rufen: »Führet uns zu dem Heilande, dass wir ihm persönlich unser Lob und unsern Lohn darbringen!«

24] Da führen die Pharisäer sie zu Mir hin, und sie fallen vor Mir nieder und geben Gott die Ehre, dass Er einem Menschen solche Kraft verlieh!

25] Ich aber heiße sie sich erheben vom Boden und bedrohe sie alle zugleich, während Ich ihnen den für sie bestellten Speisesaal zeige, dass sie von all dem nirgends was ruchbar machen sollen, weder zu Jerusalem noch in der Stadt Davids.

26] Und sie geloben Mir alle einstimmig, dass sie solches soviel als nur immer möglich beachten werden; nur werde es ihnen in ihrer Stadt schlecht gehen, wenn sie als kerngesund wieder in dieselbe einziehen werden; aber sie würden dennoch das möglichste tun, um nur Mich nicht zu verraten.

27] Ich heiße solchen Vorsatz gut und führe sie alle Selbst in den Speisesaal, allwo Erfrischungen und Stärkungen aller Art auf sie warten. Ich segne ihnen Speisen und Getränke und beheiße sie dann, nach Bedürfnis zu essen und zu trinken und versichere ihnen, dass es ihnen nicht schaden werde. Und sie fangen an zu essen und zu trinken; Ich aber ziehe Mich darauf in ein anderes Gemach zurück, allwo für Mich und die Meinen noch der ehrliche Baram aus Jesaira ein überaus reichliches Abendmahl vorbereitet hatte, an dem an Meiner Seite Kisjonah mit seiner Familie fröhlichsten Teil nahm.



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