Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 2


10] Die Arme aber dachte bei sich: Was soll ich also eilen?! Meine ganze Habe ist ja nur die meines Lebens. Um dieses zu erhalten, brauche ich aber nichts als Brot und, um mich in einer Höhle des nahen schützenden Gebirges zurechtzufinden, ein Licht. Diese nahm daher eine rechte Menge Brotes und nahm eine gute Lampe mit Öl gefüllt und vergaß nicht eines rechten Feuerzeuges.

11] Da die Arme aber wußte, wohin ihre Freundin stob, so ging sie ihr nach, um ihr auch da mit ihrer Klugheit zu dienen. Als sie aber zur Höhle kam und gar gute Spuren fand, welche ihr ein sicheres Zeichen waren, daß ihre Freundin sich hier verborgen hatte, da rief sie alsobald dieselbe und suchte sie allerorts mit der brennenden Lampe. Allein nichts war mehr von der reichen Freundin zu entdecken!

12] Da dachte sich die Arme wieder: Was will ich denn nun tun? Meine Freundin hat sich vor mir verkrochen. Ich habe Brot und Licht und vorrätiges Öl, also will ich hier verharren, bis zu der Zeit, da das Heer vorüber ist, und dann wieder in meine Wohnung ziehen, will da dann die Nachbarn rufen, und sie werden mir helfen, die Freundin aufzusuchen!

13] Nach etlichen Tagen zog das Kriegsheer ab, und die Arme tat, wie sie es bei sich beschlossen hatte. Und siehe, es kamen die Nachbarn mit Fackeln und durchsuchten die Höhle, fanden auch gar bald die Reiche, aber diese - war tot. Denn sie hatte verhungern und ersticken müssen in der Modernacht der Höhle ihres Bergwinkels.

14] Die Arme aber überkam sonach alle Schätze der Reichen, »wucherte« mit denselben (d.h. verwendete sie in gottwohlgefälliger Weise) und ward bald die Reichste im Lande!

15] Wer also das Leben der Welt sucht, der wird es verlieren und wird umkommen unter der großen Bürde desselben. Wer es aber gering achtet und sucht vielmehr das Leben der Seele zu erhalten, durch das lebendige Brot und durch das gerechte Licht, der ist ein Kluger und geschickt zum Himmelreiche.

16] Sucht daher vor allem das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit; alles andere wird euch dann von selbst hinzukommen! - Wer mag wohl zweien Herren dienen, die untereinander Feinde sind? - Dienet daher einem Herrn in der Liebe und Wahrheit!



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