Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


90. Kapitel: Das Morgenmahl. Josephs Waschungsfrage. Der Widerstand der drei Priester gegen die Weisungen Josephs und ihre Erziehung zum Gehorsam durch das Kindlein. Die bedeutsame Frage der Priester und Josephs Verlegenheit. (11.12.1843)

01] Das Morgenmahl war bald bereitet, denn es bestand in nichts anderem als in einem Topfe aufgesottener frischer Milch mit etwas Honig mit Thymian und in Brot.

02] Maria selbst brachte es auf den Tisch und rief den Joseph und die fünf Söhne wie auch die drei Priester zum Tische.

03] Und Joseph erschien alsbald mit dem Kinde auf seinem Arme, übergab Es der Mutter und begab sich dann zum Tische.

04] Hier stimmte er sogleich dem Herrn sein Loblied an; und als das Loblied abgesungen war, da fragte Joseph nach gewohnter Sitte, ob alles gewaschen sei.

05] Und Maria, die fünf Söhne und das Kindlein sprachen: »Ja, wir sind alle gar wohl gewaschen!«

06] Und Joseph erwiderte: »Also mögt ihr auch essen! Wie sieht es aber mit euch dreien aus? Habt auch ihr euch gewaschen?«

07] Die drei Priester aber sprachen: »Bei uns ist es nicht Sitte, sich am Morgen mit Wasser zu waschen, wohl aber am Abende.

08] Am Morgen salben wir uns mit Öl, auf daß uns die Hitze des Tages nicht zu lästig werde.«

09] Und Joseph sprach: »Das mag gut sein; so ich in euer Haus käme, würde ich ein gleiches tun mit euch.

10] Da ihr aber nun bei mir im Hause seid, so beachtet meine Sitte; denn sie ist besser als die eurige!«

11] Die Priester aber baten, daß sie damit verschont werden möchten.

12] Da wollte Joseph den Priestern das Waschen erlassen;

13] Aber das Kindlein sprach: »Fürwahr, zum Steine soll ein jeder Bissen in ihrem Magen werden, so sie sich nicht eher reinwaschen mit Wasser, bevor sie teilnehmen an dem Tische, an dem Ich gegenwärtig bin!«

14] Diese Worte brachen den drei Priestern sogleich ihre Sitte, und sie verlangten Wasser und wuschen sich.

15] Nachdem sie sich aber gewaschen hatten, da lud sie Joseph sogleich wieder zu Tische;

16] aber die Priester weigerten sich und getrauten sich nicht, - denn sie fürchteten das Kind.

17] Das Kindlein aber sprach: »So ihr euch nun weigern werdet, zum Tische zu gehen und da mit uns das gesegnete Morgenmahl zu halten, so werdet ihr sterben!«

18] Und sogleich begaben sich die Priester zum Tische und aßen mit großer geheimer Ehrfurcht vor dem Kinde.

19] Als aber das Morgenmahl verzehrt war, da erhob sich Joseph wieder und brachte Gott den Dank dar.

20] Die Priester aber fragten ihn darauf: »Welchem Gotte dankst du? - Ist nicht dies Kind der erste, rechte Gott? Wie dankst du da noch einem andern?«

21] Diese Frage frappierte den Joseph sehr, und er wußte nicht, was er darauf erwidern sollte.

22] Aber das Kindlein sprach: »Joseph, sorge dich nicht vergeblich; denn was die drei geredet haben, wird erfüllt werden! Aber jetzt sei du ohne Sorge; denn du betest dennoch nur zu einen Gott und Vater!«



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