Jakob Lorber: 'Bischof Martin - Die Entwicklung einer Seele im Jenseits'


125. Kapitel: Borem und die herzkranken Nonnen. Von der Eifersucht und Winke zu ihrer Heilung.

Originaltext 1. Auflage 1896 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text u. Versnummerierung nach 3. Auflage 1960 Lorber-Verlag

01] Die Drei gehen nun gar freundlichen Antlitzes zu den armen Weibern, und als sie bei ihnen ankommen, nimmt der Borem das Wort und spricht:

02] „Liebe Schwestern, höret mich recht geduldig an, ich will euch Allen ein gutes Recht verschaffen; denn ich weiß, daß da euer Herz leidet, und weiß, daß dieser Bruder, als ihr ehedem bei ihm euer Recht suchtet, euch hart zurückgewiesen hat; ich konnte damals, als selbst Gast dieses Hauses, diesem Hauseigentümer nicht in seine Rede, in sein Recht fallen; denn ein Jeder ist der erste Rechtsherr seines Hauses!

03] Da mir nun aber der Oberherr aller Hausherrn nun das Recht eingeräumt hat, auch als Gast das Recht der Liebe zu üben, so will und werde ich auch nun nach allen meinen Kräften, und mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln, euch Allen euer gutes Recht verschaffen und alles im Namen des Herrn gut machen, was euch nun bedrücket, und euer Herz beleidiget hat! Seid ihr Alle, meine lieben Schwestern, damit zufrieden?"

04] Reden die Weiber, wie aus Einem Munde: „O ja, o ja, du lieber guter Freund! Wahrlich, du bist schon ganz sicher ein wahrer Gottesfreund; von dir wollen wir ja Alles gerne annehmen; du meinst es gut und redlich mit uns, und erkennst das Leid unserer Herzen; aber mit diesem Martin wollen wir nichts mehr zu thun haben; denn statt unsere Noth zu erkennen, uns zu trösten, zu belehren und die Wahrheit zu zeigen, so wir etwa doch auf einem Irrwege wären, hat er uns zur Hölle, in das Bad der Teufel verwiesen; das war sehr unhimmlisch von ihm gegen uns gehandelt, von ihm, der ein Hauptbürger der Himmel ist, oder doch wenigstens sein will. Daher wäre es uns lieber, so er zurückträte, auf daß wir uns nicht ärgerten an seinem Anblicke!"

05] Spricht der Borem: „Liebe Schwestern, lasset das nur gut sein, und lasset es nun mir über, ich werde schon alles wieder gut machen. Sehet, dieser unser Bruder Martin ist kein böser Geist, sondern, wie ich, aus dem Herrn nur ein Guter.

06] Wir hatten mit jenen nun wohl noch stark argen Gästen, die nun in jenem Bade sind, sehr viel zu thun, und hatten dabei recht viel bedauerlichen Aerger; als wir, der für uns zu großen Mühe nahe völlig überdrüssig, zu jenem übermächtigen Freunde gingen uns fernern Rathes zu erholen, da kamet ihr uns gerade wie in einem sehr ungünstigen Wurf entgegen, und der ohnehin sehr leicht erregbare Martin hat euch dann freilich wohl etwas zu hart und unsanft empfangen, was aber wie gesagt, uns Allen sehr zu verzeihen ist!

07] Daher meine ich, ihr werdet das ihm wohl leicht verzeihen, da er doch sonst zu euch voll Liebe ist, und hat eine große Freude, euch Alle als seine lieben Hausgenossen zu begrüßen! ich glaube, ihr werdet das thun, was ich auch ganz sicher thun würde, so ihr mich mit was immer beleidiget hättet?"

08] Sagen darauf die Weiber: „Weißt du allerliebster Freund, was du uns sagst, das thun wir ja Alle recht von ganzem Herzen gerne; aber - das sagen wir dir auch zur Beschämung des Martin - nur dir zu lieb thun wir's, und wollen ihm seine große Unart nachsehen; aber in der Folge möchten wir es ihm wohl schwerlich mehr verzeihen, so er uns noch einmal so ungebärdig entgegen käme!

09] Er ist wohl ein recht lieber Mann, und es ist eine rechte Freude, seine schöne Gestalt anzusehen; aber was nützt die Gestalt, so sie roher ist im Herzen, denn ein Apfel 8 Wochen nach der Blüthezeit auf einem Baume? - Wird uns Martin gleich dir entgegen kommen, da wird er in uns auch Herzen finden, die gewiß nicht ohne Liebe sind; aber in seiner hausherrlichen Tyrannisirlust wird er anstatt der Liebe ganz was anderes finden!

10] Wir sind ja nun, Gott sei's gedankt, doch auch gewiß recht himmlisch schön. Die Männer alle, die hier in großer Anzahl zugegen sind, haben uns schon mit großem Wohlgefallen betrachtet, obschon wir uns darauf nichts zu gute thun; denn wir wissen es ja, daß da alle äußere Schönheit ein Geschenk des Herrn ist; aber daß eben der Martin, und jener euer mächtiger Freund an uns gar nichts finden, das ihnen irgend ein Wohlgefallen für uns abgewinnen könnte, das ist denn doch kränkend für uns.

11] Jene zwei Schwestern sind im Grunde doch auch nicht schöner als wir, und jener Freund liebt sie über alles, und gibt sich ausschließlich fast nur ganz mit ihnen ab; wir aber stehen hier wie arme Sünderinnen, und werden von Niemanden beachtet! denn Alles heftet die Augen an jene Drei! Solle so was uns denn nicht kränken? und so wir von jenem Freunde eine Zeit lang auch schon die erhabensten Muthmaßungen in unsern Herzen faßten, müssen sie aber nicht wieder verwelken gleich irdischen Blumen, so ihnen alle nöthige Nahrung entzogen wird?

12] Siehe, das Herz braucht auch Nahrung, so es in der Liebe stark werden solle; wie sollen aber unsere Herzen in der Liebe je stark werden, wenn sie nie eine Nahrung, sondern blos nur Faste über Faste bekommen?!"

13] Spricht der Borem: „Ja, ja, meine geliebtesten und liebenswürdigsten Schwestern, ihr habt Recht, und eure Forderung ist gerecht; aber habt nur eine kleine Geduld, und eure Herzen werden bald in aller Ueberfülle gesättiget werden! Ihr wisset es aber ja, daß der gute Arzt zuerst die Kranken besucht und heilt, und sodann erst zu den Gesunden auf Besuch kommt!

14] Sehet, also geschieht es auch hier! Werden jene beiden Patientinnen erst völlig hergestellt sein, dann wird jener Arzt schon auch zu euch kommen; daher geduldet euch nur noch ein wenig, und der Arzt wird bei euch sein! Nun aber folget mir, ich werde euch aber etwas gar Wunderbares zeigen!"

15] Sprechen die Weiber: „O lieber Freund, das hat hier ja wahrlich nicht noth! Denn in diesem ungeheuren Saale gibt es ja ohnehin eine solche Menge von den allerwunderbarsten Sehenswürdigkeiten, daß man sich daran ja gerade nimmer satt sehen kann.

16] Dieser herrliche Fußboden, der doch gerade also aussieht, als wäre er aus lauter der alleredelsten Steine von den verschiedensten und lebendig frischesten Farben in den schönsten Guirlandenformen zusammengefügt;

17] die großen überherrlichcn Säulen, die die unbeschreiblich schönsten Gallerien tragen, wie sie strahlen, als wären sie aus den schönsten Rubinen angefertigt, in deren Innern stets tausend Sterne wie Goldfischlein im Wasser herum schweben, und dadurch stets neue, wunderschöne Lichtformen bilden.

18] Und wie du, Freund, es selbst siehst, so gibt es hier noch tausend und abermals tausend Herrlichkeiten, für die wir gar keine Namen haben. Da es aber dennoch hier eine so große Menge der überherrlichsten Dinge zur Beschauung gibt, so haben wir auch nicht ein allerleisestes Bedürfniß, noch etwas Herrlicheres und Wunderbareres zu sehen, als wir es hier sehen!

19] Unsere Augen sind hier wohl in größter Ueberfülle versorgt, und brauchen nichts Weiteres; aber ganz anders sieht es mit unseren Herzen aus! siehe diese sind noch sehr unversorgt! was nützt das Auge erquicken, wenn dabei das Herz leidet!? Sorge du, liebster Freund, daher zuerst für unsre Herzen, dann werden unsere Augen mit etwas ganz Leichtem befriedigt werden!"

20] Spricht Borem: „Liebe Schwestern, eure Forderung ist sehr recht und gerecht; aber ihr gebt sie mir früher kund, als ihr die Erfahrung genommen habt an dem, was ich euch zeigen möchte, und auch zeigen will; wisset ihr denn, ob das, was ich euch nun zeigen will, nicht eben hauptsächlich für eure Herzen berechnet ist? Wisset ihr denn schon im Voraus, worin das Wunderbare besteht, das ich euch zeigen solle! Ist das Wunderbare denn blos nur für die Augen? Kann es nicht auch etwas höchst Wunderbares allein fürs Herz nur geben?

21] Was ist denn mehr, das Auge oder das Herz ? Kann nicht das Auge blind sein, und das Herz dennoch in aller Fülle des Liebelebens schwelgen? Welches irdische Menschenauge kann Gott schauen? sehet, dazu ist jedes Fleischauge blind; aber das Herz kann Gott denken, es kann Ihn lieben, ja es kann sogar Ihm, dem Herrn, zu einem lebendigen Tempel werden, in welchem Er Wohnung nimmt! Was ist also mehr - das Auge oder das Herz?

22] Wenn aber also, wie könnet ihr, meine lieben Schwestern, da denken, daß ich, hier im Reiche des Herzens Gottes, euch irgend wohin führen möchte, wo es nur für die Augen allein wunderbar scheinende Spektakel gibt?!

23] Ich sage euch, hier gilt alles ganz allein dem Herzen nur; das Auge aber ist blos nur ein Lichtzeuge von allem dem, was da geschieht im Herzen, und was da dargebracht wird dem Herzen vom Herzen; und so ist auch dasjenige Wunderbare, was ich euch zeigen will, nicht für eure Augen, sondern lediglich für eure Herzen vorbereitet!

24] Aber da hier im Gottesreiche kein Wesen blind ist, sondern jegliches seine Sehe hat, die da gleichkräftig ist, wie das Herz, so ist das Auge freilich auch allzeit Zeuge von allem dem, was da geschieht fürs Herz, und kommt aus dem Herzen; und so werdet auch ihr das, was für euer Herz geschehen wird, mit euren Augen sehen! daher folget mir nun!"

25] Auf diese Worte Borems folgen alle die Weiber nun den Dreien, und zwar zur Thüre, die da führet in die Gefilde der Sonne.

01] Die drei gehen nun freundlichen Antlitzes zu den armen Weibern. Als sie bei ihnen ankommen, nimmt Borem das Wort und spricht:

02] »Liebe Schwestern, hört mich recht geduldig an! Ich will euch allen ein gutes Recht verschaffen, denn ich weiß, daß euer Herz leidet. Und ich weiß, daß dieser Bruder, als ihr ehedem bei ihm euer Recht suchtet, euch hart zurückgewiesen hat. Ich konnte damals, als selbst Gast dieses Hauses, dem Hauseigentümer nicht in seine Rede fallen, denn ein jeder ist der erste Rechtsherr seines Hauses.

03] Nun hat mir aber der Oberherr aller Hausherren das Recht eingeräumt, auch als Gast das Recht der Liebe zu üben. So will und werde ich nun nach meinen Kräften und mit allen Mitteln euch euer gutes Recht verschaffen und alles im Namen des Herrn gutmachen, was euch nun bedrückt und euer Herz beleidigt hat. Seid ihr alle, meine lieben Schwestern, damit zufrieden?«

04] Reden die Weiber wie aus einem Munde: »O ja, lieber, guter Freund! Wahrlich, du bist schon sicher ein wahrer Gottesfreund; von dir wollen wir alles gerne annehmen! Du meinst es gut und redlich mit uns und erkennst das Leid unserer Herzen. Aber mit diesem Martin wollen wir nichts mehr zu tun haben. Denn statt unsere Not zu erkennen, uns zu trösten, zu belehren und die Wahrheit zu zeigen, so wir etwa doch auf einem Irrwege wären, hat er uns zur Hölle in das Bad der Teufel verwiesen. Das war sehr unhimmlisch von ihm gehandelt, der ein Hauptbürger der Himmel ist oder wenigstens sein will. Daher wäre es uns lieber, so er zurückträte, daß wir uns nicht ärgerten an seinem Anblicke.«

05] Spricht Borem: »Liebe Schwestern, laßt das nur gut sein, und laßt es nun mir über. Ich werde schon alles wieder gutmachen! Seht, unser Bruder Martin ist kein böser Geist, sondern, wie ich, aus dem Herrn nur ein guter.


06] Wir hatten mit jenen noch stark argen Gästen, die nun im Bade sind, sehr viel zu tun und hatten dabei recht viel bedauerlichen Ärger. Als wir, der für uns zu großen Mühe beinahe überdrüssig, zu jenem übermächtigen Freunde gingen, uns Rat zu holen, kamt ihr uns gerade wie in einem sehr ungünstigen Wurf entgegen. Und der ohnehin leicht erregbare Martin hat euch dann freilich wohl etwas zu hart und unsanft empfangen, was aber, wie gesagt, uns allen sehr zu verzeihen ist.

07] Daher meine ich, ihr werdet ihm das wohl leicht verzeihen, da er doch sonst zu euch voll Liebe ist und eine große Freude hat, euch alle als seine lieben Hausgenossen zu begrüßen. Ich glaube, ihr werdet das tun, was ich auch sicher tun würde, so ihr mich beleidigt hättet.«

8] Sagen darauf die Weiber: »Weißt du, liebster Freund, was du uns sagst, tun wir ja alle von Herzen gerne. Aber das sagen wir dir auch zur Beschämung des Martin: nur dir zuliebe tun wir's und wollen ihm seine große Unart nachsehen. In der Folge jedoch möchten wir es ihm wohl schwerlich mehr verzeihen, so er uns noch einmal so ungebärdig entgegenkäme.

09] Er ist wohl ein recht lieber Mann, und es ist eine rechte Freude, seine schöne Gestalt anzusehen. Was aber nützt die Gestalt, so sie roher ist im Herzen denn ein Apfel acht Wochen nach der Blütezeit? Wird uns Martin gleich dir entgegenkommen, wird er in uns auch Herzen finden, die gewiß nicht ohne Liebe sind. Aber in seiner hausherrlichen Tyrannisierlust wird er anstatt Liebe ganz was anderes finden.

10] Wir sind ja nun, Gott sei's gedankt, doch gewiß auch recht himmlisch schön. Die Männer alle, die hier in großer Anzahl zugegen sind, haben uns schon mit großem Wohlgefallen betrachtet, obschon wir uns darauf nichts zugute tun, - denn wir wissen ja, daß alle äußere Schönheit ein Geschenk des Herrn ist. Aber daß eben Martin und jener euer mächtiger Freund an uns gar nichts finden, was ihnen irgend Wohlgefallen abgewinnen könnte, ist denn doch kränkend für uns.

11] Jene zwei Schwestern sind im Grunde doch auch nicht schöner als wir, aber jener Freund liebt sie über alles und gibt sich ausschließlich fast nur mit ihnen ab. Wir aber stehen hier wie arme Sünderinnen und werden von niemand beachtet, denn alles heftet die Augen auf jene drei. Soll so etwas uns denn nicht kränken? Und so wir von jenem Freunde eine Zeitlang auch schon die erhabensten Mutmaßungen in unseren Herzen faßten: müssen sie nicht wieder verwelken gleich irdischen Blumen, so ihnen alle nötige Nahrung entzogen wird?

12] Siehe, das Herz braucht auch Nahrung, soll es in der Liebe stark werden. Wie sollen aber unsere Herzen in der Liebe je erstarken, wenn sie statt einer Nahrung bloß nur Faste über Faste bekommen?

13] Spricht Borem: »Ja, meine liebenswürdigsten Schwestern, eure Forderung ist gerecht. Habt nur eine kleine Geduld und eure Herzen werden bald in Uberfülle gesättigt werden! - Ihr wißt ja, daß der gute Arzt zuerst die Kranken heilt und dann erst zu den Gesunden auf Besuch kommt.


14] Ebenso geschieht es auch hier. Werden jene beiden Patientinnen erst völlig hergestellt sein, wird jener Arzt auch zu euch kommen. Daher geduldet euch nur noch ein wenig und folgt mir, - ich werde euch allen etwas gar Wunderbares zeigen!«

15] Sprechen die Weiber: »Lieber Freund, das tut hier wahrlich nicht not. In diesem ungeheuren Saale gibt es ohnehin eine solche Menge der allerwunderbarsten Sehenswürdigkeiten, daß man sich daran nimmer satt sehen kann!

16] Dieser herrliche Fußboden, der doch gerade so aussieht, als wäre er aus lauter alleredelsten Steinen von den verschiedensten und lebendig frischesten Farben in schönsten Girlanden zusammengefügt!

17] Die großen, herrlichen Säulen, die die unbeschreiblich schönsten Galerien tragen! Wie sie strahlen, als wären sie aus den leuchtendsten Rubinen angefertigt, in deren Innerem tausend Sterne wie Goldfischlein im Wasser herumschweben und dadurch stets neue, wunderschöne Lichtformen bilden!

18] So gibt es hier noch tausend und abermals tausend Herrlichkeiten, für die wir gar keine Namen haben. Da demnach hier eine so große Menge der überherrlichsten Dinge zur Beschauung stehen, haben wir nicht ein leisestes Bedürfnis, noch etwas Herrlicheres und Wunderbareres zu sehen.


19] Unsere Augen sind hier in Überfülle versorgt und brauchen nichts Weiteres. Ganz anders aber sieht es mit unseren Herzen aus! Siehe diese sind noch sehr unversorgt! Was nützt es, das Auge zu erquicken, wenn dabei das Herz leidet? Sorge daher zuerst für unsere Herzen, dann werden unsere Augen mit etwas ganz Leichtem befriedigt werden!«

20] Spricht Borem: »Liebe Schwestern, eure Forderung ist sehr recht und gerecht. Aber ihr gebt sie mir früher kund, als ihr Erfahrung genommen habt von dem, was ich euch zeigen will! Wißt ihr denn, ob das nicht eben hauptsächlich für eure Herzen berechnet ist? Wißt ihr schon im voraus, worin das Wunderbare besteht, das ich euch zeigen soll? Ist das Wunderbare denn nur für die Augen? Kann es nicht auch etwas höchst Wunderbares allein fürs Herz nur geben?!

21] Was ist denn mehr: das Auge oder das Herz? Kann nicht das Auge blind sein und das Herz dennoch in aller Fülle des Liebelebens schwelgen? Welches irdische Menschenauge kann Gott schauen? Seht, dazu ist jedes Fleischauge blind; aber das Herz kann Gott denken und es kann Ihn lieben. Ja, es kann sogar Ihm, dem Herrn, zu einem lebendigen Tempel werden, in dem Er Wohnung nimmt! Was ist also mehr: das Auge oder das Herz?!

22] Wenn aber so, wie könnt ihr lieben Schwestern euch da denken, daß ich euch hier, im Reiche des Herzens Gottes, irgendwohin führen möchte, wo es nur für die Augen allein wunderbar scheinende Dinge gibt?

23] Ich sage euch: hier gilt alles ganz allein dem Herzen nur! Das Auge aber ist nur ein Lichtzeuge von alledem, was da geschieht im Herzen, und was dargebracht wird dem Herzen vom Herzen. So ist auch das Wunderbare, was ich euch zeigen will, nicht für eure Augen, sondern lediglich für eure Herzen vorbereitet.

24] Aber da hier im Gottesreiche kein Wesen blind ist, sondern jegliches seine Sehe hat - gleich kräftig wie das Herz -, so ist das Auge freilich auch allzeit Zeuge von dem, was da geschieht fürs Herz und kommt aus dem Herzen. Und so werdet auch ihr das, was für euer Herz geschehen wird, mit euren Augen sehen. Daher folgt mir nun!«

25] Auf diese Worte Borems folgen alle die Weiber den dreien, und zwar zur Tür, die da führt in die Gefilde der Sonne.

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