Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 2


08] Und die Diener taten, wie es ihnen der Hausvater geboten hatte. - Als das Obst nun gelöst und im Hause auf den großen Tisch gesetzt war, da segnete es der Hausvater. Und die Kinder und Diener setzten sich an denselben Tisch und nahmen die Früchte und aßen dieselben mit großer Lust - und wurden gesättigt.

09] Als sie aber satt waren, dankten sie dem Vater und sprachen: »Vater! Nun hat das Obst wohl einen viel besseren Geschmack. Aber siehe, nun ist auf einmal so viel da, daß sich ob der Menge und dadurch bewirkten Übersättigung der gute Wohlgeschmack am Ende verliert! Wäre es denn nicht besser, so die Erstlinge so wohlschmeckend wären, wie nun dieses vollreife Obst? Welche Erquickung würden sie gewähren!«

10] Der Hausvater aber sprach: »Ihr habt recht! Aber wisst, was da zu tun ist? - Seht, fürs erste: eine rechte Mäßigkeit! Und fürs zweite: eine rechte Geduld! Früchte nie früher von den Bäumen nehmen, als so sie vollreif sind, und dann nur so viel, als es ein einmaliges Bedürfnis erheischt! - Darum wollen wir bei der zweiten Fruchtgattung diese Regel beachten, und es wird euch dann alles sehr wohl schmecken.«

11] Und siehe, es kam die Reife der zweiten Obstgattung, und es wurde des Hausvaters Regel beachtet. Und alles Obst schmeckte den Kindern und Dienern wohl! - Der gleiche Fall war es mit der dritten Gattung.

12] Als aber die späteste Gattung zur Reife gelangte, da sprachen die Kinder und Diener zum Hausvater: »Siehe, die Tage werden kalt, und die letzte Frucht hängt wohl sehr reichlich an den Bäumen, sieht gut aus, aber so man sie verkostet, da zieht ihre Säure den Mund zusammen, so daß man alle Lust verliert, sich an ein zweites Obststück zu machen. Was aber sollen wir da tun?«

13] Und der Hausherr sprach: »Also ist der Zeitenlauf vollendet! - Ich weiß wohl, daß diese letzte und späteste Gattung nicht zur Vollreife gelangen konnte auf dem Baume, da das Licht und die Wärme schon so sehr abgenommen haben und die Nächte lang und die Tage kurz und kalt geworden sind. Dennoch aber wollen wir die nicht zur Vollreife gekommenen Früchte nicht auf den Bäumen zur Beute des alles tötenden Winters werden lassen, sondern geht und holet mir allerlei Gefäße für die verschiedenen Gattungen und löst mir dieses Spätobst mit vierfacher Behutsamkeit von den Bäumen! - Dieses Obst wollen wir in erwärmten Gemächern abliegen lassen, und dann soll es besser werden als alle die früheren Gattungen, die durch des Sommers Glut schon auf den Bäumen die Vollreife erlangt haben.«



Home  |    Inhaltsverzeichnis  |   Werke Lorbers