Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


144. Kapitel: Josephs und des Cyrenius Absicht, das nachgebildete Allerheiligste zu beschauen. Des Kindleins Einspruch. Joseph in Verlegenheit. Marias aufklärende Worte und des Kindleins Zustimmung. Die nachträgliche Belehrung des Hauptmanns. (17.02.1844)

01] Als der nach Gott forschende Hauptmann auf diese Art abgefertigt war, da sprach Joseph zu Cyrenius:

02] »Bruder, nun laß uns auch einmal das Allerheiligste beschauen!«

03] Und Cyrenius fügte sich mit großer Freude der Anforderung seines ihm über alles werten Freundes.

04] Aber das Kindlein erhob sich und sprach zu Joseph:

05] »Höre Mich an, du getreuer Ernährer Meines Leibes! Du selbst hast vorhin zum nach Gott forschenden Hauptmann gesagt:

06] ,Es hat alles seine Zeit; wenn du erst reif wirst, dann wird dir schon das Weitere geoffenbart werden! Mit dieser Verheißung begnüge dich vorderhand!'

07] Also sage denn Ich aber auch hier vor dem Eintritte in das hier vorbildliche wie nachbildliche Allerheiligste:

08] Es hat auch dieser Eintritt seine Zeit! Noch seid ihr alle nicht reif dazu; wenn ihr aber reif werdet, da will Ich es durch Meine Diener vor euch eröffnen lassen!

09] Vorderhand aber begnügt euch auch mit dieser Verheißung!«

10] Hier sahen Joseph und Cyrenius einander groß an, und die Verlegenheit des einen übertraf die des andern.

11] Und Joseph sprach zu Maria: »Das sieht gut aus, so das Kindlein mir jetzt Gesetze gibt, wo Es Seine Füße noch in den Windeln hat!

12] Was wohl wird Es tun, wenn Es zehn Jahre zählen wird, und was, wenn zwanzig?«

13] Maria aber sprach zu Joseph: »Aber lieber Vater Joseph, wie kannst denn auch du schwach werden?!

14] Zeigen es dir ja doch die Engel durch ihre übergroße Demut, wer dieses Kindlein ist!

15] Und die vielen Wunder, die um uns geschehen, sind ja auch ein lauterer und sonnenklarer Beweis für diese große Wunderwahrheit aller Wahrheit.

16] Siehe, ich, dein getreues Weib und deine Magd, aber merke es wohl, was die Worte des Kindleins im Schilde führen!

17] Tue du das, und ich glaube im voraus überzeugt zu sein, daß da sogleich ein anderer Wind wird zu wehen anfangen!«

18] Und Joseph fragte darauf wieder die Maria: »Ja, was ist es denn, was ich nun tun soll?«

19] Und Maria sagte: »Siehe an den Mann, der da sucht, und zeige ihm weise, Das er sucht, dem er so ferne zu sein wähnt und doch so nahe ist!«

20] Und das Kindlein sah den Joseph freundlichst lächelnd an und sprach dazu:

21] »Ja, ja, du Mein geliebtester Joseph, das Weib hat recht; gehe hin und belehre den Hauptmann!

22] Denn siehe, denen, die da bitten, suchen und anklopfen, muß aufgetan werden die lange verschlossene Pforte in Mein Reich!

23] Doch mußt du nicht gerade mit dem Finger auf Mich zeigen, indem Meine Zeit noch nicht da ist; denn du weißt es ja, daß da alles seine Zeit haben muß!«

24] Joseph küßte darauf das Kindlein und ging dann hin zum Hauptmann und sprach zu ihm:

25] »Komme und höre, wonach dich verlangt, das soll dir werden!« Und der Hauptmann horchte mit Freuden der Rede Josephs.



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