Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


90. Kapitel: Das Morgenmahl. Josephs Waschungsfrage. Der Widerstand der drei Priester gegen die Weisungen Josephs und ihre Erziehung zum Gehorsam durch das Kindlein. Die bedeutsame Frage der Priester und Josephs Verlegenheit.

01] Das Morgenmahl war bald bereitet, denn es bestand in nichts anderem als in einem Topfe aufgesottener frischer Milch mit etwas Honig mit Thymian und in Brot.

02] Maria selbst brachte es auf den Tisch und rief den Joseph und die fünf Söhne wie auch die drei Priester zum Tische.

03] Und Joseph erschien alsbald mit dem Kinde auf seinem Arme, übergab Es der Mutter und begab sich dann zum Tische.

04] Hier stimmte er sogleich dem Herrn sein Loblied an; und als das Loblied abgesungen war, da fragte Joseph nach gewohnter Sitte, ob alles gewaschen sei.

05] Und Maria, die fünf Söhne und das Kindlein sprachen: »Ja, wir sind alle gar wohl gewaschen!«

06] Und Joseph erwiderte: »Also mögt ihr auch essen! Wie sieht es aber mit euch dreien aus? Habt auch ihr euch gewaschen?«

07] Die drei Priester aber sprachen: »Bei uns ist es nicht Sitte, sich am Morgen mit Wasser zu waschen, wohl aber am Abende.

08] Am Morgen salben wir uns mit Öl, auf daß uns die Hitze des Tages nicht zu lästig werde.«

09] Und Joseph sprach: »Das mag gut sein; so ich in euer Haus käme, würde ich ein gleiches tun mit euch.

10] Da ihr aber nun bei mir im Hause seid, so beachtet meine Sitte; denn sie ist besser als die eurige!«

11] Die Priester aber baten, daß sie damit verschont werden möchten.

12] Da wollte Joseph den Priestern das Waschen erlassen;

13] Aber das Kindlein sprach: »Fürwahr, zum Steine soll ein jeder Bissen in ihrem Magen werden, so sie sich nicht eher reinwaschen mit Wasser, bevor sie teilnehmen an dem Tische, an dem Ich gegenwärtig bin!«

14] Diese Worte brachen den drei Priestern sogleich ihre Sitte, und sie verlangten Wasser und wuschen sich.

15] Nachdem sie sich aber gewaschen hatten, da lud sie Joseph sogleich wieder zu Tische;

16] aber die Priester weigerten sich und getrauten sich nicht, - denn sie fürchteten das Kind.

17] Das Kindlein aber sprach: »So ihr euch nun weigern werdet, zum Tische zu gehen und da mit uns das gesegnete Morgenmahl zu halten, so werdet ihr sterben!«

18] Und sogleich begaben sich die Priester zum Tische und aßen mit großer geheimer Ehrfurcht vor dem Kinde.

19] Als aber das Morgenmahl verzehrt war, da erhob sich Joseph wieder und brachte Gott den Dank dar.

20] Die Priester aber fragten ihn darauf: »Welchem Gotte dankst du? - Ist nicht dies Kind der erste, rechte Gott? Wie dankst du da noch einem andern?«

21] Diese Frage frappierte den Joseph sehr, und er wußte nicht, was er darauf erwidern sollte.

22] Aber das Kindlein sprach: »Joseph, sorge dich nicht vergeblich; denn was die drei geredet haben, wird erfüllt werden! Aber jetzt sei du ohne Sorge; denn du betest dennoch nur zu einen Gott und Vater!«



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