Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


37] Der Mensch ersteigt auch diese Spitze unter großen Beschwerden, in der Meinung, von hier aus werde er wenigstens die halbe Erde auf einmal zu Gesichte bekommen. Allein auch hier werden seine großen Erwartungen sehr wenig befriedigt. Denn dieser Berg hat hinter sich schon wieder höhere gelagert. Und so sieht unser Bergbestürmer schon wieder nichts anderes als lauter Berge um sich, die er, wenn es möglich wäre, nun alle auf einmal besteigen möchte.

38] Also ist es auch mit dem Verstande des Menschen, er steigt von einer Verstandeshöhe zur andern. Was aber erblickt er hier überall? Nichts als lauter sich immer höher türmende Berge und Gletscher, die für ihn nimmerdar ersteiglich sind! Und wohl ihm, wenn er es durch seine lang fortgesetzte Verstandeskraxelei so weit gebracht hat, daß er endlich bei sich selbst gesteht: »Die ganze Erde kann man von keinem Berge übersehen; und je mehr man gesehen hat, desto klarer wird es einem, daß man gegenüber dem, was alles noch zu sehen wäre, erst so viel wie gar nichts gesehen hat!« was verdolmetscht so viel heißt als, daß derjenige in der Verstandes-Wissenschaft es am weitesten gebracht hat, der es einsieht, daß er nichts weiß.

39] Euch aber sage Ich: Es ist nicht schwer, einen bestaubten Apfel vom Staube zu reinigen; denn der Staub klebt nur an der Rinde. Schwerer wäre es, eine Nuß glatt zu polieren, und sehr schwer, die Wärzchen am Ei zu vertilgen, ohne die Schale zu zerbrechen.

40] Die Erde aber ist in Wahrheit ein »bestaubter Apfel«; denn es ruht auf ihr ein natürlicher urzeitlicher, anderweltlicher Ruinenstaub (von dem einst zwischen Mars und Jupiter geborstenen Planeten, dessen größere Trümmer als »Asteroiden« bekannt sind und dessen »Trümmerstaub« auch auf die Erde fiel. S. »Großes Evangelium Johannes« Bd.8, Kap.74-76; jl.Ev08.074,01 ff.). - Sie ist ferner ein »bestaubter Apfel«, denn um dieselbe ist meilenweit gelagert ein ätherischer Atomenstaub. - Und drittens ist sie in geistiger Hinsicht ein also außerordentlich schmutzig-bestaubter Apfel, daß durch den dichten Staubwolkenschleier nur hie und da ein spärliches Licht von der großen Sonne der Geisterwelt auf diesen »Erdapfel« eindringen kann.

41] Die Erde ist ferner eine »Nuß«. Denn sie hat fürs erste für jeden ihrer Bewohner etwas Tüchtiges zum Aufbeißen. - Und wieder ist sie eine Nuß, insofern ihre äußere Rinde vom Grunde aus entspricht ihrer inneren knorrigen Beschaffenheit. Dieser knorrigen Beschaffenheit zufolge sind die Urgebirge das, was die äußeren Auswüchse an einer Nuß sind. - Und sie ist ferner nochmal eine Nuß, da ein jeder, der immer auf ihr zum inneren freien Leben des Geistes dringen will, zuerst eine bittere Umhüllung und dann erst eine harte Schale wegzuschaffen hat, bis er erst zur lebendigen Frucht des Lebens gelangt.



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